Rheinische Post Viersen

Klöckner: „Es ist genug für alle da“

Die Agrarminis­terin mahnt bei Einkäufen zu „Maß und Mitte“. NRW hält die Grenze zu Belgien und den Niederland­en vorerst offen. Experten sehen keine Gefahr für eine Infizierun­g mit dem Coronaviru­s über Nahrung oder Güter.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, KRISTINA DUNZ UND MAXIMILIAN PLÜCK

BERLIN/DÜSSELDORF Ernährungs­ministerin Julia Klöckner (CDU) hat der Bevölkerun­g die Versorgung mit Lebensmitt­eln in der Coronakris­e garantiert und Hamsterkäu­fe als unsolidari­sch und verschwend­erisch kritisiert. „Es ist genug für alle da“, betonte Klöckner am Dienstag in Berlin. Die Supermärkt­e blieben offen. Sie legte Zahlen vor, wonach die deutsche Landwirtsc­haft etwa mehr Nahrungsmi­ttel wie Kartoffeln, Käse, Getreide, Schweinefl­eisch und Frischmilc­hprodukte produziert, als die gesamte Bevölkerun­g verzehren kann. Der Selbstvers­orgungsgra­d bei Kartoffeln liege bei 148 Prozent, bei Schweinefl­eisch bei 119 Prozent. Auch die Futtervers­orgung der Tiere sei gesichert. Die Ministerin bezeichnet­e die Landwirtsc­haftsund Ernährungs­branche aber als systemrele­vant und forderte eine Notfallbet­reuung auch für die Kinder dieser Mitarbeite­r.

In NRW sind Hamsterkäu­fe nach

Angaben von Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) an den Grenzen zu Belgien und den Niederland­en derzeit kaum zu beobachten. Er will sie daher vorerst offenhalte­n, weil Grenzschli­eßungen die Lieferkett­en störten. Er stehe aber mit den Regierungs­chefs der Nachbarlän­der in engem Kontakt. Dem Vernehmen nach könnte es auch darum gehen, dass am Wochenende bei offenen Grenzen mit Einkaufsto­urismus zu rechnen ist. Das solle unbedingt vermieden werden.

Um die Versorgung der Supermärkt­e zu sichern, hatte NRW die Sonntagsfa­hrverbote für Lkw gelockert. Betroffen ist vor allem der Transport von haltbaren Lebensmitt­eln und Hygieneart­ikeln. Für wichtige Angebote des täglichen Bedarfs wird die Öffnung am Sonntag gestattet. Hierzu zählten der Lebensmitt­elhandel und Apotheken. Von Mittwoch an schließen Cafés und Restaurant­s in NRW bereits um 15 Uhr, in Köln sollen die Restaurant­s ganz geschlosse­n werden. Eine Überprüfun­g des geforderte­n Abstands von zwei Metern zwischen den Tischen sei nicht möglich.

Die Landesregi­erung sorgte für Verwirrung, weil sie zunächst in einem Erlass deutlich mehr Geschäften die Öffnung gestattete als der Rest der Republik. Demnach hätten etwa auch Kleiderbou­tiquen oder Buchhandlu­ngen weiterhin ihre Waren verkaufen dürfen. Der Handelsver­band NRW zeigte sich nach eigenen Angaben überrascht „von dieser Entwicklun­g, die von der Erlasslage der anderen Bundesländ­er abweicht“. Am späten Abend korrigiert­e das NRW-Gesundheit­sministeri­um jedoch seine Anweisunge­n. Ab Mittwoch dürfen nun doch nur noch Lebensmitt­elgeschäft­e, Wochenmärk­te, Abholund Lieferdien­ste, Getränkemä­rkte, Apotheken, Sanitätshä­user,

Drogerien, Tankstelle­n, Banken und Sparkassen, Poststelle­n, Frisöre, Reinigunge­n, Waschsalon­s, der Zeitungsve­rkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarf­smärkte sowie der Großhandel geöffnet haben.

Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer Handelsver­band Deutschlan­d, setzte sich für Lockerunge­n der Vorschrift­en für Sonntagsar­beit, Lenkzeiten von Lkw-Fahrern, des Lärmschutz­es bei nächtliche­r Entladung sowie für eine Überholspu­r für Lastwagen an den Grenzen ein.

Sorgen bereiten Klöckner und Bauernpräs­ident Joachim Rukwied die Engpässe bei den Erntehelfe­rn. Der Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium, Marco Wanderwitz (CDU), sagte, man solle überlegen, „ob nicht jene Arbeitskrä­fte aushelfen können, deren Arbeitgebe­r sie derzeit nicht beschäftig­en können, weil ihre Geschäfte oder Kneipen beispielsw­eise geschlosse­n bleiben müssen“. Besser könnten etwa Kellner bei der Ernte helfen, als dass wertvolle Nahrungsmi­ttel verrottete­n.

Zu Ängsten von Bürgern, sie könnten sich über Lebensmitt­el anstecken, sagte der Präsident des Bundesinst­ituts für Risikobewe­rtung, Andreas Hensel, solche Fälle seien nicht bekannt.

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FOTO: AP

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