„Borussia ist der perfekte Klub für mich“
Der Schweizer sagt, warum er sich keine Gedanken über einen Wechsel macht und dass er sich nicht auf Platz drei ausruhen will.
Herr Elvedi, wenn Sie Manager eines Klubs wären: Warum würden
Sie Nico Elvedi verpflichten?
ELVEDI Weil das ein Spieler ist, der so gut wie nie verletzt ist. Der noch jung ist, aber dennoch konstant auf einem hohen Niveau spielt, eine gute Geschwindigkeit und ein gutes Zweikampfverhalten hat.
Manchester City soll laut „Bild“an Ihnen interessiert sein.
ELVEDI Das habe ich gelesen, aber ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. Ich beschäftige mich mit solchen Dingen momentan auch nicht.
Aber wenn so ein Klub anklopfen würde, wäre das doch eine Ehre. ELVEDI Das kann man schon sagen. Natürlich ist es schön zu hören, wenn so ein Verein Interesse an einem hat. Aber ich konzentriere mich auf andere Dinge. Zum Beispiel das Spiel in Frankfurt.
An die Eintracht haben Sie ja auch gute Erinnerungen: Beim 3:1-Sieg im Hinspiel haben Sie getroffen. ELVEDI Genau, das war momentan mein letztes Tor.
Bei der Partie am Sonntag wird es aber auf Ihre Defensivkünste ankommen. Bei Frankfurt spielt in Sébastien Haller, Luka Jovic und Ante Rebic ein Top-Trio, das „Büffelherde“genannt wird.
ELVEDI Das ist ein richtig guter Sturm, mit viel Qualität. Jedes Team hat es schwer gegen die drei. Aber wir haben auch eine sehr gute Defensive. Das dürfte also ein sehr interessantes Spiel werden.
Wie stoppt man dieses Trio?
ELVEDI Es wird schwer, aber wir müssen einfach das machen, was wir die ganze Saison gemacht haben und konzentriert und hart arbeiten. Wenn wir verteidigen wie bei unseren besten Spielen, wird es auch für Frankfurt extrem schwer. Wir werden alles versuchen, um die Büffelherde zu stoppen.
Mit einem Sieg ziehen Sie der Eintracht auf zwölf Punkte davon, bei einer Niederlage wären es aber nur noch sechs Zähler Vorsprung.
ELVEDI Das ist ein richtig wichtiges Spiel für uns. Wir können einen weiteren riesigen Schritt machen. Wenn wir das schaffen, ist die Ausgangslage erst recht richtig gut, das stimmt.
Nach dem 0:3 gegen Hertha BSC Berlin sagte Ihr Trainer Dieter Hecking, dass ein Grund für die Niederlage sei, dass der Titelkampf bei einigen im Kopf stecke. Stimmt das? ELVEDI Ich würde nicht sagen, dass bei uns Spielern im Kopf war, dass wir um den Titel spielen. Bei mir war es auf jeden Fall nicht so. Wir geben in jedem Spiel alles, damit wir so viele Punkte wie möglich sammeln. Und dann schauen wir, was dabei herumkommt.
Spüren Sie, dass sich die Wahrnehmung Borussias verändert hat? ELVEDI Natürlich merkt man, dass die Gegner größeren Respekt vor uns haben. Das haben wir uns aber hart erarbeitet und wollen das weiterhin machen.
Das Thema Titelkampf wird Sie sicherlich auch außerhalb des Borussia-Parks, etwa durch Freunde, die Sie darauf ansprechen, begleiten. ELVEDI Das ganz sicher. Und wir wissen auch, was wir in dieser Saison bisher geleistet haben, das war bis zu diesem Zeitpunkt richtig gut. Und wir wollen versuchen, das über die gesamte Saison durchzuziehen. Wir sind nun Dritter, da hat man sicherlich auch etwas zu verlieren, wenn man einmal so weit gekommen ist, aber so denken wir nicht. Wir wollen so weiterspielen wie bisher und weiter erfolgreich sein.
Wie bleiben Sie persönlich bei all der Euphorie cool?
