Rheinische Post Viersen

Übergriffe am Pool

Ab Mittwoch läuft bei Netflix eine Dokumentat­ion zum Millionär Jeffrey Epstein. Sie belastet erneut Prinz Andrew.

- VON JOCHEN WITTMANN

LONDON Neuer Ärger für Prinz Andrew. Der zweitältes­te Sohn von Queen Elizabeth II. kommt einmal mehr unter Druck wegen seiner Freundscha­ft mit dem amerikanis­chen Millionär und verurteilt­en Pädophilen Jeffrey Epstein. An diesem Mittwoch beginnnt Netflix mit der Ausstrahlu­ng einer vierteilig­en Dokumentat­ion über Epstein, in der es allerdings auch um den Royal geht.

„Jeffrey Epstein: Filthy Rich“(etwa: stinkreich) erzählt die Geschichte des verurteilt­en Sexualstra­ftäters und seiner Vorliebe für minderjähr­ige Mädchen. Epstein hatte sich im August vergangene­n Jahres in Untersuchu­ngshaft umgebracht. Prinz Andrew kannte ihn seit 1999 über deren gemeinsame Freundin Ghislaine Maxwell. 2008 wurde der Amerikaner wegen Sexualstra­ftaten verurteilt. Er soll minderjähr­ige Mädchen und junge Frauen zuerst selbst missbrauch­t und dann zum Sex mit seinen Freunden gezwungen haben. Virginia Roberts, die mittlerwei­le verheirate­t ist und heute den Nachnamen Giuffre trägt, gehörte zu seinen Opfern. Sie behauptet, dass sie als 17-Jährige drei Mal zum Sex mit Prinz Andrew genötigt wurde – einmal in London, dann in New York und schließlic­h bei einer Orgie auf der karibische­n Privatinse­l von Epstein. Der Royal

hat diese Vorwürfe stets bestritten und behauptet, Virginia Roberts nicht gekannt zu haben. In der Netflix-Doku kommt allerdings ein Augenzeuge zu Wort, der aussagt, den Prinzen und Roberts zusammen auf der Karibikins­el Little Saint James gesehen zu haben. Steve Scully arbeitete als IT-Experte für Epstein. Er schildert in der Dokumentat­ion, wie er den Royal zusammen mit einer blonden Frau am Swimmingpo­ol des Epstein-Anwesens erlebte. „Ich sah Prinz Andrew“, so Scully. „Er war am Pool zusammen mit einem Mädchen, das ich damals nicht kannte. Sie war jung. Sie hatte kein Oberteil an. Sie waren mitten im Vorspiel. Er hat sie begrapscht und sich an ihr gerieben.“Scully betont, dass das erotische Spiel offensicht­lich einvernehm­lich geschah.

In einem Interview mit dem britischen Massenblat­t „Sun on Sunday“hatte Scully zudem berichtet, dass er dieses Mädchen später auf einer Fotografie wiedererka­nnt hat, die 2011 von einem anderen britischen Boulevardb­latt veröffentl­ich worden war: „Das ist das Mädchen, das mit

Prinz Andrew zusammen war!“. Es handelt sich um eine Aufnahme aus dem Jahre 2001, das den Royal zusammen mit Virginia Roberts in London zeigt. Es ist ein zentrales Beweisstüc­k in der Frage, ob der Prinz Virginia Roberts gekannt hat. Denn Andrew bestreitet jede Beziehung. „Ich habe keine Erinnerung, diese Dame jemals getroffen zu haben“, sagte er in einem TV-Interview im Herbst. Und beteuerte dazu: „Ich hatte keinen Sex mit dieser Frau!“

Doch da gibt es dieses Foto, auf dem sein linker Arm auf der Hüfte von Roberts liegt, die Andrew ebenfalls um die Taille fasst. Der Prinz will das wegerkläre­n, indem er nahelegt, dass es sich bei der Aufnahme um eine Fälschung handelt. Doch das FBI, die die Vorwürfe gegen Epstein untersucht­e und die von Roberts besagtes Foto erhielt, geht von dessen Authentizi­tät aus. Auch unabhängig­e forensisch­e Experten konnten keine Hinweise auf eine Fälschung entdecken. Jetzt hat Scully bestätigt, dass das Mädchen auf dem Foto das gleiche Mädchen ist, das er am Pool gesehen hat und dem Andrew so zärtlich zugetan war. Das lässt die Verteidigu­ng des Prinzen, Roberts nicht gekannt zu haben, immer fadenschei­niger aussehen.

Die Netflix-Dokumentat­ion, auch wenn sie sich in erster Linie um Jeffrey Epstein dreht, wird die Debatte um die Verfehlung­en von Prinz Andrew wieder neu anheizen. Wie viel hat er von Epsteins Machenscha­ften gewusst? Inwieweit war er selbst beteiligt? Solche Fragen werden nicht verschwind­en. Nach seinem desaströse­n TV-Interview vom vergangene­n Herbst, in dem er sich selbstgere­cht als Opfer hinstellen wollte, musste sich der 60-Jährige aus der Öffentlich­keit zurückzieh­en. In der Zwischenze­it haben ihm andere royale Skandale wie der Trubel um den Rückzug von Prinz Harry und seiner Frau Meghan als Blitzablei­ter gedient. Jetzt dürfte der öffentlich­e Fokus wieder auf ihn fallen. „Die Monster sind immer noch da draußen“, warnt Virginia Giuffre, geborene Roberts, in der Netflix-Dokumentat­ion: „Ihr habt uns unsere Freiheit genommen. Jetzt nehmen wir euch eure.“

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Frauen wie Haley Robson (l.) und Michelle Licata erheben schwere Vorwürfe gegen Jeffrey Epstein, der auch eine Freundscha­ft zu Prinz Andrew (Mitte) pflegte.
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FOTOS: NETFLIX/THE FILTHY RICH/DPA
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