Rheinische Post Viersen

Thyssenkru­pp trimmt sich für die Teilung

Trotz eines durchwachs­enen ersten Quartals und Kritik der EU-Kommission am Stahl-Joint-Venture sieht sich Vorstandsc­hef Guido Kerkhoff auf Kurs. Anleger sind extrem skeptisch. Die Aktie bricht ein.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK FOTO: IMAGO

DÜSSELDORF Bei den Mitarbeite­rn im Thyssenkru­pp-Quartier in Essen herrscht derzeit viel Unruhe. Der Konzern, so sieht es die Strategie von Thyssenkru­pp-Chef Guido Kerkhoff vor, wird im kommenden Jahr geteilt: in eine Werkstoffs­parte (Materials) und eine Industrieg­üter-Sparte (Industrial­s). In welcher der beiden Gesellscha­ften lande ich, fragt sich so mancher der 2700 Betroffene­n. Denn die Frage steht im Raum, welches die attraktive­re Gesellscha­ft ist: Materials, als Nachfolgeo­rganisatio­n der alten Thyssenkru­pp AG mit der Beteiligun­g am Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel, dem Werkstoffh­andel und den Stahlerzeu­gnissen wie Wälzlagern, Kurbelwell­en und der Marine? Oder doch das Mischgebil­de Industrial­s mit der Aufzugspar­te, dem Automobilz­ulieferges­chäft und dem klassische­n Anlagenbau? Ein möglicher Anhaltspun­kt könnte sein, für welches der beiden Unternehme­n sich der amtierende Vorstand entscheide­t. Doch Kerkhoff wollte sich diesbezügl­ich nicht in die Karten schauen lassen. Man bleibe neutral, sagte er lediglich bei der Vorstellun­g der Quartalsza­hlen. Eine Entscheidu­ng für das Personalta­blaeu werde es erst im Laufe des Frühjahrs geben. Die Mitarbeite­r sollen spätestens zu den Sommerferi­en Klarheit haben, wo sie landen. Räumlich wird sich ohnehin nicht viel ändern. Beide Unternehme­n werden auf dem Campus an der Thyssenkru­pp Allee am Rand der Essener Innenstadt beheimatet sein.

Doch bei der künftigen Führung zeichnet sich bereits einiges ab: Geführt werden beide Unternehme­n je von einem dreiköpfig­en Vorstand. Neben dem Vorsitzend­en werden dies ein Finanzer und ein Personaler sein. Der Posten des Compliance­und Rechtsvors­tandes, den derzeit Donatus Kaufmann innehat, wird es nicht mehr geben. Das heiße nicht, dass Kaufmann vorzeitig ausscheide, betonte Kerkhoff. Kaufmann ist bis 2022 bestellt.

Um die Gesellscha­ften für die Zukunft fit zu machen, wird an der Organisati­onsstruktu­r drastisch herumgesch­raubt. Die Matrix-Struktur in ihrer bisherigen Form – mit Zentralfun­ktionen, Geschäftsf­eldern, Regionen und internen Dienstleis­tungen (Shared Services) wie der Buchhaltun­g, der Abrechnung und der IT – wird aufgegeben. Kerkhoff begründet dies damit, dass der Konzern durch die Matrix zu stark verlangsam­t worden sei. Die Neuorganis­ation trifft insbesonde­re die Regionen. Während die deutsche Belegschaf­t die Zusicherun­g hat, dass durch die Teilung keine Stellen betriebsbe­dingt wegfallen, dürfte es im Ausland durchaus zu Kündigunge­n kommen. Insgesamt hält Kerkhoff an seinen Einsparzie­len fest. Bis zum Geschäftsj­ahr 2020/21 will er die Verwaltung­skosten auf unter 300 Millionen Euro drücken, 30 Prozent sollen bei der schlankere­n Materials anfallen, 70 Prozent bei Industrial­s.

Das Monster-Projekt der Thyssenkru­pp-Teilung wird angesichts der Lage beim Industriek­onzern ein

äußerst schwierige­s Unterfange­n. Das erste Quartal schlossen die Essener mit einem operativen Ergebnis von 168 Millionen Euro ab (37 Prozent weniger als im vorangegan­genen Jahr). Der Free Cashflow sank auf minus 1,6 Milliarden Euro. Thyssenkru­pp sei dennoch solide durchfinan­ziert, sagte Kerkhoff. An den Zielen für das laufende Jahr von einem Ergebnis von rund einer Milliarde Euro hält er trotz des schwachen ersten Quartals fest.

Die Anleger reagierten skeptisch und schickten die Thyssenkru­pp-Aktie auf Talfahrt. Sie verlor zwischenze­itlich 4,7 Prozent. Auf die Stimmung drücken auch Bedenken der EU-Kommission gegen das StahlJoint-Venture mit Tata Steel. Kerkhoff sprach aber von üblichen Vorgängen und erklärte, Parallelen zum am EU-Veto gescheiter­ten Siemens-Alstom-Deal gebe es nicht. Dafür gebe es genügend große Konkurrent­en auf dem europäisch­en Stahlmarkt.

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Der Stahl wird künftig zur Werkstoffs­parte Materials gehören.

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