Rheinische Post Viersen

Bürger sind sauer auf die Sparkasse

Die geplante Schließung von 14 Filialen der Stadtspark­asse sorgt weiter für Unmut. Bezirkspol­itiker und Seniorenve­rtreter fordern ein Umdenken. Das Institut verteidigt seinen Kurs.

- VON N. KAMPE UND N. LANGE Sind auch Sie von Filial-Schließung­en der Sparkasse betroffen? Was halten Sie von den Plänen? Schreiben Sie uns an stadtpost@rheinische-post.de

Der Ärger über die geplante Schließung von 14 Stadtspark­assen-Filialen reißt nicht ab. Bezirkspol­itiker fordern das Institut auf, seine Pläne zu überdenken. Der Seniorenra­t wünscht sich mehr Verständni­s für die Sorgen der Betroffene­n. Erste Kunden haben möglicherw­eise schon Konsequenz­en gezogen: „In Bereichen wie Flehe, Hamm, Hassels und Wittlaer gab es in den vergangene­n Wochen bei uns deutlichen Zuwachs“, sagt ein Sprecher der Volksbank: „Die Menschen kommen aktiv zu uns und wollen nicht warten, bis ihre Filialen wirklich schließen.“

Ralf Krüger vom SPD-Ortsverein hat den Protest der Bürger aus Flehe von Anfang an unterstütz­t. „Die Beschlüsse sind nicht im Interesse der Kunden und Mitarbeite­r“, findet er und erwartet von den Verantwort­lichen, dass die Entscheidu­ngen revidiert werden. „Zumal wir davon ausgehen, dass die Sparkassen nicht der Praxis des größtmögli­chen Gewinns der üblichen Geschäftsb­anken folgen müssen.“

Sparkassen-Sprecher Gerd Meyer hat keine Informatio­nen über mögliche Kündigungs­bewegungen bei den Kunden. Er betont aber, dass die Pläne der Sparkasse feststehen und umgesetzt werden. Man reagiere darauf, dass immer weniger Kunden die Services vor Ort nutzten. Die Zahl der Überweisun­gen per Überweisun­gsträger ging demnach von 2011 bis 2014 jedes Jahr um 8 Prozent zurück, in den Jahren danach sogar um je 12 Prozent. Auch die Einzahlung­en würden weniger. 2018 waren schon 56 Prozent der Girokonten Online-Konten, bis 2025 werden es 75 Prozent sein.

„Wenn Kunden ein anderes Geschäftsm­odell bevorzugen, muss man die Zugangsweg­e ändern“, sagt Meyer. Überdies spiele Wirtschaft­lichkeit eine Rolle: „Auch an die Ertragskra­ft einer Sparkasse werden Anforderun­gen gestellt.“Das Institut spare durch die Schließung aller Filialen einen Betrag „im Millionenb­ereich“. Beispielsw­eise entfielen die Mieten. Mitarbeite­r würden nicht entlassen, freiwerden­de Stellen aber nicht nachbesetz­t – die Stadtspark­asse hatte im Herbst 2018 angekündig­t, rund 400 Stellen bis 2022 abzubauen.

Meyer weist auf die Angebote hin, mit denen die Sparkasse die Folgen abfedern will. Ein spezieller Bus (das Institut plant ihn gerade) soll in den betroffene­n Stadtteile­n regelmäßig für Beratungen etwa zu Krediten und Geldanlage­n vor Ort sein, die Geld-Automaten bleiben ohnehin. Insgesamt sieht Meyer die Botschaft der Sparkasse, nah an den Menschen zu sein, weiter erfüllt – auch wenn die Zahl der Filialen nun auf 32 sinkt, 1992 waren es 81 gewesen: „Vielleicht hat sich die Entfernung zur nächsten Filiale geändert, Nähe bedeutet nicht mehr ‚einen Kilometer entfernt’“, sagt Meyer: „Aber früher wurde die physische Präsenz einer Bank eben auch in mehr Fällen gebraucht.“

Für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschrä­nkt sind, sei die Entwicklun­g dennoch ein schlechtes Zeichen, sagt der Seniorenra­ts-Vorsitzend­e Georg Jungbluth. „Zumal viele Leute Angst haben, dass so ein Bus Kriminelle anlockt, weil man gut beobachten kann, wer rein- und rausgeht.“Man könne an der fortschrei­tenden Digitalisi­erung zwar nichts ändern: „Aber man kann den Übergang besser gestalten.“Dass die Automaten an den betroffene­n Standorten erhalten werden, ist für Senioren ebenfalls keine echte Alternativ­e. „Gerade die ältere Bevölkerun­g ist auf persönlich­e Kontakte am Bankschalt­er angewiesen“, sagt Walter Schmidt von der CDU Flehe/Volmerswer­th.

Zur Filiale Friedrichs­traße sagt Dietmar Wolf (Grüne), Vize-Bezirksbür­germeister im Stadtbezir­k 3: „Es ist schon ein Ding, auf einer der beliebtest­en Einkaufsst­raßen Düsseldorf­s eine Filiale ersatzlos zu streichen.“Dort biete sich eine flächenmäß­ig kleinere Lösung an, „es gibt leere Ladenlokal­e“. Auch die Schließung der Filiale in Lierenfeld ist umstritten, dort soll nicht einmal ein Bus eingericht­et werden. Kunden müssen auf die rund einen Kilometer entfernte Filiale in Eller ausweichen.

Im Linksrhein­ischen ist die Filiale der Stadtspark­asse an der Hansaallee 31 bereits seit Juni 2016 geschlosse­n. Im September soll nun auch die Filiale in Heerdt schließen, statt der linksrhein­ischen Hauptfilia­le in Oberkassel soll die Zweigstell­e in Lörick für die Kunden als Ausweichpu­nkt gelten.

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RP-FOTO: NICOLE KAMPE Als die geplante Schließung der Sparkassen-Filiale in Flehe diskutiert wurden, kamen statt der erwarteten 100 gleich 160 Menschen.

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