Mit Baby an der Uni
Die Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf unterstützt Studierende mit Kindern erstmals mit einem Stipendium.
DÜSSELDORF Alina Lochiatto war gerade im zweiten Semester ihres Psychologie-Studiums in Düsseldorf, als sie schwanger wurde. „Ich hatte mich aber gleich entschlossen, das Studium und die Betreuung des Babys zu vereinbaren“, sagt die heute 23-Jährige. Und so ging sie mit ihrer kleinen Tochter in einige Veranstaltungen, sehr zur Freude ihrer Kommilitonen. „Die fanden es immer sehr nett, wenn durch das Baby ein bisschen Abwechslung entstand.“Auch mit Dozenten habe sie natürlich vorher gesprochen – und alle hätten durchweg positiv reagiert. „Auch meine Freundinnen haben mich sehr unterstützt und die Kleine betreut, während ich im Seminar war“, sagt Alina Lochiatto.
„Universitäten sollen vordenken, auch in Fragen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie“Anja Steinbeck
Rektorin der HHU
Neben ihrer inzwischen zweieinhalbjährigen Tochter sind die Studentin und ihr Mann inzwischen auch Eltern eines fast fünf Monate alten Sohnes. „Er geht im Sommer in die Kita, wie seine Schwester auch. So lange habe ich auch ihn mit zur Uni genommen, und mein Mann hat jetzt bald Elternzeit.“
Neben Kind und Studium hat Alina Lochiatto noch Nebenjobs, um das Leben im nicht gerade günstigen Düsseldorf zu finanzieren. Doch ab sofort kann sie sich stärker ihrem Studium und ihrer Familie widmen: Denn die Heinrich-Heine-Universität hat erstmals Stipendien des „Chancen nutzen“-Programms – allgemein auch „Deutschlandstipendium“genannt – an sieben Studierende mit Kindern vergeben. Damit werden diese, wie über 360 weitere besonders leistungsstarke Studenten, mit 300 Euro monatlich unterstützt – jeweils zur Hälfte finanziert von Bund und privaten Geldgebern. „Das ist eine schöne Anerkennung, für den Spagat, den man leistet“, findet Alina. „Unter den Studierenden ist man natürlich ein absoluter Exot mit Kind, und unter den Müttern aber auch, weil man noch studiert.“
Die Heine-Uni möchte sich künftig noch stärker als familiengerechte Hochschule positionieren – auch deshalb wurden erstmals in diesem Jahr Stipendien an Studierende mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern vergeben. „Universitäten sollen vordenken – auch in Fragen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir wollen möglichst gute Studienbedingungen für alle und speziell mehr Chancengleichheit für Studierende mit Kindern schaffen. Die Etablierung von fami-liengerechten Studien- und Arbeitsbedingungen ist schließlich von zentraler Bedeutung für die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit einer Universität“, sagt die Rektorin der Düsseldorfer Universität, Anja Steinbeck. „Da viele Studierende mit Kind neben dem Studium einem Nebenjob nachgehen, sind die 300 Euro monatlich zusätzlich zum Bafög sicherlich eine maßgebliche und sehr konkrete Unterstützung für den Studienalltag mit Kind.“
Und das „Chancen nutzen“- Stipendium der Heinrich-Heine-Uni bietet mehr als nur die finanzielle Unterstützung über mindestens zwei Semester: Die Stipendiaten profitieren auch von einer ideellen Förderung. So gibt es durch die Universität organisierte Besuche kultureller Veranstaltungen in der Stadt, wie beispielsweise gemeinsame Opernbesuche, stadthistorische Führungen oder Besuche bei Unternehmen. Die Stipendiaten geben den Stiftern Einblick in Gegenstände ihres Studiums und profitieren im Gegenzug von Erfahrung und Wissen ihrer Stifter, außerdem ergeben sich durch die Kontakte Praktikumsoder Jobchancen.
Für Studierende mit Kindern hat die Hochschule zudem das Familien-Beratungs-Büro eingerichtet, das bei allen familienbezogenen Fragen unterstützt und vermittelt, über Kinderbetreuungsmöglichkeiten informiert, in Ausnahme- und Notfallsituationen begleitet und Ferienfreizeiten anbietet. Darüber hinaus gibt es eine Babysitting-Börse, ein Programm zur Finanzierung von Kinderbetreuung für Prüfungszeiten sowie Wickeltische und Eltern-Kind-Räume auf dem Campus.
„Im Rahmen der Studienorganisation haben Studentinnen in der Schwangerschaft die Option, sich beurlauben zu lassen und dennoch Prüfungsleistungen abzulegen“, sagt Rektorin Anja Steinbeck. „Für die Zukunft planen wir weitere Maßnahmen, zum Beispiel ein Studium in Teilzeit zu ermöglichen oder durch mehr Digitalisierung in der Studienorganisation die Präsenzzeiten zu senken.“
Auch Alina Lochiatto wird ihr Studium nicht ganz in der Regelstudienzeit schaffen und muss noch ein Praktikum absolvieren, was wegen der Kinderbetreuung bisher nicht möglich war. Verbesserungswürdig findet sie übrigens die Wickeltisch-Situation an der Uni. „Die müsste es in jedem Gebäude geben. Sonst muss man mit dem Kind über den ganzen Campus eilen, bis man mal eine Toilette mit Wickelgelegenheit findet.“