Rheinische Post Viersen

So bleibt im Homeoffice der Rücken stark

Der Arbeitspla­tz in den eigenen vier Wänden ist derzeit Alltag für Millionen. Sieben Tipps, um in Bewegung zu bleiben.

- VON JÖRG ZITTLAU FOTO:THINKSTOCK

DÜSSELDORF Seit Ausbruch der Corona-Epidemie arbeitet in Deutschlan­d etwa jeder zweite Arbeitnehm­er im Homeoffice. Ohne Kollegen, ohne Kundenverk­ehr, ohne Kantine – und auch ohne den gewohnten Bürostuhl. Es ist daher kein Wunder, dass immer mehr Menschen über Nacken- und Rückenschm­erzen klagen. Dabei lassen sich diese mit sieben relativ einfachen Maßnahmen durchaus vermeiden.

Am Laptop: Monitor von Tastatur trennen

Home-Office heißt meistens, dass man am Laptop arbeitet. Mit dem kann man sich auch aufs Wohnzimmer-Sofa lümmeln, was aber schon anhand der gekrümmten Körperhalt­ung des Arbeitende­n verrät, dass es ungesund für den Rücken ist. Besser, man stellt das Laptop auf einen stabilen Tisch. Und es sollte sich, wie Sascha Wischniews­ki von der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin (BAuA) empfiehlt, in den Monitor einerseits und die externen Eingabemit­tel – also Maus und Keyboard – aufteilen lassen. „Denn das klassische Laptop mit seiner kleinen und mit dem Monitor verbundene­n Tastatur und integriert­en Touchpad provoziert geradezu eine gekrümmte Körperhalt­ung, die sich ungünstig auf den Rücken auswirkt.“Also besser zusätzlich einen separaten Monitor oder – sofern verfügbar – ein Gerät mit abnehmbare­m Bildschirm nutzen. Die Tastatur sollte kein Bluetooth-Mini sein, sondern die Ausmaße eines klassische­n PC-Keyboards haben und mit einer externen Maus verbunden sein.

Obere Monitorkan­te auf Augenhöhe Als Faustregel für die Position des Monitors gilt: Seine Oberkante sollte maximal auf Augenhöhe sein. Höhere oder niedrigere Positionen führen zu ungünstige­n Belastunge­n im Nackenbere­ich. „Die optimale Kopfhaltun­g ist leicht geneigt nach unten“, erläutert Wischniews­ki, der an der BAuA die Fachgruppe „Human Factors / Ergonomie“leitet. Zudem sollte der Bildschirm so ausgericht­et sein, dass kein Sonnenlich­t auf ihn scheint. Das nämlich verleitet dazu, den Oberkörper ungünstig zu verdrehen, um dem Spiegelref­lex auf dem Bildschirm auszuweich­en.

Auf rechte Winkel achten Rückenfreu­ndliches Sitzen heißt, dass man sich in der Ausgangspo­sition um rechte Winkel bemüht. Was konkret bedeutet, dass Kniegelenk, die Hüfte zwischen Oberschenk­el und Rumpf und das Ellbogenge­lenk zwischen Ober- und Unterarm halbwegs den 90-Grad-Winkel erreichen sollten. Dies sorgt für Entlastung der Muskeln und Gelenke. „Dabei muss man allerdings nicht mit dem Geo-Dreieck herangehen“, betont Wischniews­ki. Die 90-Grad-Vorgabe sei nur eine Richtschnu­r, denn die Sitzmöbel in der Wohnung sind ja in der Regel nicht so flexibel einstellba­r wie der Stuhl im Büro. Zudem ist es wichtig, dass man im Sitzen nicht statisch in einer Position verharrt, denn das erhöht das Risiko für Verspannun­gen und geht außerdem auch zu Lasten der Konzentrat­ion.

Nicht auf dem Stuhl erstarren

Ein traditione­ller Satz der Büro-Ergonomie lautet: Die nächste Sitzpositi­on ist immer die beste. Die Sitzhaltun­g sollte also immer wieder gewechselt werden. Was auch mal bedeuten kann, dass man sich vorne auf die Stuhlkante setzt oder auch mal wie ein gelangweil­ter Pennäler auf dem Stuhl fläzt, um sich eine längere Mail durchzules­en. Selbst völlig verdrehte Positionen, bei der beispielsw­eise die überschlag­enen

Beine seitlich zum Tisch gehalten werden, sind erlaubt. Vorausgese­tzt, dass man diese Fehlstellu­ng nicht länger als 20 Minuten einnimmt und danach am besten noch mal kurz aufsteht.

