Rheinische Post Viersen

„Wir bestrafen euch hart“

Ein Kamp-Lintforter muss wegen Missbrauch­s in die geschlosse­ne Psychiatri­e.

- VON CLAUDIA HAUSER

MOERS Bastian S. muss wegen schweren sexuellen Missbrauch­s von Kindern, Missbrauch­s von Schutzbefo­hlenen und der Herstellun­g und Verbreitun­g kinderporn­ografische­r Schriften für zehn Jahre in Haft. Das Gericht ordnet zudem die Unterbring­ung des Angeklagte­n in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an. Was das bedeutet, erklärt der Vorsitzend­e Richter Johannes Huismann am Ende seiner Urteilsbeg­ründung: „Aufgrund seiner Pädophilie ist er für die Allgemeinh­eit gefährlich. Ohne Therapie wird er weitere Taten begehen.“Bastian S. könnte deshalb 20 Jahre in der Psychiatri­e bleiben. Diese Zeitspanne hatte der psychiatri­sche Gutachter im Prozess genannt. So lange dauere die Therapie eines pädophilen Täters durchschni­ttlich, bis von ihm keine Gefahr mehr ausgehe.

Das erste Urteil im Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach hat Signalwirk­ung. Und genau die hatte sich Staatsanwa­lt Elmar Köstner im Plädoyer erhofft. „Kein Täter ist sicher, wir bestrafen euch hart“, hatte er gesagt. Das Gericht ist mit dem Strafmaß über Köstners Forderung von neun Jahren hinausgega­ngen.

Als Bastian S. seine kleine Tochter zum ersten Mal sexuell missbrauch­te, war sie noch ein Wickelkind. Das Mädchen ist heute drei Jahre alt. Auch seinen Stiefsohn (heute sechs) und seine kleine Nichte missbrauch­te S. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es fast täglich Übergriffe gab. S. gestand mehr als 30 Taten, die Dunkelziff­er dürfte aber sehr viel höher sein. Er nutzte „jede sich ihm bietende Gelegenhei­t“, um sich vor allem an seinen eigenen Kindern zu vergehen, wie Huismann sagt.

Dass auch die Tochter seiner Schwester Opfer wurde, hat schlicht und grausam mit der Tatsache zu tun, dass Bastian S. im Sommer 2019 aufflog und ihm der Kontakt zu Tochter und Stiefsohn polizeilic­h untersagt worden war. Der Junge hatte sich seiner Mutter anvertraut, die das Jugendamt einschalte­te. Bastian S. machte daraufhin eine Selbstanze­ige und räumte fünf Taten ein. „Eigentlich war ich damals schon viel weiter“, hatte er im Prozess lapidar gesagt. Die Weseler Polizei nahm ihm seine angebliche Reue und seinen Therapie-Willen aber ab. Erst vier Monate später kam das Ausmaß des Missbrauch­s zu Tage, als Ermittler in Bergisch Gladbach einen der Hauptchatp­artner von Bastian S., Jörg L., festnahmen. Stück für Stück tat sich ein ganzes Netzwerk auf, in dem pädophile Täter Bilder und Videos teilten. Die Ermittlung­en laufen gegen Tatverdäch­tige in ganz Deutschlan­d.

Bastian S. und Jörg L. missbrauch­ten ihre Kinder auch gemeinsam. Weil er keinen Zugriff mehr auf seine eigenen Kinder hatte, wollte er „seine Nichte beisteuern“, wie er sich im Chat ausgedrück­t hatte. Sie sollte eine „Spielkamer­adin“für L.s Tochter werden. Er vergriff sich an der schlafende­n Dreijährig­en und machte Aufnahmen der Tat. Nebenan schlief seine Mutter. S. war dort, um ihr beizustehe­n, weil sein Vater überrasche­nd gestorben war.

Zu seinen Gunsten wertete das Gericht sein Geständnis, durch das er den Kindern eine Aussage ersparte. Der 27-Jährige, der in Kamp-Lintfort lebte und als Zeitsoldat im IT-Bereich arbeitete, ist nicht vorbestraf­t. Auch das hält die Kammer ihm zugute. Strafschär­fend ist allerdings, dass S. „erschrecke­nd junge Kinder“missbrauch­t hat. „Die Folgen für die Kinder sind noch nicht absehbar“, sagt Huismann.

„Die Folgen für die Kinder sind noch nicht absehbar“Johannes Huismann

Richter

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