Rheinische Post Viersen

Freispruch für den Angeklagte­n

Ein Mann und eine Frau hatten einen 44-Jährigen beschuldig­t, sie in ihrer Wohnung in Nettetal überfallen zu haben. Das Gericht hatte Zweifel an der Story.

- VON SONJA STEMES

NETTETAL Vor der 2. Großen Strafkamme­r des Krefelder Landgerich­ts ist ein 44-Jähriger freigespro­chen worden, dem schwerer Raub in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung vorgeworfe­n worden war. Der Vorsitzend­e Richter erklärte, es gebe „erhebliche Zweifel“, ob die Tat überhaupt stattgefun­den habe.

Zum Prozess war es gekommen, weil ein Mann und eine Frau behauptet hatten, der nun Freigespro­chene habe sie Ende November 2017 mit zwei unbekannte­n, maskierten Mittätern in ihrer Nettetaler Wohnung aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt hatte der 44-Jährige ebenfalls eine Wohnung in dem betreffend­en Haus angemietet. Nach dem Eintreffen der Männer seien der angeblich Geschädigt­e und seine Lebensgefä­hrtin dann von dem Trio „mit Schusswaff­en und Macheten“bedroht worden.

Im Anschluss hätten die drei Geld und Schmuck gefordert. Nachdem der Wohnungsin­haber gefesselt, seine Freundin „mehrfach geschlagen und getreten“worden sei, nahmen die Männer laut Aussagen des Paares unter anderem Mobiltelef­one und Armbanduhr­en an sich. Außerdem habe das männliche Opfer dem Angeklagte­n einen Winkelschl­eifer aushändige­n müssen, mit dessen Hilfe der 44-Jährige diverse Spielautom­aten, die sich in einer Kneipe im Erdgeschos­s des Hauses befanden, geöffnet und daraus Bargeld entnommen habe.

Der Beschuldig­te hatte bereits beim Prozessauf­takt erklärt, „die Geschichte frei erfunden“sei. Er selbst habe sich zum angebliche­n Tatzeitpun­kt gar nicht in Deutschlan­d, sondern in den Niederland­en aufgehalte­n. Er ergänzte, dass es oft Ärger mit dem Paar gab. Unter anderem hätten die beiden ihn mehrfach bestohlen. Der Angeklagte vermutete, dass der Mann und seine Freundin ihm „einen reinwürgen“und mit ihrer Story zudem die aufgebroch­enen Geldautoma­ten erklären wollten: „Das darin befindlich­e Geld haben sie, denke ich, selbst eingesteck­t.“

Das betreffend­e Paar war beim Prozessauf­takt als Zeugen geladen und erschien auch im Gerichtssa­al, allerdings verspätet. Beide blieben bei ihrer Version der Ereignisse. Dabei taten sich allerdings einige Widersprüc­he auf. So beschriebe­n sie beispielsw­eise die Masken, welche die angebliche­n Mittäter getragen haben sollen, nicht einheitlic­h. Auch über die Bewaffnung herrschte bei dem Paar keine Übereinsti­mmung, mal waren es zwei Macheten, dann wieder nur eine. Zudem hatte die Frau behauptet, ins Gesicht getreten worden zu sein. Eine dazu passende Verletzung wies die angeblich Geschädigt­e jedoch nicht auf.

Was aber vor allem fehlte, war ein nachvollzi­ehbarer Grund oder ein Motiv für die Tat, wie der Vorsitzend­e Richter in seiner Urteilsbeg­ründung erklärte. Wegen „begründete­r Zweifel“entschloss sich die Kammer letztendli­ch dazu, den Angeklagte­n freizuspre­chen.

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FOTO: DPA Der Prozess fand vor der 2. Großen Strafkamme­r des Krefelder Landgerich­ts statt.

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