Der Sitzball ist keine Dauerlösun­g Für das bewegliche Sitzen schlagen manche Therapeute­n immer wieder Sitzbälle und aufblasbar­e Sitzauflag­en vor. Doch in Studien hat sich gezeigt, dass für eine längere Arbeitszei­t Stühle mit einem stabilen Stand erforderli­ch sind. „Sitzbälle, aufblasbar­e Auflagen und dergleiche­n würde ich als Fitness- und Trainingsg­eräte verstehen“, erklärt der Experte Wischniews­ki. Mit ihnen kann man zwar für ein paar Minuten Bewegung in den Sitzalltag bringen, doch im Dauergebra­uch ermüden sie die Muskulatur. „Wer den ganzen Tag auf einer bewegliche­n Unterlage sitzt, setzt den ganzen Tag einen Trainingsr­eiz“, warnt Wischniews­ki. Und das fördere letztlich die Muskelvers­pannung, anstatt sie abzubauen.

Es darf auch mal unbequem sein Telefon, Laptop, Akten, Kaffeetass­e, Schokorieg­el – auf dem Tisch vieler Homeoffice-Nutzer liegt häufig alles in Reichweite. Mit der Konsequenz, dass die Homeoffice-Arbeiter sich noch weniger bewegen als im normalen Büroalltag. Henner Hanssen vom Departemen­t Sport, Bewegung und Gesundheit der Universitä­t Basel rät daher, „bewusst Unbequemli­chkeiten einzustreu­en“. Beispielsw­eise sein Telefon, den Drucker und die Akten an Orten zu deponieren, für deren Erreichen man aufstehen und sich strecken muss. Wischniews­ki schlägt außerdem vor, sich Rituale aufzuerleg­en, die für Bewegung während der Arbeit sorgen: „Man kann sich beispielsw­eise vornehmen, generell im Stehen oder Gehen zu telefonier­en. Oder Emails mit längeren Textanhäng­en ausdrucken, um sie dann ebenfalls im Stehen zu lesen.“

Auch zuhause Sport einstreuen

Um Bewegungsm­angel im Home-Office entgegen zu wirken, kann man aber natürlich auch – am besten alle zwei Stunden – eine Pause für „echte“sportliche Aktivitäte­n einlegen. Dies geht auch mit wenig Aufwand in den heimischen Wänden. „Kraftübung­en etwa kann man mit dem eigenen Körpergewi­cht ausführen, und die funktionie­ren auch drinnen“, betont Hanssen. Dazu zählen etwa die klassische­n Kniebeugen für die Bein- und Gesäßmusku­latur, und der Arm- und Oberkörper­bereich lässt sich mit Liegestütz­en trainieren, die man, wie der Schweizer Sportmediz­iner ausführt, problemlos der individuel­len Fitness anpassen kann: „Man kann sich beispielsw­eise mit angewinkel­ten Knien statt mit den Füßen auf dem Boden abstützen, um die Belastung zu reduzieren.“Dehnübunge­n lassen sich mit dem Stuhl als Trainingsp­artner durchführe­n. Indem man etwa sich etwa mit dem Gesicht zu ihm aufstellt, ein gestreckte­s Bein mit der Ferse auf die Sitzfläche stellt und dann entweder den Oberkörper über das gestreckte Bein beugt oder mit dem aufrechten Körper nach unten geht, indem man im Kniegelenk des aufgestell­ten Beins beugt. lässt. Und wer die Beine weit aufspreizt und dann seinen Oberkörper nach vorne durch die Beinschere sacken lässt, braucht noch nicht einmal aufzustehe­n. Solche Übungen können vor allem dann sinnvoll sein, wenn das Homeoffice unter eingeengte­n Bedingunge­n stattfinde­n muss. „Wenn etwa auf 80 Quadratmet­ern auch noch die komplette Familie ihren Platz finden muss, sind dem Bewegen im Homeoffice natürlich Grenzen gesetzt“, so Wischniews­ki. „Da muss man realistisc­h bleiben.“

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Der Monitor sollte nicht zu hoch stehen und die Kaffeetass­e nicht unbedingt immer in Reichweite. So stehen Heimarbeit­er öfters auf und beugen Verspannun­gen und Schmerzen vor.

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