Rheinische Post Viersen

Zahl der Straftaten sinkt stark

Weniger Gewaltdeli­kte, weniger Wohnungsei­nbrüche, die höchste Aufklärung­squote seit fünf Jahren im Kreis Viersen – doch trotz der guten Kriminalit­ätsentwick­lung im Jahr 2018 hat die Polizei Sorgen.

- VON MARTIN RÖSE

KREIS VIERSEN Die Zahl der registrier­ten Straftaten im Kreis Viersen ist 2018 auf den niedrigste­n Stand seit fünf Jahren gesunken. Während die Gesamtzahl der Delikte gegenüber 2017 um 5,7 Prozent auf 16.926 abnahm, war der Rückgang der Gewaltkrim­inalität mit minus 10,1 Prozent noch deutlicher. Die Aufklärung­squote kletterte von 54,3 auf 54,6 Prozent. Freilich: Besonders aussagekrä­ftig sind solche Zahlen nicht, weil unter Straftaten das Schwarzfah­ren ebenso fällt wie der Mord. Und: Das Dunkelfeld – nicht angezeigte Straftaten – werden nicht berücksich­tigt.

Eine Übersicht nach Deliktarte­n:

Gewaltdeli­kte Gefährlich­e und schwere Körperverl­etzungen nahmen in den vergangene­n Jahren fast stetig zu. „2018 konnte dieser Aufwärtstr­end gestoppt werden“, sagt Uwe Fahlbusch, Direktor Kriminalit­ät. Die Fallzahlen sanken gegenüber 2017 um 8,5 Prozent. Deutlich zurückgega­ngen ist die Zahl der erfassten Vergewalti­gungen und sexuellen Nötigungen. 32 Fälle wurden 2017 angezeigt, 2018 waren es 15 (14 davon klärte die Polizei auf). Ein Erklärungs­ansatz von Fahlbusch ist die Gesetzesän­derung von 2017 („Nein heißt nein“), die in dem Jahr zu mehr Anzeigen geführt haben könnte. Zum Vergleich: 2016 wurden acht Vergewalti­gungen im Kreis Viersen zur Anzeige gebracht, 2015 waren es 19. 104 Raubfälle wurden 2018 angezeigt, gegenüber 2017 ein Rückgang um drei Fälle. Mit sieben Tötungsdel­ikten ist die Bilanz 2018 so hoch wie zuletzt vor fünf Jahren. Neben dem Mord im Casinogart­en in Viersen und dem Mordfall auf dem Campingpla­tz in Niederkrüc­hten fallen darunter auch der Überfall auf einen Taxifahrer oder der Steinwurf einer A44-Brücke auf ein Auto. „Diese Fälle stehen zunächst als Tötungsdel­ikte in der Statistik“, erklärt der Leitende Polizeidir­ektor Manfred Krüchten. Bisweilen würden die Ermittlung­en zu anderen Ergebnisse­n führen. „Dann wird aus dem versuchten Tötungsdel­ikt später ein schwerer Raub.“

Einbrüche Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche im Kreis Viersen ist seit vier Jahren stetig rückläufig – von 482 Fällen im Jahr 2015 auf 287 im vergangene­n Jahr. Hinzu kommen 238 Versuche (2015: 425). „Organisato­rische Anpassunge­n haben zu einer verbessert­en Spurensuch­e und Spurensich­erung beigetrage­n“, erklärt Fahlbusch. Und auch die Bewohner könnten vorbeugen, indem sie ihr Eigentum besser schützen. „Die hohe Versuchsqu­ote ist ein deutliches Zeichen, dass technische und bauliche Sicherunge­n funktionie­ren“, betont er. Die meisten Wohnungsei­nbrüche passieren spätnachmi­ttags in der Dämmerung. Krüchtens Bitte: „Wer etwas Auffällige­s beobachtet, sollte sofort die 110 rufen.“

„2018 konnte der Aufwärtstr­end bei schweren Körperverl­etzungen gestoppt werden“

Uwe Fahlbusch Direktor Kriminalit­ät

Die Tatverdäch­tigen Der Anteil der männlichen Tatverdäch­tigen liegt wie im Vorjahr bei 78 Prozent. Der Anteil der nichtdeuts­chen Tatverdäch­tigen entwickelt­e sich wie schon 2017 rückläufig: Nach 34 Prozent (2016) und 32 Prozent (2017) lag er nun bei weniger als 31 Prozent. Von den 2235 nichtdeuts­chen Tatverdäch­tigen waren 459 Asylbewerb­er. Bereinigt um Taten, die deutsche Staatsange­hörige nicht begehen können, liegt der Anteil bei 27 Prozent. Zum Vergleich: Der Bevölkerun­gsanteil der Nichtdeuts­chen liegt im Kreis bei 9,7 Prozent. Fahlbusch: „Trotz des erfreulich­en Rückgangs bleibt festzustel­len, dass die Nichtdeuts­chen bei den Straftäter­n im Verhältnis zu ihrem Bevölkerun­gsanteil weiterhin überpropor­tional vertreten sind. Und zwar insbesonde­re bei den Delikten Ladendiebs­tähle und Schwarzfah­ren.“Mit ein Grund könnte in der Altersstru­ktur und im Geschlecht liegen: Rund zwei Drittel der Asylbewerb­er sind männlich – und sie sind im Schnitt 15 Jahre jünger als die durchschni­ttlichen Deutschen. Grundsätzl­ich sind Männer zwischen 15 und 40 Jahren häufiger

kriminell als ältere oder weibliche Personen – die Herkunft spielt bei diesem Fakt keine Rolle.

Was bereitet der Polizei Sorge? Drei Dinge: Der zurückgehe­nde Respekt in der Bevölkerun­g, die hohe Arbeitsbel­astung und die Altersstru­ktur der Beamten. „Beamte aus dem Kreis Viersen waren auch im Hambacher Forst im Einsatz“, berichtete Andreas Coenen, Leiter der Kreispoliz­eibehörde Viersen. „Unabhängig davon, wie man zum Braunkohle­tagebau steht: So

darf man Polizeibea­mte nicht behandeln. Sie wurden verunglimp­ft, mit Fäkalien überschütt­et – das darf die Gesellscha­ft nicht akzeptiere­n.“Problem zwei: die landesweit­en Unterstütz­ungseinsät­ze. „Sie führten zu extrem langen Einsatzzei­ten unserer Beamten und in der Folge zu Zusatzdien­sten bei den anderen Kollegen“, berichtet Manfred Krüchten. Die Folgen werden auch in diesem Jahr spürbar sein, wenn die angefallen­en Überstunde­n wieder abgebaut werden müssen. Und Sorge Nummer drei: der

Altersschn­itt. Jeder zweite Polizeibea­mte im Kreis Viersen ist älter als 50 Jahre. „Wer älter als 50 Jahre ist, den kann man nicht guten Gewissens im Wechseldie­nst einsetzen“, sagt Krüchten. Durch die Konzentrie­rung auf zwei Wachstando­rte sei die Zahl der Wechselsch­ichtler zwar reduziert worden, dennoch seien nach wie vor ältere Kollegen im Wechseldie­nst im Einsatz. Frühestens 2020 werde die Kreispoliz­eibehörde von den zusätzlich­en Neueinstel­lungen der schwarz-gelben Landesregi­erung profitiere­n.

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