So bleibt im Homeoffice der Rücken stark
Der Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden ist derzeit Alltag für Millionen. Sieben Tipps, um in Bewegung zu bleiben.
DÜSSELDORF Seit Ausbruch der Corona-Epidemie arbeitet in Deutschland etwa jeder zweite Arbeitnehmer im Homeoffice. Ohne Kollegen, ohne Kundenverkehr, ohne Kantine – und auch ohne den gewohnten Bürostuhl. Es ist daher kein Wunder, dass immer mehr Menschen über Nacken- und Rückenschmerzen klagen. Dabei lassen sich diese mit sieben relativ einfachen Maßnahmen durchaus vermeiden.
Am Laptop: Monitor von Tastatur trennen
Home-Office heißt meistens, dass man am Laptop arbeitet. Mit dem kann man sich auch aufs Wohnzimmer-Sofa lümmeln, was aber schon anhand der gekrümmten Körperhaltung des Arbeitenden verrät, dass es ungesund für den Rücken ist. Besser, man stellt das Laptop auf einen stabilen Tisch. Und es sollte sich, wie Sascha Wischniewski von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) empfiehlt, in den Monitor einerseits und die externen Eingabemittel – also Maus und Keyboard – aufteilen lassen. „Denn das klassische Laptop mit seiner kleinen und mit dem Monitor verbundenen Tastatur und integrierten Touchpad provoziert geradezu eine gekrümmte Körperhaltung, die sich ungünstig auf den Rücken auswirkt.“Also besser zusätzlich einen separaten Monitor oder – sofern verfügbar – ein Gerät mit abnehmbarem Bildschirm nutzen. Die Tastatur sollte kein Bluetooth-Mini sein, sondern die Ausmaße eines klassischen PC-Keyboards haben und mit einer externen Maus verbunden sein.
Obere Monitorkante auf Augenhöhe Als Faustregel für die Position des Monitors gilt: Seine Oberkante sollte maximal auf Augenhöhe sein. Höhere oder niedrigere Positionen führen zu ungünstigen Belastungen im Nackenbereich. „Die optimale Kopfhaltung ist leicht geneigt nach unten“, erläutert Wischniewski, der an der BAuA die Fachgruppe „Human Factors / Ergonomie“leitet. Zudem sollte der Bildschirm so ausgerichtet sein, dass kein Sonnenlicht auf ihn scheint. Das nämlich verleitet dazu, den Oberkörper ungünstig zu verdrehen, um dem Spiegelreflex auf dem Bildschirm auszuweichen.
Auf rechte Winkel achten Rückenfreundliches Sitzen heißt, dass man sich in der Ausgangsposition um rechte Winkel bemüht. Was konkret bedeutet, dass Kniegelenk, die Hüfte zwischen Oberschenkel und Rumpf und das Ellbogengelenk zwischen Ober- und Unterarm halbwegs den 90-Grad-Winkel erreichen sollten. Dies sorgt für Entlastung der Muskeln und Gelenke. „Dabei muss man allerdings nicht mit dem Geo-Dreieck herangehen“, betont Wischniewski. Die 90-Grad-Vorgabe sei nur eine Richtschnur, denn die Sitzmöbel in der Wohnung sind ja in der Regel nicht so flexibel einstellbar wie der Stuhl im Büro. Zudem ist es wichtig, dass man im Sitzen nicht statisch in einer Position verharrt, denn das erhöht das Risiko für Verspannungen und geht außerdem auch zu Lasten der Konzentration.
Nicht auf dem Stuhl erstarren
Ein traditioneller Satz der Büro-Ergonomie lautet: Die nächste Sitzposition ist immer die beste. Die Sitzhaltung sollte also immer wieder gewechselt werden. Was auch mal bedeuten kann, dass man sich vorne auf die Stuhlkante setzt oder auch mal wie ein gelangweilter Pennäler auf dem Stuhl fläzt, um sich eine längere Mail durchzulesen. Selbst völlig verdrehte Positionen, bei der beispielsweise die überschlagenen
Beine seitlich zum Tisch gehalten werden, sind erlaubt. Vorausgesetzt, dass man diese Fehlstellung nicht länger als 20 Minuten einnimmt und danach am besten noch mal kurz aufsteht.
