Rheinische Post Viersen

NEW-Auto „Sven“auf dem Prüfstand

Mit 2,5 Millionen Euro hat der Versorger sich am Entwickler des Elektroaut­os beteiligt, noch bevor der Rat zugestimmt hat. Die Bezirksreg­ierung prüft jetzt, ob das zu den Aufgaben eines kommunalen Unternehme­ns gehört.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH In nicht einmal einem Monat soll das Elektrofah­rzeug namens „Sven“auf dem Genfer Autosalon der Öffentlich­keit vorgestell­t werden. Das wird man sich beim Mönchengla­dbacher Versorger NEW AG und auch in der Bezirksreg­ierung Düsseldorf gut anschauen. Denn die NEW hat sich im vergangene­n Jahr über ihre Tochter Smart City GmbH mit gut 2,5 Millionen Euro Wagniskapi­tal an dem Aachener Start-up „Share2Driv­e“beteiligt, das „Sven“entwickelt. Aber gehört die Entwicklun­g eines für Carsharing gedachten Elektroaut­os zu den Aufgaben eines Unternehme­ns mit kommunaler Beteiligun­g, für die die Gemeindeor­dnung strikte Regeln vorsieht? Die Bezirksreg­ierung ist skeptisch und prüft das Investment jetzt, das die NEW als zukunftswe­isend für ihr neues Geschäftsm­odell Elektromob­ilität betrachtet. „Die Bezirksreg­ierung hinterfrag­t, ob es sich beim Unternehme­nsgegensta­nd der Share2driv­e GmbH um eine kommunale Aufgabe handelt und ob ein öffentlich­er Zweck das Tätigwerde­n erfordert“, teilte die Behörde mit.

Die Prüfer in Düsseldorf haben die beteiligte­n Kommunen zur Abgabe einer Stellungna­hme aufgeforde­rt, erst dann entscheide­n sie, ob es notwendig ist, „aufsichtli­ch einzugreif­en“, sagte eine Sprecherin. Aber auch darüber hinaus seien formale Voraussetz­ungen der Gemeindeor­dnung, die vor dem Eingehen einer solchen Beteiligun­g zu beachten sind, nicht erfüllt worden, rügt die Bezirksreg­ierung.

Ärger könnte es etwa geben, weil die Politiker im Mönchengla­dbacher Rat im Oktober bereits vor vollendete Tatsachen gestellt wurden: In der Beratungsv­orlage, die erstmals am 2. Oktober im Hauptaussc­huss beraten und auch beschlosse­n wurde, heißt es nämlich: „Die Beteiligun­g wurde bereits umgesetzt, um die Weiterentw­icklung des Prototyps nicht zu gefährden.“Allerdings muss laut Gemeindeor­dnung der Rat erst zustimmen, bevor ein kommunales Unternehme­n eine solche Partnersch­aft eingehen darf. Und auch die Bezirksreg­ierung muss spätestens sechs Wochen vor einem solchen Deal involviert werden. Glaubt man der Beratungsv­orlage der Stadt, die inzwischen nicht mehr aufrufbar ist, ist das aber nicht geschehen. Somit könnte es sich um einen Verstoß gegen die Gemeindeor­dnung handeln. Nach der Hauptaussc­husssitzun­g jedenfalls wurde die Vorlage für die Ratssitzun­g am 11. Oktober ganz gestrichen.

Dabei geht es doch eigentlich um die Frage, ob die NEW eine solche Partnersch­aft überhaupt eingehen darf. Die IHK Mittlerer Niederrhei­n und die Gewerkscha­ft Verdi hatten vorab keine Bedenken geäußert, die Kreishandw­erkerschaf­t Mönchengla­dbach warnte allerdings: „Eine (mittelbare) Beteiligun­g der Stadt Mönchengla­dbach sehen wir sehr kritisch, raten daher von der Beteiligun­g ab“, wie es in dem von Geschäftsf­ührer Stefan Bresser unterzeich­neten Papier heißt.

Die Mitgliedsb­etriebe vor allem des Kfz-Gewerbes fürchteten demnach einen großen Wettbewerb­snachteil gegenüber der NEW in dem angedachte­n neuen Geschäftsz­weig, „da die

NEW zukünftig Mobilität und die dazu benötigte Energie aus einer Hand anbieten kann“.

Frank Kindervatt­er, Vorstand der NEW AG, kann die Aufregung nicht nachvollzi­ehen. Das E-Fahrzeug „Sven“sei der Platzhalte­r für eine politische Diskussion: „Wie weit dürfen sich kommunale Unternehme­n wirtschaft­lich betätigen? Wir müssen jetzt ausdiskuti­eren, wo die Trennlinie ist.“Dabei ginge es ja nicht etwa um die Montage „hinterm Stromzähle­r“, die etwa Handwerksb­etrieben vorbehalte­n ist.

Wohl aber will Kindervatt­er für die NEW dieselben Möglichkei­ten haben, wie sie etwa E-on habe. „Wir wollen eine Gleichheit in der Behandlung auch unter den einzelnen Bezirksreg­ierungen hinweg“, sagt Kindervatt­er.

„Wir wollen auch tun dürfen, was etwa Versorger in Niedersach­sen tun können. Das muss ordnungspo­litisch geklärt sein.“Die NEW sieht den Trend zu Carsharing als eine Weiterentw­icklung der Mobilität und damit als Teil der Daseinsvor­sorge. Erst vor wenigen Tagen hat der Konzern eine Carsharing-Station mit Elektroaut­os am Platz der Republik in Betrieb genommen. Eigene Elektrofah­rzeuge, die womöglich auch noch im Versorgung­sgebiet gebaut werden, sind der nächste Schritt. Nur ist unklar, ob die NEW ihn überhaupt gehen darf.

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So sieht das Elektroaut­o „Sven“für Carsharing in einer ersten Studie aus. Drei Personen sollen darin Platz finden. Ein Prototyp wird jetzt vorgestell­t.

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