Hängepartie für geplantes Bürgerbegehren
Die Initiatoren des geplanten Bürgerbegehrens zur Werner-Jaeger-Halle sollen bis Ende April Unterschriften von Unterstützern vorlegen. Die Corona-Pandemie macht das unmöglich. Jetzt soll die Landesregierung klären.
NETTETAL Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Stoppt Steuerverschwendung: WJH abreißen“haben sich an das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung in Düsseldorf gewandt. Wie geht es in Zeiten einer Pandemie mit den gesetzlichen Bestimmungen zu einem Bürgerbegehren weiter? In der Stadt Minden, in der ein Bürgerbegehren gegen versenkbare Innenstadt-Poller anhängig ist, ging man den Weg zum Städtetag. In Nettetal fragte man beim Ministerium an. Der Eingang wurde bestätigt, aber eine Anwort liegt der Stadt bisher nicht vor. „Alles ist in der Schwebe“, sagt Manfred Meyer, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Franz-Heinrich Harmes bekam die Rückmeldung aus dem Ministerium, dass es „noch etwas dauern“werde.
In einer Pressemitteilung kritisieren die Initiatoren das Vorgehen von Bürgermeister Christian Wagner (CDU). Der Bürgermeister hätte die Kostenschätzung in der jetzigen Situation entweder weiter zurückhalten können oder sich mit den Initiatoren frühzeitig vor der Zustellung über eine geeignete Lösung unterhalten müssen. „Nach Zustellung der Kostenschätzung waren wir erst mal geschockt“, so Franz-Heinrich Harmes. Roswitha Karallus vom Büro des Bürgermeisters betont, die Kontaktsperre im Zeichen der Corona-Pandemie sei noch nicht absehbar gewesen, als die mehrmals angemahnte Kostenschätzung zugesandt wurde.
Aber auch inhaltlich setzten sich die drei Initatoren für ein Bürgerbegehren kritisch mit der Kostenschätzung der Stadtverwaltung vom 12. März, eingegangen am 14. März, auseinander. Das Rathaus rechnet vor, dass durch einen Abriss Kosten in Höhe von über 2,65 Millionen Euro entstünden. Bereits vergütete Leistungen und vergebliche Aufwendungen machen 106.109,19 Euro aus, Vergütungsansprüche und Entschädigungen werden mit 391.581,91 Euro berechnet. Die eigentlichen Abrisskosten werden auf 1,5 Millionen Euro geschätzt, ebenso die Verfüllung der Kellerräume mit 78.020,80 Euro. Der Verlust des Restbuchwertes für die Werner-Jaeger-Halle wird mit 580.233,92 Euro beziffert. So summiert sich die Kostenschätzung auf 2,65 Millionen Euro.
Für das Bürgerbegehren „Stoppt die Steuerverschwendung“erscheinen die Abrisskosten von 1,5 Millionen
Euro zu hoch. Nach dem Gutachten von Partnerschaft Deutschland aus dem Jahr 2017 betragen die Abrisskosten 400.000 Euro. Wenn man eine zehnprozentige Baukostensteigerung pro Jahr berücksichtige, komme man auf eine Summe von 532.400 Euro, also 976.600 Euro weniger, als von der Verwaltung geschätzt. Auch den aktuellen Buchwert der Halle setzen die Initiatoren weit niedriger an. Nach zwei Monaten Entkernung könne man mindestens von einer hälftigen Sonderabschreibung ausgehen, also 290.116,96 statt 580.233,92 Euro.
Für die Sanierung der Werner-Jaeger-Halle hat die Verwaltung in der Ratsvorlage 2310/2014-20 insgesamt
11,5 Millionen Euro netto geschätzt. Wenn man die darin enthaltenen Kosten für die Schadstoffsanierung in Höhe von 1,008 Millionen Euro abzieht, da sie für die Sanierung wie für den Abriss anfielen, verlieben Sanierungskosen von 10,5 Millionen Euro netto, inklusive Mehrwertsteuer 12,4 Millionen Euro. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens ziehen davon ihre korrigierten Abrisskosten ab und kommen auf ein Einsparpotenzial von 11,098 Millionen Euro, wenn die Sanierung der Halle nicht realisiert werde.
Wenn es die Halle nicht mehr gäbe, entfielen auch die Folgekosten. Im Haushalt stünden 633.496,70 Euro für 2020, 486.227,82 für 2021 und 346.111,29 für 2023. Das ergebe eine Summe von 1,811.073,79 Euro. Um einen Zehn-Jahreszeitraum zu kalkulieren, wird der 2023-Betrag fortgeschrieben. So kommen die Initiatoren auf insgesamt 3,88 Millionen Euro an Einsparung. Die Kosten der Sanierung minus Abrisskosten plus Folgekosten zusammengesehen, lässt die Initiatoren auf eine Gesamtsumme von 14,985 Millionen Euro kommen, Sie schreiben: „Es ergeben sich also eingesparte Steuergelder von rund 15 Millionen Euro. Dieser Betrag ist ein Mindestbetrag, da Baukostensteigerungen nicht berücksichtigt worden sind.“
Außerdem bestehe in Nettetal weiterhin eine öffentliche Spielstätte für Sprechtheater, nämlich die Aula der Realschule in Kaldenkirchen mit einer Kapazität von bis zu 260 Besuchern. Die Stadt hat in der Kostenschätzung darauf hingewiesen, dass nach einem Abriss der Stadt keine Spielstätte mehr zur Verfügung stehe. Dass das Gymnasium nach dem Abriss der Halle keine Schulaula mehr hätte, darauf gehen die Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht ein. In Zeiten der Corona-Krise sagen sie, das Geld in Höhe von 15 Millionen Euro werde an anderer Stelle in und für Nettetals Bürgerschaft dringend benötigt.