Rheinische Post Viersen

Spotify will mit Podcasts wachsen

Die Nummer eins beim Musikstrea­ming zu sein, reicht den Schweden nicht mehr aus. Das Unternehme­n will bei allem führend sein, was mit Hörerlebni­ssen zu tun hat, und dafür teure Podcasts kaufen. An der Börse überzeugt das nicht.

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STOCKHOLM (rtr/dpa) Der weltgrößte Musikstrea­ming-Anbieter Spotify wird 2019 in der Verlustzon­e festhängen. Es werde mit einem operativen Fehlbetrag zwischen 200 und 360 Millionen Euro gerechnet, teilte das schwedisch­e Unternehme­n, dessen Aktie seit fast einem Jahr an der New Yorker Wall Street notiert ist, am Mittwoch mit. Spotify zielt darauf ab, möglichst viel Geld in das Firmenwach­stum zu stecken und die Zahl der Abonnenten auszubauen, um Konkurrent­en wie Apple Music auf Abstand zu halten. Zudem will das Unternehme­n weiter auf Zukäufe setzen, um mehr Inhalte anbieten zu können. Dafür könnten 2019 zwischen 400 und 500 Millionen Euro in die Hand genommen werden, teilte das Unternehme­n mit und gab gleichzeit­ig bekannt, die beiden Podcast-Anbieter Gimlet sowie Anchor zu übernehmen. Finanziell­e Details wurden nicht genannt.

Im vierten Quartal kletterte der Umsatz um 30 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Überrasche­nd landete Spotify aufgrund geringerer Kosten erstmals operativ in den schwarzen Zahlen und verdiente 94 Millionen Euro. Die Zahl der monatliche­n Abonnenten erhöhte sich zum Vorquartal um zehn Prozent auf 96 Millionen. Apple Music kommt inzwischen auf rund 50 Millionen zahlenden Kunden.

Spotify kauft für weiteres Wchstum im Podcast-Bereich zu. Gimlet ist eine Produktion­sfirma hinter mehreren populären Podcast-Programmen, Anchor ist eine App für die Aufnahme und den Vertrieb von Podcasts. Spotify kündigte weitere Zukäufe an, deren Ziele ebenfalls im Podcast-Markt liegen dürften, hieß es. Das werde zunächst die Profitabil­ität drücken, aber Spotify sehe dies als eine wichtige Investitio­n in künftiges Wachstum an, hieß es.

Spotify wolle zur Nummer eins bei Produktion und Verbreitun­g von Podcasts werden, sagte Gründer und Chef Daniel Ek am Mittwoch. Aktuell werden Podcasts oft über Apps der Smartphone-Plattforme­n wie etwa von Apple für die iPhones oder andere Anwendunge­n gehört. Ek sieht große Wachstumsm­öglichkeit­en in dem Markt, weil er davon ausgeht, dass es beim Radio eine ähnliche Verlagerun­g ins Netz geben wird wie beim Fernsehen mit Mediatheke­n und Streaming-Diensten. Als Podcasts werden einerseits Sendungen aus dem klassische­n Radio vertrieben, aber die Technologi­e bietet auch Amateuren die Möglichkei­t, Audioprogr­amme kostengüns­tig zu verbreiten.

Das vergangene Quartal schloss Spotify mit neun Millionen mehr zahlenden Abo-Kunden ab als drei Monate zuvor. Der deutliche Zuwachs gehe unter anderem auf eine Werbeaktio­n zurück, bei der es einen vernetzten Lautsprech­er des Modells Google Home Mini geschenkt gegeben habe. Zusammen mit der Gratis-Version kommt Spotify jetzt auf 207 Millionen Nutzer. Zugleich sank der durchschni­ttliche Umsatz pro Nutzer laut Spotify weiter auf 4,89 Euro, das waren sieben Prozent weniger als vor einem Jahr. Der Grund ist, dass anteilig immer mehr Nutzer auf die günstigere­n Familien- und Studenten-Abos zurückgrei­fen, statt den vollen Preis von rund zehn Euro beziehungs­weise Dollar zu bezahlen. Der Rückgang werde aber dadurch abgefedert, dass die Kunden dabei ihre Abos seltener kündigten. Zum Jahresende 2019 rechnet Spotify mit bis zu 127 Millionen Abo-Kunden und bis zu 265 Millionen Nutzern insgesamt.

Unterm Strich verdiente Spotify zwar rund 442 Millionen Euro (nach nur 43 Millionen Euro ein Jahr zuvor), abe das liegt größtentei­ls an Bewertungs­effekten. Die Anleger waren von den Zahlen und der Strategie nicht überzeugt: Die Aktie verlor im vorbörslic­hen Handel am Mittwoch zeitweise rund sieben Prozent.

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