„Wir bestrafen euch hart“
Ein Kamp-Lintforter muss wegen Missbrauchs in die geschlossene Psychiatrie.
MOERS Bastian S. muss wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Missbrauchs von Schutzbefohlenen und der Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften für zehn Jahre in Haft. Das Gericht ordnet zudem die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Was das bedeutet, erklärt der Vorsitzende Richter Johannes Huismann am Ende seiner Urteilsbegründung: „Aufgrund seiner Pädophilie ist er für die Allgemeinheit gefährlich. Ohne Therapie wird er weitere Taten begehen.“Bastian S. könnte deshalb 20 Jahre in der Psychiatrie bleiben. Diese Zeitspanne hatte der psychiatrische Gutachter im Prozess genannt. So lange dauere die Therapie eines pädophilen Täters durchschnittlich, bis von ihm keine Gefahr mehr ausgehe.
Das erste Urteil im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach hat Signalwirkung. Und genau die hatte sich Staatsanwalt Elmar Köstner im Plädoyer erhofft. „Kein Täter ist sicher, wir bestrafen euch hart“, hatte er gesagt. Das Gericht ist mit dem Strafmaß über Köstners Forderung von neun Jahren hinausgegangen.
Als Bastian S. seine kleine Tochter zum ersten Mal sexuell missbrauchte, war sie noch ein Wickelkind. Das Mädchen ist heute drei Jahre alt. Auch seinen Stiefsohn (heute sechs) und seine kleine Nichte missbrauchte S. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es fast täglich Übergriffe gab. S. gestand mehr als 30 Taten, die Dunkelziffer dürfte aber sehr viel höher sein. Er nutzte „jede sich ihm bietende Gelegenheit“, um sich vor allem an seinen eigenen Kindern zu vergehen, wie Huismann sagt.
Dass auch die Tochter seiner Schwester Opfer wurde, hat schlicht und grausam mit der Tatsache zu tun, dass Bastian S. im Sommer 2019 aufflog und ihm der Kontakt zu Tochter und Stiefsohn polizeilich untersagt worden war. Der Junge hatte sich seiner Mutter anvertraut, die das Jugendamt einschaltete. Bastian S. machte daraufhin eine Selbstanzeige und räumte fünf Taten ein. „Eigentlich war ich damals schon viel weiter“, hatte er im Prozess lapidar gesagt. Die Weseler Polizei nahm ihm seine angebliche Reue und seinen Therapie-Willen aber ab. Erst vier Monate später kam das Ausmaß des Missbrauchs zu Tage, als Ermittler in Bergisch Gladbach einen der Hauptchatpartner von Bastian S., Jörg L., festnahmen. Stück für Stück tat sich ein ganzes Netzwerk auf, in dem pädophile Täter Bilder und Videos teilten. Die Ermittlungen laufen gegen Tatverdächtige in ganz Deutschland.
Bastian S. und Jörg L. missbrauchten ihre Kinder auch gemeinsam. Weil er keinen Zugriff mehr auf seine eigenen Kinder hatte, wollte er „seine Nichte beisteuern“, wie er sich im Chat ausgedrückt hatte. Sie sollte eine „Spielkameradin“für L.s Tochter werden. Er vergriff sich an der schlafenden Dreijährigen und machte Aufnahmen der Tat. Nebenan schlief seine Mutter. S. war dort, um ihr beizustehen, weil sein Vater überraschend gestorben war.
Zu seinen Gunsten wertete das Gericht sein Geständnis, durch das er den Kindern eine Aussage ersparte. Der 27-Jährige, der in Kamp-Lintfort lebte und als Zeitsoldat im IT-Bereich arbeitete, ist nicht vorbestraft. Auch das hält die Kammer ihm zugute. Strafschärfend ist allerdings, dass S. „erschreckend junge Kinder“missbraucht hat. „Die Folgen für die Kinder sind noch nicht absehbar“, sagt Huismann.
„Die Folgen für die Kinder sind noch nicht absehbar“Johannes Huismann
Richter