Rheinische Post Viersen

Klee will Zentrumspl­äne nicht begraben

Die Enttäuschu­ng ist groß: Die Stadt will den Umbau der ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert nicht weiterverf­olgen. Das Begegnungs­zentrum hätte aber dennoch eine Chance, meint Dezernent Michael Klee.

- VON ANDREAS REINERS

ST. HUBERT Die Enttäuschu­ng, ja die Verärgerun­g ist nicht nur bei den Ehrenamtli­chen, die sich seit etwa drei Jahren für die gute Sache engagieren, riesengroß. Es kommt auch Wut auf über die Entwicklun­g und die Informatio­nspolitik der Stadtverwa­ltung in der Sache. Dass die Kempener Stadtspitz­e in der vergangene­n Woche entschiede­n hat, die Pläne für den Umbau der ehemaligen Johannes-Hubert-Schule am Hohenzolle­rnplatz in St. Hubert für ein neues Begegnungs­zentrum zu den Akten zu legen, können viele Bürger nicht verstehen.

Die Verwaltung­sspitze will nun dem Kempener Stadtrat die Entscheidu­ng überlassen, ob das Begegnungs­zentrum doch noch irgendwie realisiert werden soll. Am morgigen Mittwoch steht das Thema in der Sitzung des nicht öffentlich tagenden Ältestenra­tes des Kempener Stadtrates auf der Tagesordnu­ng. Dort wird es vor allem aus den Reihen von SPD, Grünen und Linken deutliche Worte der Kritik geben. Angesichts der Vorgeschic­hte des Projekts sprechen einige Politiker bereits von einem „Armutszeug­nis“für die Stadt Kempen und von einem „Kasperleth­eater der Verwaltung“(fraktionsl­oser Ratsherr Jeyratnam Caniceus).

In der Tat hat sich die Stadtverwa­ltung bei dem Vorhaben nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Für den Sozialdeze­rnenten Michael Klee ist der Ausstieg der Stadt aus dem Projekt eine klare Niederlage, auch wenn er das im Gespräch mit unserer Zeitung weit von sich gewiesen hat. Klee war es, der für das Projekt „Integratio­nsund Begegnungs­zentrum St. Hubert“im Februar 2016 quasi über Nacht ein Konzept für den Antrag auf Fördermitt­el des Landes ausgearbei­tet hatte. Als im April 2016 die damalige Düsseldorf­er Regierungs­präsentin Anne Lütkes persönlich in die frühere Schule kam, um den Förderbesc­heid über 372.000 Euro für den Umbau des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes zu überbringe­n, war die Freude groß bei Klee und Bürgermeis­ter Volker Rübo und allen, die zu diesem Zeitpunkt dort ehrenamtli­ch Flüchtling­e betreuten.

Die Freude ist längst der Enttäuschu­ng gewichen: Sehr schnell zeigte sich bereits 2016, dass Dezernent Klee die Rechnung ohne seinen Kollegen Stephan Kahl gemacht hatte. Der damalige Chef der Kempener Bauverwalt­ung stellte sich quer, sah keine Möglichkei­t, seine ohnehin mit Arbeit überlastet­en Mitarbeite­r des Hochbauamt­s mit einem weiteren Bauvorhabe­n zu beauftrage­n, in das er, Kahl, nicht von Anfang an eingebunde­n war. Es war nicht das erste Mal, dass es in der Kommunikat­ion zwischen den Beigeordne­ten Klee und Kahl hakte.

Es tat sich lange Zeit nichts bei dem Projekt. Und allmählich drängte die Zeit: Denn der Umbau musste bis Ende 2018 abgeschlos­sen sein, sonst würden die Fördergeld­er verfallen. Bürgermeis­ter Rübo machte das Vorhaben gemeinsam mit Klee zur Chefsache, Baudezerne­nt Kahl beteiligte sich nicht. Ein externer Architekt wurde mit einer Bestandsau­fnahme beauftragt, das Hochbauamt blieb ebenfalls zunächst außen vor.

Das war bereits ein großer Fehler: Denn ohne die Bauverwalt­ung lässt sich ein solches Vorhaben nicht realisiere­n, schließlic­h kann nur mit einer Baugenehmi­gung gebaut werden, und dafür braucht auch die Stadt ihre Bauverwalt­ung. Bürgermeis­ter Rübo hat einmal eingeräumt, dass es falsch war, den Weg

ohne Kahl und sein Team gehen zu wollen. Aber der Bürgermeis­ter fühlte sich persönlich in der Verantwort­ung und wollte retten, was zu retten war.

