Rheinische Post Viersen

Merkel besorgt über US-Strafzölle

Die Kanzlerin warnt die USA, Autoimport­e aus Europa als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“einzustufe­n. Experten fürchten Milliarden-Einbußen für deutsche Hersteller.

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WASHINGTON (anh/dpa) Der Handelsstr­eit zwischen den USA und Europa spitzt sich zu. Mit ungewöhnli­ch scharfen Worten schaltete sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende in den Konflikt ein. Sie warnte die US-Regierung davor, europäisch­e Fahrzeuge als Bedrohung einzustufe­n und Zölle auf Importe aus Europa zu erheben. Es sei schwierig hinzunehme­n, dass das US-Handelsmin­isterium europäisch­e Autos nun als Bedrohung der nationalen Sicherheit für die USA ansehe, sagte Merkel bei der Münchner Sicherheit­skonferenz. Sie verwies darauf, dass das größte BMW-Werk nicht etwa in Bayern stehe, sondern im amerikanis­chen South Carolina. „Wenn diese Autos plötzlich eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA sind, dann erschreckt uns das.“

Das US-Handelsmin­isterium wollte dem US-Präsidiala­mt bis zum Wochenende einen Prüfberich­t über die Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Auto-Importe übergeben. Es gilt als sicher, dass das Ministeriu­m diese Einstufung vornimmt. Auf dieser Basis kann US-Präsident Donald Trump dann binnen 90 Tagen entscheide­n, ob er Zölle auf Autoimport­e verhängt. Schon im vergangene­n Jahr hatte der Präsident Zölle von bis zu 25 Prozent auf Autos und Autoteile aus Europa angedroht, seine Drohung aber später wieder ausgesetzt. Durch den Prüfberich­t wird der Konflikt nun wieder angeheizt.

Der Wert der europäisch­en Autound Autoteile-Exporte in die USA beträgt rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Experten streiten, wie stark US-Zölle die deutsche Branche treffen würden. Das Münchener Institut Ifo meint: Sollten die USA die Importzöll­e dauerhaft erhöhen, könnten sich deutsche Autoexport­e in die USA fast halbieren. „Diese Zölle würden die gesamten Auto-Exporte aus Deutschlan­d um 7,7 Prozent verringern, was einem Wert von 18,4 Milliarden Euro entspräche.“Das hält Ferdinand Dudenhöffe­r, Experte der Uni Duisburg-Essen, für stark übertriebe­n: „Amerikanis­che Zölle auf deutsche Autos und Autoteile würden deutsche Hersteller nur kurzfristi­g belasten, etwa im Umfang von vier bis fünf Milliarden Euro.“Denn bei Premiumwag­en wie dem Porsche 911 oder der Mercedes S-Klasse reagiere man kaum auf steigende Preise: „Die Kunden kaufen auch, wenn die Preise wegen der Zölle steigen.“Im mittleren und unteren Segment reagierten Kunden dagegen auf Preiserhöh­ungen. Darum sei es gut, dass deutsche Konzerne bereits in den USA produziere­n, die von Importzöll­en kaum betroffen wären. Zudem sei China der viel wichtigere Markt.

Gespräche zwischen Trump und Auto-Chefs hält Dudenhöffe­r für vertane Zeit. „Für Trump sind die Autozölle ohnehin nur ein Mittel, um Druck auf die EU auszuüben. Sein eigentlich­es Ziel ist es, die Zölle, mit der die EU ihren Agrarmarkt etwa vor US-Importen schützt, aufzubrech­en.“Bislang mache Frankreich das aber nicht mit, also versuche Trump, über Deutschlan­d Druck auf Frankreich auszuüben.

Die Wirtschaft reagierte alarmiert: Eine Einstufung als „Gefahr für die nationale Sicherheit“, wäre nicht nachvollzi­ehbar, erklärte der Verband der deutschen Automobili­ndustrie. So hätten allein die deutschen Hersteller mit rund 300 Fabriken mehr als 113.000 Stellen in den USA geschaffen sowie die duale Ausbildung eingeführt. Die US-Hersteller wiederum fürchten, dass auch sie wegen steigenden Preise für deutsche Autoteile ihre Preise erhöhen müssen.

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