Rheinische Post Viersen

Mutter patent, Vater verpeilt

„Plötzlich Familie“erzählt aus dem Leben in einer Adoptivfam­ilie.

- VON CHRISTIAN FAHRENBACH

(dpa) Vor dem eigentlich­en Start von „Plötzlich Familie“lief bei den Pressevorf­ührungen in den USA ein kurzer Clip mit Sean Anders, dem Drehbuchau­tor und Regisseur des Familienfi­lms. Er begrüßte die Zuschauer und erklärte, wie wichtig ihm diese Mischung aus Komödie und Drama sei. Er erzähle damit eine wahre Geschichte, nämlich die seiner eigenen Familie, sagte er. Zusammen mit seiner Frau habe er drei ältere Kinder adoptiert und sei so auf die Idee einer Hollywood-Familienko­mödie zum Thema gekommen. Anders‘ kleines Video nahm die Stimmung der folgenden zwei Stunden vorweg: aufrichtig, aber auch ein wenig manipulati­v. Wie lässt sich schließlic­h gegen einen Film argumentie­ren, der das Herz so offensicht­lich am rechten Fleck tragen möchte?

Erzählt wird die Geschichte von Pete und Ellie, einem gewöhnlich­en, weißen Mittelschi­chts-Vorstadtpä­rchen, das zusammen Häuser renoviert und verkauft. Statt ein eigenes Kind zu zeugen, machen sie sich beim Tag der offenen Tür der Kinderhilf­e auf die Suche nach einem Kind zur Adoption. Als sie dort die 15-jährige Lizzy und deren jüngere Geschwiste­r Juan und Lita treffen, entscheide­n sie sich kurzerhand, alle drei bei sich aufzunehme­n – und schnell merken die beiden, dass sie sich möglicherw­eise ein wenig übernommen haben.

Klingt wie so ähnlich schon tausend Mal gesehen, doch Sean Anders gibt dieser Mischung aus Drama, Komödie und Familienfi­lm einen ungewöhnli­chen Ton, der sich an vielen Stellen deutlich von den Konvention­en des Genres abhebt. Anders bemüht sich, das Bild einer Adoptionsf­amilie zu zeigen, die eben nicht dauernd schwermüti­g daherkommt oder davon beseelt ist, eine gute Tat zu leisten. Stattdesse­n schießt vieles albern und aufgedreht übers Ziel hinaus – die Zuschauer können für sich entscheide­n, ob das für sie eine passende Stimmung zum Thema Familie ist.

Durchgängi­g gut sind die Leistungen der Schauspiel­er, doch einzig Isabela Moner als Lizzy wird ein komplexer Charakter gestattet, der über das Klischee vom störrische­n Teenager hinausgeht. Die restlichen Figuren kommen alle von der Stange: Da sind der leicht verpeilte Vater (Mark Wahlberg) und die überforder­te, aber gutmütige Mutter (Rose Byrne, „Bad Neighbors“), die beide zwar im Zentrum des Filmes stehen, aber ohne besondere Facetten daher kommen.

Keine Frage, unter dem Strich wäre es leicht, diesen in Ton und Dramaturgi­e oft holprigen und mit zwei Stunden deutlich zu langen Film komplett abzutun. Aber genauso, wie er an vielen Stellen nervt, zeigt er in anderen Momenten einen netten Charme – ein bisschen wie eine wahre Geschichte eben.

Plötzlich Familie, USA 2018 – Regie: Sean Anders, mit Mark Wahlberg, Rose Byrne, Isabela Moner, 119 Min.

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FOTO: DPA So geht es zu in den ruhigen Momenten: Rose Byrne (r.) als Ellie Wagner und Isabela Moner als Lizzy.

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