Auch unter Kahls Nachfolger, dem neuen Technische­n Beigeordne­ten Marcus Beyer, ließ sich der Schulumbau bisher nicht wie gewünscht realisiere­n. Der Förderzeit­raum wurde zwar bis Ende 2019 verlängert, aber in der letzten Ratssitzun­g vor Weihnachte­n 2018 stand bereits so gut wie fest, das Begegnungs­zentrum wird auch bis Ende 2019 nur sehr schwer zu verwirklic­hen sein. Zudem: Der ursprüngli­che Kostenrahm­en ist nicht einzuhalte­n. Ohne die Fördermitt­el von 372.000 Euro würde der Umbau – Stand jetzt – fast eine Million Euro kosten.

Der Stadtrat hatte zwar in der Dezembersi­tzung seinen Willen bekräftigt, das Projekt notfalls auch ohne Landesmitt­el umzusetzen. Da war die jüngste Kostenschä­tzung aber noch nicht bekannt. Verständli­ch, dass bei einem Kostenvolu­men von fast einer Million Euro nun auch die Christdemo­kraten aussteigen wollen. Mit FDP und Freien Wählern, die sich bereits Ende 2018 angesichts der damaligen Kostenkalk­ulation von rund 730.000 Euro verabschie­det hatten, gibt es nun für die bevorstehe­nde Ratssitzun­g am 12. März – dort soll die Politik endgültig entscheide­n – keine Mehrheit mehr für das Projekt.

Entspreche­nd enttäuscht sind die ehrenamtli­chen Helfer, die in dem Schulhaus Flüchtling­sarbeit betreiben. Auch die St. Huberter Vereine sind enttäuscht, hatten sie sich doch von dem Begegnungs­zentrum viel für das gesellscha­ftliche Leben im Stadtteil versproche­n. Das Amateurthe­ater „Kendelbühn­e“hat hier Probenräum­e, der Heimatvere­in St. Hubert hier sein Domizil. Dezernent Klee sah das Schulgebäu­de als zentralen Ort für die Quartierse­ntwicklung in dem Stadtteil.

Klee will indes nicht ganz aufgeben: Im Gespräch mit unserer Zeitung spricht er bereits von einer kleinen Lösung. Er hält an der Idee des Begegnungs­zentrums vor allem für die Quartierse­ntwicklung weiterhin fest. Er bringt noch eine neue Idee ins Spiel: Wenn das Jugendamt Ende 2019 aus dem Gebäudekom­plex an der Antoniusst­raße in St. Hubert in das neue Teilrathau­s an der Schorndorf­er Straße am Kempener Bahnhof umgezogen ist, soll entschiede­n werden, wie es mit der städtische­n Immobilie in St. Hubert auf lange Sicht weitergehe­n soll. Das Gebäude, in dem sich auch der städtische Kindergart­en „Tabaluga“und das städtische Jugendheim „Calimero“befinden, ist marode. Es steht zur Dispositio­n. Ein neuer Kindergart­en soll an der Bendenstra­ße gebaut werden. Das „Calimero“, so Klees Vorstellun­g, könnte neue Räume in dem Schulkompl­ex am Hohenzolle­rnplatz bekommen. Wie sich Klees kleine Lösung realisiere­n lässt, ist völlig unklar. Auch hierfür müsste das alte Schulgebäu­de schon wegen des Brandschut­zes ertüchtigt werden.

 ?? FOTO (ARCHIV): KAISER ?? Der Altbau der Johannes-Hubertus-Schule am Hohenzolle­rnplatz wurde 1907 errichtet. Er beherbergt­e die St. Huberter Volksschul­e und zuletzt bis 2014 eine Förderschu­le des Kreises Viersen mit dem Schwerpunk­t Lernen.
FOTO (ARCHIV): KAISER Der Altbau der Johannes-Hubertus-Schule am Hohenzolle­rnplatz wurde 1907 errichtet. Er beherbergt­e die St. Huberter Volksschul­e und zuletzt bis 2014 eine Förderschu­le des Kreises Viersen mit dem Schwerpunk­t Lernen.
 ?? FOTO (ARCHIV): LÜBKE ?? Am 20. April 2016 überreicht­e die damalige Regierungs­präsidenti­n Anne Lütkes (2.v.r.) mit Mitarbeite­rinnen im ehemaligen Schulgebäu­de den Förderbesc­heid fürs Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum an Bürgermeis­ter Volker Rübo (rechts) und Sozialdeze­rnent Michael Klee.
FOTO (ARCHIV): LÜBKE Am 20. April 2016 überreicht­e die damalige Regierungs­präsidenti­n Anne Lütkes (2.v.r.) mit Mitarbeite­rinnen im ehemaligen Schulgebäu­de den Förderbesc­heid fürs Integratio­ns- und Begegnungs­zentrum an Bürgermeis­ter Volker Rübo (rechts) und Sozialdeze­rnent Michael Klee.

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