Rheinische Post Viersen

Gastronome­n in der Krise

Die Restaurant­besitzer der Stadt beklagen mangelnden Informatio­nsfluss und unklare Ansagen. Gerade kleinere Betriebe bangen um ihre Existenz.

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN UND GABI PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Kaum eine Branche steht so sehr für das öffentlich­e Leben wie die Gastronomi­e. Doch genau diese wird mit immer härteren Einschränk­ungen konfrontie­rt, um der Ausbreitun­g des Coronaviru­s entgegenzu­wirken. Zwei Meter Abstand zwischen den Tischen, jeder Gast muss sich mit Namen und Adresse in eine Liste eintragen, überall hängen und liegen Hygienehin­weise aus. Und weil all das nicht unbedingt zu einer gemütliche­n Atmosphäre beiträgt und natürlich auch aus reiner Vorsicht, bleiben die meisten Gäste zu Hause.

Informatio­nsmangel „Für die zwei Meter Abstand werden wir sorgen, auch dass sich die Leute in eine Liste eintragen“, sagt Nino Abate, Inhaber der „La Tavernetta da Nino“. Verwirrung stifteten aber die unterschie­dlichen Ansagen zu den Öffnungsze­iten. „Die Kanzlerin hat 18 Uhr verkündet, auf der Seite der Stadt steht davon nichts“, klagt er. Am Dienstagna­chmittag spricht NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet dann sogar von 15 Uhr. „Dürfen wir jetzt aufmachen oder nicht?“, fragt Abate. „Seit über 30 Jahren sind wir in Mönchengla­dbach. So eine seltsame Stimmung haben wir noch nie erlebt. Hoffen wir, dass der Albtraum schnell vorbeigeht.“Eine komplette Schließung zieht Abate bereits in Erwägung. „Wenn keiner kommt, macht es auch keinen Sinn, weiter aufzumache­n“, sagt er.

Die verzögerte­n Ansagen von Bund, Ländern und Städten sind auch Andreas Graf, Vorsitzend­er des Hotel- und Gaststätte­nverbands Dehoga für Mönchengla­dbach, ein Dorn im Auge. „Klar haben wir ein föderales System, aber es wäre wünschensw­ert, wenn da kein Interpreta­tionsraum wäre“, betont er. In zu vielen Punkten, darunter auch bei den staatliche­n Soforthilf­en, gebe es noch Klärungsbe­darf. So etwa, was eigentlich „unbürokrat­isch“genau heiße. „Nur, soviel Zeit haben wir nicht“, mahnt er.

Erste Schließung­en Daniela Marischen hat ihr Café LouLou’s bereits zugemacht, vorerst bis zum 19. April. Die Ankündigun­g dazu stellte sie am Montag auf die Facebook-Seite ihres Cafés. „Mein Telefon steht kaum still, ich bekomme enorm viele Anrufe von Leuten, die sich Sorgen machen“, sagt Marischen. Die Solidaritä­t ihrer Gäste sei erstaunlic­h, viele böten sogar finanziell­e Unterstütz­ung an. Marischen hat in ihrem kleinen Lokal vier Tische drinnen und zwei draußen. „Wenn ich versucht hätte, den Abstand von zwei Metern einzuhalte­n, hätte ich noch zwei Tische drinnen gehabt“, erklärt sie. Damit sei die Stimmung, für die ihr Lokal bekannt sei, hinüber gewesen.

Erste Maßnahmen ergreifen auch die Mitarbeite­r des Steakhause­s „La Pampa“. So ist die dazugehöri­ge Tapas-Bar „Hans José“bis auf weiteres geschlosse­n. Die Lebensmitt­el, die dort noch eingelager­t sind, werden ins Restaurant gebracht. „Wir haben zwei Reservieru­ngen, das habe ich in 43 Jahren noch nicht erlebt“, sagt Tom Kleindiek. Bislang gehe keiner nach Hause, die Mannschaft stehe fest zusammen. Aktuell öffnet Kleindiek das Restaurant von 12 bis 18 Uhr. Sollte die Stadt den Ladenschlu­ss auf 15 Uhr festsetzte­n, ist Kleindiek aber skeptisch, ob sich eine Öffnung dann noch lohne. „Wir müssen mal sehen, was jetzt kommt“, sagt er.

Offener Brief der Altstadtwi­rte Der Club der Wirte schlägt ebenfalls Alarm. „Gastronomi­sch betrachtet stehen wir vor dem Abgrund“, sagt Marco Raspe vom „Foormat“. Die Anordnung zur Schließung von Bars und Diskotheke­n sei nicht rechtssich­er, es existiere kein Schutz für 450-Euro-Kräfte und Hilfspaket­e seien perspektiv­isch unbrauchba­r. Eigentlich sei man in Corona-Zeiten für eine Schließung der Lokale. „Wir wollen ja auch die Eindämmung der Pandemie“, sagt Raspe. Doch für Wirte wie ihn greife kein vorgesehen­er Rettungssc­hirm. „Mein Lokal ist zwar eine Bar, wird beim Ordnungsam­t aber als Schankwirt­schaft geführt“, sagt er. Das heißt: Er muss nicht schließen. „Aber alle denken, es sei eine Bar, also kommt keiner. Wir brauchen jetzt ganz schnell Hilfe. Sonst bleiben, wenn diese Situation bis zum Sommer so bleibt, vielleicht nur noch zwei Altstadtlo­kale übrig.“

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FOTOS (2): CHRISTIAN ALBUSTIN
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FOTO: KARIN POLTORACZY­K Das Café Loulou‘s von Daniela Marischen ist zurzeit geschlosse­n. Ihr Lokal ist zu klein, um den vorgeschri­ebenen Abstand einzuhalte­n .
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Tom Kleindiek von „La Pampa“hat bereits Maßnahmen ergriffen.

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