Der Sitzball ist keine Dauerlösung Für das bewegliche Sitzen schlagen manche Therapeuten immer wieder Sitzbälle und aufblasbare Sitzauflagen vor. Doch in Studien hat sich gezeigt, dass für eine längere Arbeitszeit Stühle mit einem stabilen Stand erforderlich sind. „Sitzbälle, aufblasbare Auflagen und dergleichen würde ich als Fitness- und Trainingsgeräte verstehen“, erklärt der Experte Wischniewski. Mit ihnen kann man zwar für ein paar Minuten Bewegung in den Sitzalltag bringen, doch im Dauergebrauch ermüden sie die Muskulatur. „Wer den ganzen Tag auf einer beweglichen Unterlage sitzt, setzt den ganzen Tag einen Trainingsreiz“, warnt Wischniewski. Und das fördere letztlich die Muskelverspannung, anstatt sie abzubauen.
Es darf auch mal unbequem sein Telefon, Laptop, Akten, Kaffeetasse, Schokoriegel – auf dem Tisch vieler Homeoffice-Nutzer liegt häufig alles in Reichweite. Mit der Konsequenz, dass die Homeoffice-Arbeiter sich noch weniger bewegen als im normalen Büroalltag. Henner Hanssen vom Departement Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel rät daher, „bewusst Unbequemlichkeiten einzustreuen“. Beispielsweise sein Telefon, den Drucker und die Akten an Orten zu deponieren, für deren Erreichen man aufstehen und sich strecken muss. Wischniewski schlägt außerdem vor, sich Rituale aufzuerlegen, die für Bewegung während der Arbeit sorgen: „Man kann sich beispielsweise vornehmen, generell im Stehen oder Gehen zu telefonieren. Oder Emails mit längeren Textanhängen ausdrucken, um sie dann ebenfalls im Stehen zu lesen.“
Auch zuhause Sport einstreuen
Um Bewegungsmangel im Home-Office entgegen zu wirken, kann man aber natürlich auch – am besten alle zwei Stunden – eine Pause für „echte“sportliche Aktivitäten einlegen. Dies geht auch mit wenig Aufwand in den heimischen Wänden. „Kraftübungen etwa kann man mit dem eigenen Körpergewicht ausführen, und die funktionieren auch drinnen“, betont Hanssen. Dazu zählen etwa die klassischen Kniebeugen für die Bein- und Gesäßmuskulatur, und der Arm- und Oberkörperbereich lässt sich mit Liegestützen trainieren, die man, wie der Schweizer Sportmediziner ausführt, problemlos der individuellen Fitness anpassen kann: „Man kann sich beispielsweise mit angewinkelten Knien statt mit den Füßen auf dem Boden abstützen, um die Belastung zu reduzieren.“Dehnübungen lassen sich mit dem Stuhl als Trainingspartner durchführen. Indem man etwa sich etwa mit dem Gesicht zu ihm aufstellt, ein gestrecktes Bein mit der Ferse auf die Sitzfläche stellt und dann entweder den Oberkörper über das gestreckte Bein beugt oder mit dem aufrechten Körper nach unten geht, indem man im Kniegelenk des aufgestellten Beins beugt. lässt. Und wer die Beine weit aufspreizt und dann seinen Oberkörper nach vorne durch die Beinschere sacken lässt, braucht noch nicht einmal aufzustehen. Solche Übungen können vor allem dann sinnvoll sein, wenn das Homeoffice unter eingeengten Bedingungen stattfinden muss. „Wenn etwa auf 80 Quadratmetern auch noch die komplette Familie ihren Platz finden muss, sind dem Bewegen im Homeoffice natürlich Grenzen gesetzt“, so Wischniewski. „Da muss man realistisch bleiben.“