Rheinische Post Viersen

„Ehrabschne­idend“: De Maizière und Seehofer streiten sich

In einem Buch wehrt sich Seehofers Amtsvorgän­ger gegen dessen Behauptung einer „Herrschaft des Unrechts“. Dieser setzt sich sofort zur Wehr.

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BERLIN (dpa) Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) ist mit den Ausführung­en seines Amtsvorgän­gers Thomas de Maizière (CDU) zur Flüchtling­skrise 2015 nicht einverstan­den. Er kenne dessen neues Buch zwar nicht im Original, sagte Seehofer der „Augsburger Allgemeine“. Die Darstellun­g von de Maizière, so wie sie in Medien verbreitet werde, sei aber „objektiv falsch“.

De Maiziére hatte 2015 als Innenminis­ter entschiede­n, Asylsuchen­de an der Grenze zu Österreich nicht abzuweisen. Seehofer hatte später von einer „Herrschaft des Unrechts“gesprochen. De Maizière hat ein Buch mit dem Titel „Regieren“geschriebe­n, das am Montag im Herder-Verlag erschienen ist. Darin heißt es: „Besonders die kommunalpo­litisch Verantwort­lichen vor Ort in Bayern lehnten eine Registrier­ung im Grenzgebie­t ab und bestanden darauf, dass die Flüchtling­e ohne Registrier­ung, die in jedem Einzelfall 30 bis 45 Minuten dauert, sofort weitervert­eilt werden.“Den Vorwurf einer „Herrschaft des Unrechts“nennt der CDU-Politiker in seinem Buch „ehrabschne­idend“.

De Maizière kritisiert darin indirekt auch Seehofers Agieren in dem Streit um ein Interview des inzwischen abgesetzte­n Präsidente­n des Verfassung­sschutzes, Hans-Georg Maaßen. De Maizière schreibt: „Die Verwendung eines noch so wichtigen Behördenle­iters sollte nicht die ganze Regierung oder Koalition beschäftig­en. Andernfall­s schwächt das den Minister gegenüber seinen Kollegen und weckt nur Begehrlich­keiten, auch künftig bei unliebsame­n Personalen­tscheidung­en in andere Ressorts hineinzure­gieren.“

Seehofer sagte der Zeitung: „Es gehört zum guten Stil, dass ein amtierende­r Minister nicht die Politik seines Vorgängers öffentlich bewertet.“Das Umgekehrte sei „aber auch ratsam“.

Loyalität ist für den früheren Kanzleramt­schef de Maizière ein hohes Gut. „Meinerseit­s habe ich mich auch loyal verhalten, als Staatssekr­etär gegenüber meinen Ministern und als Landesmini­ster gegenüber zwei Ministerpr­äsidenten sowie als Bundesmini­ster gegenüber der Bundeskanz­lerin“, schreibt er in seinem Buch. Dass man ihm den Spitznamen „Büroklamme­r“angeheftet hat, findet er nur mäßig lustig. Er betont, ja, er habe immer großen Wert auf die äußere Form von Akten und Vorlagen gelegt. Na und? „Alle Abteilunge­n mussten den gleichen Zeilenabst­and und den gleichen Schrifttyp verwenden.“

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FOTO: DPA Thomas de Maizière hat ein Buch über das Regieren geschriebe­n.

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