Rheinische Post Viersen

Borussia beweist trotz Remis Gewinnerme­ntalität

- KARSTEN KELLERMANN

Matthias Ginter und Christoph Kramer halten nichts von den im Fußball üblichen Mentalität­sdebatten, das haben sie zuletzt im Interview mit der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“klargestel­lt. Die Einstellun­g der beiden Borussen zu diesem Thema verwundert nicht, gilt doch das Team, in dem sie tätig sind, als eines, das seine Erfolge eher erspielt als erarbeitet oder erkämpft.

Eintracht Frankfurt hingegen, der Gegner vom Sonntag, ist eine Mannschaft, der viel Mentalität nachgesagt wird. In der vergangene­n Saison, als es ein 0:1 und ein 0:2 gegen eben diese Frankfurte­r gab, war das Bild schnell gemalt: Die netten Borussen hatten gegen die harten Jungs verloren. Und alles, was mit „harten Jungs“verbunden wird – kratzen, beißen, rennen, Coolness, Abgezockth­eit, Wehrhaftig­keit – wurde als Begründung angeführt, warum Frankfurt holte, was Borussia gern gehabt hätte: den Pokal, die Teilnahme am internatio­nalen Geschäft.

Mentalität wird immer auch mit Ergebnisse­n verknüpft: Wer gewinnt, hat sie, wer verliert hat sie nicht. Folgt man der Formel konsequent, haben die Borussen in dieser Saison mehr Mentalität als die diesbezügl­ich als vorbildlic­h geltenden Frankfurte­r, schließlic­h haben sie vier Punkte gegen das Team geholt, das in den beiden Spielzeite­n vorher für einige unangenehm­e Erlebnisse gesorgt hatte. Während die Gladbacher das 3:1 im Hinspiel mit einiger Spielkunst ermöglicht haben, war es nun in Frankfurt tatsächlic­h ein Punkt des Willens.

„Wir haben immer an das Tor geglaubt“, versichert­e Denis Zakaria, der schließlic­h traf – mit einem Fernschuss, wie zwei Wochen zuvor Kramer auf Schalke. Distanzsch­üsse sind eine Tor-Art, die dafür steht, etwas zu erzwingen, was auf die feine Art nicht so recht klappen will. Borussia war bis dahin drauf und dran, erstmals in dieser Saison zwei Ligaspiele am Stück zu verlieren, das wäre mental wenig wertvoll gewesen. Darum ist das Remis ein gefühlter

Sieg, der eine Punkt bringt Gladbach mehr als dem Gegner ein, dessen Ansinnen, sich heranzupir­schen, abgebügelt wurde.

Auch mit Blick auf die nächsten Spiele war das 1:1 wichtig. Denn zwei Niederlage­n in Serie mit den auswärtsst­arken Wolfsburge­rn (sechs Siege, zwei Unentschie­den in der Fremde) und den aufstreben­den Bayern vor der Brust, das wäre nicht ohne gewesen. So aber wurde die erste Heimnieder­lage zwar nicht ganz wettgemach­t, aber doch abgemilder­t, einen der drei verlorenen Punkte holte sich Borussia zurück.

So, wie die erste Halbzeit in Frankfurt gelaufen ist, mit der klaren Überlegenh­eit und dem Gegentor zur Unzeit, hätte es früher vermutlich kein Comeback gegeben – wie in der vergangene­n Saison, als Borussia zu wenig effektiv war und die Eintracht am Ende das 2:0 machte. Nun zeigten die Borussen, dass sie gewillt sind, zu verteidige­n, was sie sich erarbeitet haben. Trotzdem bleiben sie, was sie sind: ein spielerisc­hes Team. Doch haben sie jetzt die Fähigkeit entwickelt, auch Spiele wie das in Frankfurt nicht zu verlieren. Das ist auch eine Art von Gewinner-Mentalität. Kramer und Ginter werden dem nicht widersprec­hen.

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