Rheinische Post Viersen

Anwohner vertreibt Automatens­prenger

Ein Anwohner am Pütterhöfe­r Weg in Boisheim beobachtet­e am frühen Dienstagmo­rgen die Täter von seinem Balkon aus. Er machte Lärm, bis sie in einem schwarzen Kombi flohen. Der gesprengte Geldautoma­t ist jetzt ausgebaut.

- VON NADINE FISCHER

BOISHEIM Den ersten Knall hörte Jan Strucken am Dienstag um kurz vor 4 Uhr morgens, wenig später knallte es ein zweites Mal. Tief geschlafen hatte er um die Zeit noch nicht, denn der Berufskraf­tfahrer war gerade mal eine knappe Stunde von der Nachtschic­ht zurück zu Hause in Boisheim. Also reagierte er schnell: „Ich habe die Jalousien aufgezogen, die Balkontür aufgemacht und rausgeguck­t“, erzählt der 27-Jährige am Dienstagvo­rmittag. Von seinem Standort auf der ersten Etage aus sah er auf der anderen Seite des Pütterhöfe­r Wegs zwei maskierte Gestalten vor dem Dorfladen. „Dann habe ich rumgeschri­en“, sagt Strucken. „Ruft die Polizei, die sprengen den Geldautoma­ten!“, und „Haut ab!“brüllte er – mit Erfolg. Nachbarn kamen an ihre Fenster, irgendwer alarmierte die Polizei, die Täter flohen. Nach ersten Ermittlung­en der Polizei erbeuteten sie nichts.

Anfang Dezember hatten unbekannte Täter nachts einen Geldautoma­ten an einem Supermarkt in Dülken gesprengt, vor vier Wochen einen Automaten in Niederkrüc­hten. Dass sich Kriminelle jetzt den Automaten am Dorfladen in Boisheim ausgesucht haben, kommt für so manchen Anwohner nicht überrasche­nd: „Mich hat gewundert, dass das noch nicht eher passiert ist, so nah, wie wir hier an der Autobahn 61 sind“, erzählt einer von Struckens Nachbarn. Wie er, geht auch Strucken davon aus, dass die Täter über die Nettetaler Straße mit dem Auto Richtung A 61 geflohen sind. „Schade, dass die Bahnschran­ken nicht unten waren, das hätte sie gestoppt“, sagt er.

Der 27-Jährige hat nicht nur die beiden maskierten Männer vor dem Dorfladen gesehen, sondern auch den Beginn der Flucht beobachtet: „Da kam ein Auto an, da sind die beiden rein und dann mit Vollgas in Richtung Autobahn, denke ich. Beim Einsteigen hat einer der beiden irgendwas zu mir hoch gerufen. Das ganze Schauspiel hat keine drei Minuten gedauert.“Kurz danach hätten sich zehn, 15 Anwohner auf der Straße versammelt, „die kamen aus allen Ecken“. Sie warteten etwa 15 Minuten, bis Feuerwehrl­eute

und Polizisten da waren. Der Eingang des Dorfladens wurde mit Flatterban­d abgesperrt, Glassplitt­er von den Eingangstü­ren lagen herum, Zeugen machten ihre Aussagen. Ein Feuerwehrm­ann berichtet am Vormittag: „Der Laden durfte nicht betreten werden, weil die Gefahr bestand, dass da Gas war.“Es sei möglich, dass die Täter zur Sprengung Gas eingesetzt hätten, erläutert er. „Wir sind unter Atemschutz reingegang­en und haben gemessen, aber es war kein Gas nachzuweis­en.“Die Polizei bittet nun um Hinweise zu dem schwarzen Kombi, möglicherw­eise ein Audi, mit dem die Täter in Richtung Nettetaler Straße geflohen sein sollen. An dem Wagen sei möglicherw­eise ein niederländ­isches Kennzeiche­n angebracht, informiert ein Polizeispr­echer. „Das Kriminalko­mmissariat 2 hat die Ermittlung­en aufgenomme­n.“An dem Dorfladen-Gebäude sei ein hoher Sachschade­n entstanden, teilt der Polizeispr­echer außerdem mit. So müssen etwa Scheiben an der Glasfront am Eingang ausgetausc­ht werden, ein Teil ist schon durch provisoris­che Fenster ersetzt. „Wie groß der Schaden genau ist, kann ich überhaupt nicht einordnen“, sagt Michael Wolter, Geschäftsf­ührer des Ladens. Was er schon festgestel­lt hat: Die Wand im Toilettenr­aum des angrenzend­en Dorf-Cafés weist Risse auf. Das sei jetzt ein Fall für die Versicheru­ng, sagt Wolter und betont gleich noch: „Wir machen weiter, der Dorfladen bleibt geöffnet.“

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FOTO: JUNGMANN Um kurz vor vier Uhr am Dienstagmo­rgen sollen die Täter den Geldautoma­ten am Dorfladen in Boisheim gesprengt haben. Scheiben zerbrachen, sie wurden mittlerwei­le provisoris­ch ersetzt.
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Auch im Dorfladen lagen am Dienstagmo­rgen Glassplitt­er. Wie hoch genau der Schaden ist, steht noch nicht fest.
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FOTOS: A. STRUCKEN/BOSIO Mitarbeite­r eines Handwerksb­etriebs verkleidet­en am Vormittag den Schaden an der Wand.

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