NRW erwägt spätere Abiturprüfungen
Die Kultusministerkonferenz schließt selbst einen Ausfall des Abiturs nicht mehr aus. Notbetreuung in Schulen und Kitas wird in NRW kaum nachgefragt. Bundesarbeitsminister Heil verspricht Hilfen für Eltern mit Lohneinbußen.
DÜSSELDORF Eine Verschiebung der Abiturprüfungen wegen der Corona-Krise wird in NRW wahrscheinlicher. „Das Schulministerium ist auf verschiedene Szenarien vorbereitet, auch auf eine etwaige Verschiebung der Abiturprüfungen“, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in Düsseldorf. NRW habe vergleichbare Planungen wie Bayern in der Schublade. Ziel sei es aber, ein deutschlandweites Zentralabitur zu sichern und zu stärken.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) Stefanie Hubig (SPD) hält sogar einen Ausfall von Abiturprüfungen für möglich. „Wir hoffen, dass die ursprünglich geplanten Termine gehalten werden können. Trotzdem bereiten wir uns auf eine mögliche Verschiebung oder sogar den Ausfall von schriftlichen oder mündlichen Prüfungen vor“, sagte sie am Mittwoch. Eine möglichst einheitliche Regelung sei jetzt, nachdem einzelne Länder „vorgeprescht“seien, leider nicht mehr möglich, sagte Hubig. Angestrebt sei nun, dass sich Länder in Gruppen zusammenschließen und die Prüfungen jeweils an gemeinsamen Terminen schreiben.
Bayern hatte am Mittwoch verkündet, den Beginn der Abiturprüfungen vom 30. April auf den 20. Mai 2020 zu verschieben. Wegen der Einstellung des Unterrichts bis nach den Osterferien hätten die Schüler sonst nicht genügend Vorbereitungszeit. Auch andere Bundesländer kündigten dies bereits an. Bisher hatte die NRW-Schulministerin eine Verschiebung nicht für erforderlich gehalten, weil es genug Nachschreibetermine gebe.
Einer Blitzumfrage der Landesregierung zufolge brauchen wegen der Schul- und Kitaschließungen nur wenige Schüler eine Not-Betreuung. Landesweit müssten durchschnittlich nur drei bis vier Prozent der Grundschüler in eine Notgruppe wechseln. An manchen Schulen liege die Quote bei zehn Prozent, aber es gebe auch Schulen, die gar keine Betreuungsplätze anbieten müssten. Eine ähnliche Situation
zeige sich in den Kitas, ergänzte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP).
Ziel der Schließungen ist es, die Verbreitung des Coronavirus zu stoppen, aber gleichzeitig zu verhindern, dass Eltern dann zur Betreuung der Kinder ihre Arbeitsplätze verlassen müssen. Für Eltern, die in Schlüsselpositionen arbeiten, etwa im medizinischen Bereich, wurden in den Kitas und Schulen Notgruppen eingerichtet.
„Ich gehe davon aus, dass die Kinder jetzt überwiegend zu Hause betreut werden“, sagte Stamp. Viele Arbeitgeber kämen ihren Beschäftigten entgegen, indem sie ihnen Arbeit im Homeoffice ermöglichten. Es gebe aber auch Fälle, in denen Firmen Kita-Gruppen im Betrieb gründeten und zur Betreuung Studierende anheuerten. „Das ist unverantwortlich“, so Stamp. Hierdurch entstünden neue Infektionsketten, weil völlig fremde Kinder miteinander in Kontakt kämen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Eltern eine intensivere Unterstützung wegen der Belastungen
durch die Corona-Pandemie in Aussicht gestellt. Nötig sei, „unverhältnismäßige Lohneinbrüche“bei fehlender Kinderbetreuung auszuschließen, sagte Heil nach einem Treffen mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie Arbeitgebern und Gewerkschaften. Schon kommenden Montag soll dazu ein Gesetzentwurf beschlossen werden, der dem Bundestag zur Beratung zugeleitet werde. Die Arbeitgeber bekämen einen großen Teil der Lohnfortzahlung vom Staat zurück.
Heil stellte ausdrücklich klar, dass ein solches Hilfsprogramm nicht für jene Berufsgruppen gelte, für deren Kinder bereits eine Notfallbetreuung organisiert werde, etwa für Ärzte, Krankenpfleger, Feuerwehrleute, Rettungssanitäter. Auch die Empfänger von Kurzarbeitergeld erhielten diese nun angedachten Unterstützungen nicht, die für Eltern gedacht seien, die ihre Kinder wegen geschlossener Schulen und Kitas selbst betreuen müssten. Heil betonte, dass die Corona-Pandemie eine größere Herausforderung sei als die Finanzmarktkrise 2008/2009.