Er sammelt Fans
Hans-Georg Maaßen nahm sich nach seinem Rauswurf gut 100 Tage Auszeit. Nun stellt er sich der konservativen WerteUnion. Und die feiert ihn als Aufrechten gegen die Merkel-CDU.
Die Polarisierung in der Gesellschaft, die Angst, seine Meinung zu äußern, ohne als „rechts“abgestempelt zu werden, die Vertrauenskrise der Medien, die Entfremdung der Politik vom Volk, die Weltfremdheit etwa in der Klimapolitik und vor allem die fehlgeleitete Loyalität der Staatsdiener: „Ich bin der Meinung, dass die Loyalität gegenüber unserem Staat, unserer Verfassung und vor allem unseren Bürgern stärker sein muss als gegenüber einer Partei, auch gegenüber der CDU.“Da reißt es die Zuhörer von den Sitzen. Auch oder gerade weil sie fast alle CDU-Mitglieder sind.
Es ist die konservative Werte-Union, die Maaßen eingeladen hat. Und er spricht ihr aus dem Herzen. Ihre CDU, das ist die Partei der Wehrpflicht, die Partei der Kernenergie, die Partei der konservativen Werte. Sprich: die CDU vor Merkel. Vor allem ist es die CDU, die das Ausländerrecht so begriff, wie Maaßen es als junger Jurist aufgeschrieben hat: Als Mittel zur Begrenzung und Kontrolle der Zuwanderung. Als Maaßen diesen Zuhörern erzählt, was er empfand, als dieses, „sein“, Ausländerrecht 2015 verwendet wurde, um täglich Tausende unkontrolliert ins Land zu lassen, da gibt es im Saal ein kollektives Empfinden. „Ich hatte Schüttelfrost“, sagt Maaßen. Kopfnicken und „Genau“-Murmeln besagen: Es schüttelte und fröstelte damals auch andere aus dem Saal.
Und manche schüttelt es noch heute. Den Dresdner Politikprofessor Werner Patzelt etwa, der für die sächsische CDU mit am Wahlprogramm schreibt. Er sieht nach dem Rückzug vom Parteivorsitz die Macht Angela Merkels auch als Kanzlerin „versiegen“. Mit Blick auf die von der SPD eingeforderte Halbzeitbilanz sagt er: „Das Ende der Kanzlerschaft ist sichtbar.“Ob der sächsischen CDU das aber schon im Wahlkampf helfe, wisse er nicht. Und er meint mit „Hilfe“, dass Merkel dann schon nicht mehr Kanzlerin
sein müsse.
Das ist das Umfeld, in dem Maaßen seine ersten parteipolitischen Gehversuche unternimmt. Er würdigt die von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer angesetzten Werkstattgespräche, bleibt indes skeptisch. Das Problem sei, wie die 230.000 Ausreisepflichtigen auch tatsächlich aus dem Land herauskämen. Maaßen bezweifelt, ob es gelingen könne, alle auch integrieren zu können, die gekommen seien. Vor allem habe Deutschland die Migration „immer noch nicht im Griff“. Täglich kämen weiterhin Hunderte aus sicheren Drittstaaten. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Argumente mit dem Europarecht hält er schlicht für „Nebelkerzen“.
Maaßen schließt mit einem vom TV-Journalisten Claus Strunz übernommenen Bild von dem Flugzeug, das sechs Stunden bis New York braucht, aber nur Treibstoff für vier Stunden dabei hat. Der Kapitän meint: „Wir schaffen das.“Aber die Reisenden werden unruhig. Maaßen: „Die Passagiere sind weder konservativ, noch rechts, noch Verschwörungstheoretiker, sie wollen einfach nur sicher ankommen.“Wo Maaßen ankommen will, lässt er im Unklaren. Als die Werte-Union das CDU-Mitglied einlädt, bei ihr mitzumachen, da lächelt er nur. Aber er sagt auch, demnächst wohl wieder weniger Freizeit zu haben.