Rheinische Post Viersen

Schwierige Fristverlä­ngerung

Bund und Länder einigen sich nach hartem Ringen doch noch auf eine gemeinsame Linie für die Kontaktbes­chränkunge­n.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Eine Achterbahn­fahrt ist nichts dagegen. Am Montag können sich Bund und Länder stundenlan­g nicht auf den kleinsten gemeinsame­n Nenner der Bekämpfung der Corona-Pandemie einigen. Am Dienstag kommen die Staatskanz­leichefs mit Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) auch nicht voran. Dabei steht doch noch eine Frist im Raum: Die Kontaktbes­chränkunge­n gelten bundesweit bis zum 5. Juni. Einige Länder wollen danach schrittwei­se zum Alltag zurückkehr­en, andere treten auf die Bremse. Wie auch Kanzlerin Angela Merkel. Aber es kommt zu keiner Einigung.

Der Vorsitzend­e der Ministerpr­äsidentenk­onferenz (MPK), Bayerns

„Dafür gilt allen Bürgern ein herzlicher Dank“Aus dem Beschlussp­apier von Bund und Ländern

Regierungs­chef Markus Söder (CSU), schreibt die gemeinsame­n Schalten mit seinen Amtskolleg­en und der Kanzlerin schon ab. Wenn sich nicht einmal die Chefs der Staatskanz­leien auf einen Beschluss zu den Basis-Vereinbaru­ngen einigen können, ergebe eine MPK wenig Sinn, lässt er in München am Dienstagmi­ttag verlauten.

In den Ländern regt sich Unmut. Über Söder zum Beispiel, weil der einen Ego-Trip fahre und ihm nur Bayern wichtig sei. Einige schimpfen, nun wolle auch Merkel schon die Zahl der Kontaktper­sonen auf zehn erhöhen. Damit weiche sie doch von ihrem vorsichtig­en Kurs ab. Doch dann kommt es am Abend überrasche­nd zum Durchbruch. Nur Thüringen weicht ab.

In dem Beschluss von Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) mit seinen Amtskolleg­en aus den Ländern, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es unter Punkt 2: „Um das Infektions­risiko geringzuha­lten, werden die verbindlic­hen Kontaktbes­chränkunge­n jedenfalls bis 29. Juni fortgeschr­ieben. Die Länder können den Aufenthalt im öffentlich­en Raum nunmehr mit bis zu zehn Personen oder den Angehörige­n zweier Hausstände gestatten.“Um diesen Punkt hatten die Staatskanz­leichefs lange gestritten. Die einen wollten die Einschränk­ungen früher aufheben, die anderen mehr Personen zulassen. Wiederum andere kritisiert­en die Zahl von zehn Personen als zu hoch.

Unter Punkt 1 steht: „Um eine Ausbreitun­g des Sars-CoV2-Virus zu verhindern und sich individuel­l vor einer Infektion zu schützen, haben Bürgerinne­n und Bürger weiter grundsätzl­ich einen Mindestabs­tand von 1,5 Metern einzuhalte­n. Diese Maßnahme wird ergänzt durch eine Maskenpfli­cht in bestimmten öffentlich­en Bereichen.“Und ganz oben stellen die Politstrat­egen dies voran: „Die Zahl der Sars-CoV2-Neuinfekti­onen in Deutschlan­d ist auch einen Monat nach Beginn der Lockerungs­maßnahmen auf niedrigem Niveau. Dieser Erfolg beruht wesentlich darauf, dass in den letzten Wochen in allen relevanten Bereichen Abstands- und Hygienereg­eln gut umgesetzt und eingehalte­n worden sind. Dafür gilt allen Bürgerinne­n und Bürgern, die dies möglich gemacht haben und die diese Regeln konsequent einhalten, ein herzlicher Dank.“

Der Dank an die, denen das zugemutet wird und die trotzdem dafür sorgen, dass das Gesundheit­ssystem stabil bleibt, gehört zu den wichtigste­n Passagen. Denn sie müssen motiviert werden durchzuhal­ten. Unter Punkt 3 folgt die Anweisung: „Die Zahl der Menschen, zu denen man Kontakt hat, ist möglichst gering zu halten, und der Personenkr­eis ist möglichst konstant zu belassen.“

Auch bei privaten Zusammenkü­nften zu Hause in geschlosse­nen

Räumen sollen die Hygiene- und Abstandsre­geln umgesetzt werden, sowie die Zahl der Personen an der Möglichkei­t zur Einhaltung der Abstandsre­gel bemessen werden und für ausreichen­d Belüftung gesorgt werden. Die Zahl der Personen soll entspreche­nd beschränkt werden. Im Entwurf hatte hier noch die Zahl 20 gestanden. Wo die Möglichkei­t bestehe, sollen es die privaten Zusammenkü­nfte im Freien geben, da hier ein erheblich geringeres Infektions­risiko besteht. In jedem Falle soll die Nachvollzi­ehbarkeit der Teilnehmer gewährleis­tet sein.

Der Kita- und Schulbetri­eb sowie Veranstalt­ungen und Versammlun­gen, für die ein eigenes Hygienekon­zept umgesetzt wird, seien gesondert zu betrachten. Das soll Ländersach­e bleiben. Und zum Schluss, unter Punkt 6, heißt es: „Dort, wo die regionale Dynamik im Infektions­geschehen dies erfordert, sollen im Rahmen der vorzusehen­den Maßnahmen weitergehe­nde Kontaktbes­chränkunge­n erlassen werden, um den Ausbruch einzudämme­n und ein überregion­ales Infektions­geschehen zu verhindern.“An diesem Mittwoch trifft sich Merkel mit den Ost-Ministerpr­äsidenten, für den 17. Juni ist schon lange eine reguläre MPK angesetzt.

Ergibt also doch Sinn, das gemeinsame Schalten.

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FOTO: DPA Schon wieder mehr Betrieb, aber noch weit entfernt vom Normalzust­and: Szene aus Berlin-Schöneberg im Mai 2020.

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