ELVEDI Naja, Euphorie kann ja auch etwas Gutes sein, das zeugt von viel Selbstvertrauen. Grundsätzlich haben wir mit unserem Trainer Dieter Hecking und vielen erfahrenen Spielern einige Leute, die schon häufiger in so einer Situation waren und uns darauf hinweisen, dass wir noch nichts erreicht haben. Der Weg bis zum Ende der Saison ist noch lang, wir müssen fokussiert bleiben.
Wie schaffen Sie selbst das?
ELVEDI In erster Linie ist es eine Frage der Persönlichkeit, ob man in die Gefahr gerät, abheben zu können. Bei mir ist das von Grund auf nicht der Fall. Und ich denke, dass wir im gesamten Team niemanden haben, der sich auf dem dritten Platz ausruht.
Nicht nur auf dem Spielfeld läuft es für Borussia gut. Gerade wurde der Neubau „Borussia 8 Grad“eröffnet, für den Verein ein Meilenstein. ELVEDI Für die Fans, für uns Spieler, für den gesamten Klub ist es etwas tolles, dass der Verein sowas aufbauen konnte. Eine großartige Sache.
Das Umfeld stimmt nicht nur, Sie sind auch unangefochtener Stammspieler. Was bedeutet Ihnen die Borussia?
ELVEDI Das ist aktuell der perfekte Klub für mich. Gladbach hat mich damals geholt und mir das Vertrauen geschenkt, dafür bin ich sehr dankbar. Es ist hier sehr familiär, man fühlt sich richtig wohl. Ich denke, auch für viele andere Spieler wäre ein Wechsel zur Borussia der perfekte Schritt. Gladbach ist ja schon lange nicht mehr nur familiär, sondern entwickelt sich zu einem Spitzenverein. ELVEDI Ich denke schon, dass Borussia bereits jetzt ein Spitzenverein ist. Das haben wir und der gesamte Klub uns in dieser Saison hart erarbeitet. Und ich glaube, dass alle auf genau diesem Weg weitermachen wollen.
Haben Sie sich mal Gedanken darüber gemacht, was Ihr nächster Schritt in der Karriere sein könnte? ELVEDI Nein, gar nicht. Das lasse ich alles auf mich zukommen. Ich kann nur sagen, dass ich mit der aktuellen Situation sehr glücklich bin.
Haben Sie Ihre Freunde und die Familie in der Schweiz auch mit dem Borussia-Virus infizieren können? ELVEDI Ja. Sie verfolgen meinen Weg sehr genau. Im Haus meiner Eltern hängt in meinem alten Zimmer auch ein Borussia-Trikot von mir.
Sind Sie stolz auf Ihren Werdegang? ELVEDI Natürlich erfüllt mich das mit Stolz. Gerade in dieser Saison habe ich einige Schritte nach vorne gemacht. Aber mein Weg ist noch nicht zu Ende, ich habe nach wie vor Luft nach oben. Ich werde mich nicht ausruhen und weiter an mir arbeiten.
Was müssen Sie noch verbessern? ELVEDI Mir passieren nach wie vor noch zu viele Fehler, diese Quote will ich unbedingt verringern. Und ich habe ja schon lange das Ziel, torgefährlicher zu werden.
Max Eberl stuft Sie als Top-Verteidiger ein. Stimmen Sie zu?
ELVEDI Ob ich schon ein Top-Verteidiger bin, weiß ich nicht, aber ein guter ganz sicher. Aber das liegt nicht nur daran, dass ich gute Leistungen zeige, das habe ich der Mannschaft zu verdanken. Grundsätzlich denke ich aber schon, dass ich auf einem guten Weg bin.
Dazu gehört, dass Sie Ihre Führungskompetenzen verbessern wollten. Hat das funktioniert?
ELVEDI Zumindest ein bisschen. Die Spiele als Anführer in der Abwehr am Ende der Hinrunde haben mir geholfen. Da musste ich jungen Spielern helfen und ihnen ein Vorbild sein. Da habe ich einen Schritt nach vorne gemacht, aber es geht noch besser.
Sind Sie selbst verwundert, dass Sie schon so weit sind?
ELVEDI Manchmal schon. Wenn ich überlege, dass ich mit 22 Jahren, schon über 100 Pflichtspiele für Borussia bestritten habe: Das ist echt nicht gerade wenig und sehr schön.
Außerhalb des Platzes sind Sie sehr ruhig, ist das eigentlich auch auf dem Spielfeld so?
