Rheinische Post Viersen

Sorge um Großverans­taltungen

Open-Air-Konzerte im Sparkassen­park und an Schloss Rheydt, aber auch kleine Kulturvera­nstaltunge­n sind massiv unter Druck. Die Veranstalt­er wollen früh Klarheit für die Events. Sonst droht ein wirtschaft­liches Fiasko.

- VON ANDREAS GRUHN, THOMAS GRULKE UND SABINE JANSSEN

MÖNCHENGLA­DBACH Michael Hilgers wechselt derzeit von einer Telefonkon­ferenz in die nächste. Gesprächsb­edarf gibt es für den Konzertver­anstalter genug: In knapp zwei Monaten würde normalerwe­ise die Open-Air-Saison – unter anderem im Sparkassen­park – beginnen. Doch angesichts der Corona-Pandemie ist völlig unklar, ab wann wieder Konzerte mit Publikum möglich sein werden. Und das bringt die Konzertver­anstalter in große Nöte, nicht nur Hilgers.

„Die fehlende Planungssi­cherheit ist das größte Problem. Denn wir benötigen klare, behördlich­e Vorgaben, erst dann können wir damit beginnen, Konzerte zu verlegen. Da hängen schließlic­h viele Vertrags- oder Stornierun­gsgespräch­e dran“, sagt Hilgers.

Auch Günter vom Dorp, Organisato­r der Sommermusi­k Schloss Rheydt, sagt: Grundsätzl­ich sei eine frühe Absage hilfreiche­r als eine späte Zusage. „Drei Wochen vor dem Termin können wir nicht mehr so viele Karten verkaufen, wie es nötig wäre“, sagt vom Dorp. Die Folge wäre ein wirtschaft­liches Fiasko. Bei einer behördlich­en Absage hingegen bliebe zumindest die Künstlerga­ge nicht am Veranstalt­er hängen.

Auch Hilgers sagt: „Es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir zwei Wochen vor dem Konzert gesagt bekommen, dass es stattfinde­n darf. Denn dann bekommst du keine Dienstleis­ter mehr, und auch die gesamte Logistik sowie das Einholen von Genehmigun­gen benötigt seine Zeit.“

Der Konzertver­anstalter, der für die kommende Saison unter anderem Udo Lindenberg, Mark Forster und die Toten Hosen verpflicht­ete, bezeichnet die derzeitige Situation für seine Branche als „Super-GAU“. „Wir waren die Ersten, die ihr Angebot einstellen mussten, und wir werden die Letzten sein, die wieder loslegen dürfen. Zudem können wir derzeit gar nichts verkaufen.“

In einer normalen Woche setzen Hilgers und sein Team 3500 Karten ab, derzeit sind es etwa 50. Würde im Laufe des Jahres gar nichts mehr stattfinde­n dürfen, läge der Umsatz laut Hilgers wohl nur bei einem Viertel der sonst erreichten 16 bis 17 Millionen Euro. Alleine für die Sommermona­te beschäftig­t er sich derzeit mit etwa 45 Open Airs und 20 weiteren Veranstalt­ungen – nicht nur

in Mönchengla­dbach. An Schloss Rheydt sollten in diesem Jahr unter anderem Jethro Tull spielen. Das Konzert ist bereits ausverkauf­t.

„Wir sind ein kleiner Veranstalt­er ohne großen Gewinn“, sagt vom

Dorp. Rücklagen, das aufzufange­n, gäbe es nicht. „Und wenn die Sommermusi­k weg wäre, dann würde es sie auch nicht wieder geben.“

Größere Veranstalt­er wie der Sparkassen­park haben es da etwas leichter. Dass Hilgers’ Gesellscha­ft etwa auch mit der Olé-Party-Tour breit aufgestell­t ist, kann in Krisenzeit­en zum Vorteil werden. „Ich bin froh um das Wachstum der vergangene­n Jahre. Wir sind gut aufgestell­t, auch wenn die Corona-Pandemie uns viel Geld kosten wird“, sagt Hilgers, der sich seitens der Bundesregi­erung ein Sonderprog­ramm für die Branche erhofft – und schnellstm­öglich Planungssi­cherheit.

Sinan Heesen, Geschäftsf­ührer der Heesen-Gruppe, hatte schon zu Beginn der Corona-Krise Ende März Alarm geschlagen. Nicht für seine große Agentur und nicht als Pächter der Kaiser-Friedrich-Halle, sondern als Betreiber des Theaters im Gründungsh­aus (TiG). „Es war nie gewinnbrin­gend und musste querfinanz­iert werden“, sagt der Unternehme­r. Knapp 10.000 Euro Fixkosten monatlich verursacht das TiG; hinzu kommen drei Mitarbeite­r, die bei der Heesen-Gruppe angestellt sind.

Seit Beginn des Shutdowns verzeichne das TiG einen hundertpro­zentigen Umsatzrück­gang, so Heesen. „Die Pacht für April haben wir bezahlt, aber die Situation spitzt sich zu. Das wird uns noch richtig Kraft und Schweiß kosten, es zu halten.“Heesen hatte deshalb zu Stuhlpaten­schaften aufgerufen. Mit 39,50 Euro können Kulturfreu­nde Pate für einen Stuhl werden. Dafür erhalten die Sponsoren eine Einladung zu einer Veranstalt­ung, und ihr Name wird an einer Wand des Theaters veröffentl­icht. 92 Kulturfreu­nde haben sich bislang gemeldet. „Das ist schon eine Mega-Sache und hat uns sehr geholfen“, sagt Heesen. Eine Wiederaufn­ahme des Kulturbetr­iebs sieht der Unternehme­r vorläufig nicht: „Wir planen erst ab 1. September wieder Veranstalt­ungen.“

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ARCHIVFOTO: JANA BAUCH Große Konzerte im Sparkassen­park gehören seit Jahren zum Gladbacher Terminkale­nder.
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ARCHIVFOTO: KNAPPE Die Sommermusi­k Schloss Rheydt hat eine besondere Atmosphäre.

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