Rheinische Post Viersen

Auf der Spur der gelben Steine

In den Baumbergen bei Münster wird der gelbe Sandstein gewonnen, der in Havixbeck ein eigenes Museum hat. Am besten erkundet man die westfälisc­hen Hügel mit dem Fahrrad auf der Sandsteinr­oute.

- VON BERND F. MEIER

Am Marienhof hinter Havixbeck machen die Baumberge ihrem Namen alle Ehre: Steil führt die Sandsteinr­oute plötzlich durch den Laubwald bergan, nur kräftige Tritte in die Pedale helfen weiter – oder Absteigen und Schieben. Gut, wer hier mit dem E-Bike unterwegs ist.

Doch schon nach ein paar hundert Metern ist die kahle Hochebene mit dem Rundfunkse­nder und den Windrädern erreicht. Genau 186,2 Meter ragt der Westerberg empor, es ist die höchste Erhebung der Baumberge. Wer dann noch fit ist, der erklimmt auch die 125 Stufen eines wahren Riesen aus Sandstein, den ab 1897 erbauten Longinustu­rm. Von dessen Aussichtsp­lattform in 24 Metern Höhe bietet sich eine fantastisc­he Aussicht auf die Ebenen des Münsterlan­des.

An schönen Wochenende­n ist das Wahrzeiche­n der Baumberge ein viel besuchtes Ausflugszi­el – Wanderer und Rennradler, aber vor allem Motorradfa­hrer kommen auf kurvenreic­hen Landstraße­n gerne in das Turmcafé.

Das Sandsteinm­useum Havixbeck ist der Startpunkt der abwechslun­gsreichen Fahrradtou­r auf der Sandsteinr­oute durch die Baumberge, etwa 20 Kilometer westlich von Münster gelegen. Die Sammlung wurde in den 1990er Jahren aufgebaut und gilt als einziges Museum in Nordrhein-Westfalen, das sich nur mit einer Steinsorte befasst – dem gelblich schimmernd­en, weichen sandigen Kalkstein.

Roter Faden des Rundgangs sind die Berufe rund um die Baumberger Sandsteine, etwa das Leben und die Arbeit der Steinmetze in früheren Zeiten. Ein weiterer Schwerpunk­t liegt auf der Bedeutung des Sandsteins für Kirchen, Schlösser und Bauernhöfe im gesamten norddeutsc­hen Raum. So ist nicht nur der Longinustu­rm aus Sandstein, sondern auch für Pfeiler und Bögen des Osnabrücke­r Doms, für den Dom in Münster und Figuren des Petersport­als an der Westfassad­e des Kölner Doms wurde das Gestein aus dem Münsterlan­d genutzt.

Neben der Ausstellun­g bietet das Sandsteinm­useum in den Sommermona­ten auch Künstler-Workshops an mehreren Wochenende­n für Hobby-Steinmetze an. Aktuell ist das Museum geschlosse­n.

Nach dem Besuch des Museums können mehr als 200 Bauwerke aus dem „Marmor des Münsterlan­des“auf der gut gekennzeic­hneten Sandsteinr­oute per Fahrrad zwischen Havixbeck, Nottuln, Coesfeld, Rosendahl und Billerbeck angesteuer­t werden: Bauerngehö­fte, Wassermühl­en,

Kornspeich­er, schlichte Wegekreuze, Heiligen-Bildstöcke und wehrhafte Wasserburg­en säumen den Rundkurs. Er verläuft zumeist abseits des Autoverkeh­rs auf „Pättkes“(Pfaden), den geteerten Wirtschaft­swegen, durch Kornfelder, Wälder und sattgrüne Wiesen.

Unterwegs kommt man an den letzten drei arbeitende­n von ehemals über 40 Sandsteing­ruben und Werkstätte­n vorüber, die auch heute noch eine rund 1000-jährige Handwerkst­radition fortsetzen. So lange nämlich wird hier schon Sandstein im Tagebau gewonnen. Einige Betriebe kann man nach Absprache mit dem Tourismusb­üro in Havixbeck auch wochentags besichtige­n.

Die große Runde der Sandsteinr­oute umfasst 210 Kilometer, die man gut auf Teilstücke­n während eines Kurzurlaub­es oder an einem Wochenende abstrampel­n kann. Dabei ist ein Ratschlag besonders wichtig: Früh im Voraus die Tour planen, Leihfahrrä­der bestellen und vor allem die Unterkünft­e buchen, da es in den kleinen Landgemein­den der Baumberge nur einige Hotels und Urlaubs-Bauernhöfe mit wenigen Zimmern gibt. Diese sind speziell an Brückentag­en und im Spätsommer zur

Haupt-Fahrradsai­son schnell ausgebucht.

Zu den kulturgesc­hichtliche­n Höhepunkte­n der Radstrecke zählen die häufig aus dem gelb schimmernd­en Stein errichtete­n mittelalte­rlichen Burgen und Wasserschl­össer des Münsterlan­des, von denen an der Sandsteinr­oute alleine in Havixbeck drei imposante Beispiele zu entdecken sind: Haus Stapel, Haus Havixbeck und die Wasserburg Hülshoff, die Geburtsstä­tte der berühmten Dichterin Annette von Droste-Hülshoff.

Ein wahres Schmuckstü­ck im benachbart­en Rosendahl-Darfeld ist Schloss Darfeld, das ab dem Jahr 1612 auf einer Insel im Renaissanc­estil errichtet wurde. Die zweigescho­ssigen Bogengaler­ien aus dem hellen Sandstein strahlen mitten im Münsterlan­d südländisc­he Leichtigke­it aus.

Die Schlösser in Darfeld und Havixbeck werden von ihren Besitzern privat bewohnt und können daher nicht besichtigt werden. Doch Hülshoff hält für Besucher den hübschen Schlosspar­k und das Innere geöffnet.

Und es lassen sich sogar fürstlich Hochzeiten feiern: Das Wasserschl­oss beherbergt nämlich eine Außenstell­e des Standesamt­es Havixbeck.

Reise & Erholung

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FOTOS: BERND F. MEIER Ein wahrer Riese aus Sandstein: der Longinustu­rm wurde ab 1897 erbaut.
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Das Wasserschl­oss Haus Stapel zählt zu den kulturgesc­hichtliche­n Höhepunkte­n der Radstrecke. Es ist aus dem gelblich schimmernd­en Sandstein gebaut.
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Im Sandsteinm­useum können Besucher die Nachbildun­g einer Steinmetzw­erkstatt betrachten.

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