ELVEDI Da bin ich schon anders. Da ist man voller Adrenalin, und da traut man sich natürlich auch mehr, etwas zu sagen. Das muss auch so sein, weil man seinen Mitspielern helfen und Anweisungen geben muss als Verteidiger. Es gibt also zwei unterschiedliche Nico Elvedi.
Hört man Sie da auch mal schreien? ELVEDI (lacht) Nein, das nicht. Aber ich bin schon so laut, dass mich meine Mitspieler auch hören können.
Und wenn Sie sich mal ärgern? Elvedi Dann mache ich das innerlich. Das zeige ich nicht so sehr nach außen und brülle auch nicht rum.
Viele brauchen sowas auch mal als Ventil, um Luft rauszulassen.
ELVEDI Auch da ist es wichtig, wie ein Spieler tickt. Für mich ist es nicht schlimm, wenn ich mich mal ärgere. Das kann ich schnell vergessen und bin so schnell wieder auf das Spiel konzentriert.
Auf dem Feld gibt es auch mal„Trash Talk“zwischen den Spielern, bei dem man das ein oder andere nicht so nette Wort wechselt. ELVEDI Das habe ich bislang nicht häufig erlebt. Aber das gehört halt auch zum Fußball dazu, genau wie Emotionen. Das prallt jedoch an mir ab. Zudem habe ich das noch nie gemacht und werde damit auch nicht anfangen. Ich brauche das nicht.
Und werden Sie mal richtig böse auf Ihre Gegenspieler?
ELVEDI Wenn ich jemandem etwas zu sagen habe, mache ich das. Aber auf eine normale Art und Weise.
Was regt Sie im Alltag auf? ELVEDI (lacht) Schlechte Autofahrer. Da werde ich schon manchmal emotional hinter dem Steuer. Aber eins muss ich ganz klar betonen: Ich halte mich immer an die Verkehrsregeln.
Auch als Profi gelten viele Regeln für Sie, etwa in Sachen Ernährung oder beim Verhalten in der Öffentlichkeit. ELVEDI Für mich ist das aber einfach. Ich halte mich gerne an Regeln.
War das als Kind auch so?
ELVEDI (lacht) Das müssten Sie meine Mutter fragen. Aber ich glaube schon, dass ich früher einige Male die Regeln gebrochen habe. Ich würde aber nicht sagen, dass ich ein riesiges Schlitzohr war.
Sie und Ihre Kollegen kommen mit sehr wenigen Fouls aus, sind das fairste Team der Liga. Ist das Disziplin oder Qualität?
ELVEDI Ich würde das als Qualität bezeichnen. Gerade in der Nähe des eigenen Strafraums schaffen wir es, die Situationen fair zu lösen, das ist eine Stärke von uns. Mir persönlich hilft da sicherlich, dass ich eine gewisse Schnelligkeit habe und auch wenn mal einer durch ist, einen Rückstand aufholen kann.
Das ist auch eine Qualität, die der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic an Ihnen schätzt. Wie wichtig ist es für Ihre Karriere bei der Nationalmannschaft, dass sie nun dauerhaft in der Innenverteidigung spielen?
ELVEDI Sehr. Der Trainer hat mir vor längerer Zeit gesagt, dass das die Position ist, auf der er mich sieht. Auch deswegen bin ich glücklich, dass ich nun auf dieser Position spiele und der Trainer nun auf mich setzt.
Wie wichtig ist das für Sie?
ELVEDI Im Fußball ist es eines der wichtigsten Dinge, dass der Trainer hinter dir steht, dich fördert und unterstützt. Dieses Gefühl habe ich nun wie bei Borussia auch in der Nationalmannschaft. Mit Dieter Hecking und Vladimir Petkovic habe ich zwei Trainer, die mich weiterentwickeln wollen, und dafür bin ich sehr dankbar.
Die Situation ist bei Ihnen ähnlich wie bei Matthias Ginter. Nach der WM wurde er zum Stammspieler im deutschen Team.
ELVEDI Das ist zumindest mein Ziel. In den vergangenen Spielen hatte ich das Glück, dass einige Spieler verletzt waren und ich auch deswegen in der Startelf stand. Aber es soll auch so sein, dass ich einen Stammplatz habe, wenn alle fit sind.