Mutter patent, Vater verpeilt
„Plötzlich Familie“erzählt aus dem Leben in einer Adoptivfamilie.
(dpa) Vor dem eigentlichen Start von „Plötzlich Familie“lief bei den Pressevorführungen in den USA ein kurzer Clip mit Sean Anders, dem Drehbuchautor und Regisseur des Familienfilms. Er begrüßte die Zuschauer und erklärte, wie wichtig ihm diese Mischung aus Komödie und Drama sei. Er erzähle damit eine wahre Geschichte, nämlich die seiner eigenen Familie, sagte er. Zusammen mit seiner Frau habe er drei ältere Kinder adoptiert und sei so auf die Idee einer Hollywood-Familienkomödie zum Thema gekommen. Anders‘ kleines Video nahm die Stimmung der folgenden zwei Stunden vorweg: aufrichtig, aber auch ein wenig manipulativ. Wie lässt sich schließlich gegen einen Film argumentieren, der das Herz so offensichtlich am rechten Fleck tragen möchte?
Erzählt wird die Geschichte von Pete und Ellie, einem gewöhnlichen, weißen Mittelschichts-Vorstadtpärchen, das zusammen Häuser renoviert und verkauft. Statt ein eigenes Kind zu zeugen, machen sie sich beim Tag der offenen Tür der Kinderhilfe auf die Suche nach einem Kind zur Adoption. Als sie dort die 15-jährige Lizzy und deren jüngere Geschwister Juan und Lita treffen, entscheiden sie sich kurzerhand, alle drei bei sich aufzunehmen – und schnell merken die beiden, dass sie sich möglicherweise ein wenig übernommen haben.
Klingt wie so ähnlich schon tausend Mal gesehen, doch Sean Anders gibt dieser Mischung aus Drama, Komödie und Familienfilm einen ungewöhnlichen Ton, der sich an vielen Stellen deutlich von den Konventionen des Genres abhebt. Anders bemüht sich, das Bild einer Adoptionsfamilie zu zeigen, die eben nicht dauernd schwermütig daherkommt oder davon beseelt ist, eine gute Tat zu leisten. Stattdessen schießt vieles albern und aufgedreht übers Ziel hinaus – die Zuschauer können für sich entscheiden, ob das für sie eine passende Stimmung zum Thema Familie ist.
Durchgängig gut sind die Leistungen der Schauspieler, doch einzig Isabela Moner als Lizzy wird ein komplexer Charakter gestattet, der über das Klischee vom störrischen Teenager hinausgeht. Die restlichen Figuren kommen alle von der Stange: Da sind der leicht verpeilte Vater (Mark Wahlberg) und die überforderte, aber gutmütige Mutter (Rose Byrne, „Bad Neighbors“), die beide zwar im Zentrum des Filmes stehen, aber ohne besondere Facetten daher kommen.
Keine Frage, unter dem Strich wäre es leicht, diesen in Ton und Dramaturgie oft holprigen und mit zwei Stunden deutlich zu langen Film komplett abzutun. Aber genauso, wie er an vielen Stellen nervt, zeigt er in anderen Momenten einen netten Charme – ein bisschen wie eine wahre Geschichte eben.
Plötzlich Familie, USA 2018 – Regie: Sean Anders, mit Mark Wahlberg, Rose Byrne, Isabela Moner, 119 Min.