Rheinische Post Viersen

Ein Spaziergan­g von Mühle zu Mühle

Die landschaft­liche Schönheit an der Schwalm entdecken Ausflügler auf dieser Tour. Feste Schuhe und lange Hosen sind ein Muss.

- VON BIRGITTA RONGE

NIEDERKRÜC­HTEN Es gibt kein Tal am Niederrhei­n, in dem so viele Wassermühl­en erhalten geblieben sind wie im Tal der Schwalm und in den Tälern ihrer Nebenbäche. Dass noch so viele Mühlen erhalten sind, liege daran, dass der Reiz dieser großartige­n Landschaft schon früh erkannt worden sei, man die Region gemeinsam mit dem Tal der Nette zum Naturpark gemacht habe, erklärt Hans Voigt in seinem Niederrhei­nischen Wassermühl­enführer, den der Verein Niederrhei­n 1998 herausgab. Und so könne man noch heute auf weiten Strecken ein Bild davon gewinnen, „wie es hier vor Jahrhunder­ten ausgesehen hat – mit den Wiesen, Teichen, Seen, Sumpflands­chaften und Binsengewä­ssern“, so Voigt.

Einen Einblick in die Schönheit der Landschaft entlang der Schwalm gewinnt der Spaziergän­ger auf dem ausgeschil­derten Wanderweg A2 des Naturparks Schwalm-Nette. Unser etwa sechs Kilometer langer Rundweg startet auf dem Parkplatz vor dem (derzeit geschlosse­nen) Freibad, Am Kamp, mitten in Niederkrüc­hten. Am Sportstadi­on vorbei führt die Stadionstr­aße von dort aus geradewegs in den Wald. Der schmale Weg führt am Wasser entlang zur Pannenmühl­e. Sie wurde 1655 erstmals erwähnt, war Ölmühle und später auch Kornmühle und zwischenze­itlich sogar Zollstatio­n: Als die Schwalm noch die Grenze zwischen dem Herzogtum Jülich und den spanischen Niederland­en bildete, diente der heute restaurier­te, östliche Fachwerkba­u als Zollhaus. Im Volksmund wird dieser Teil der Pannenmühl­e deshalb auch „et spanisch Hüske“genannt. Heute wird die Mühle zu Wohnzwecke­n genutzt.

Weiter geht es durch den Wald. Wer Kratzer durch Brombeeren und juckende Stellen durch Brennessel­n vermeiden möchte, sollte unbedingt lange Hosen anziehen, denn im Verlauf der Tour wird der Weg mitunter sehr schmal. Auch feste Schuhe sind zu empfehlen, insbesonde­re nach Regentagen, dann sind die Waldwege matschig.

Doch der Blick ins dichte Grün unterwegs entschädig­t für jeden Brennessel­strich und jeden Mückenstic­h. Durch die Kronen der Bäume brechen Sonnenstra­hlen, im Unterholz raschelt es, die Luft flirrt. Auf dem Weg muss der Spaziergän­ger gut aufpassen, dass er die weiß aufgepinse­lten Markierung­en „A2“an Bäumen und Pfosten sieht.

Irgendwann lichtet sich das Dickicht. Dann werden rechterhan­d weite Wiesen sichtbar, man hört das Rauschen der Straße, wenn Autos vorbeifahr­en, und dann kommt die Radermühle ins Blickfeld. Auch sie dient heute Wohnzwecke­n, das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhunder­t. Doch eine Mühle gab es hier schon seit dem 14. Jahrhunder­t: 1317 gab der Graf von Jülich die Mühle an die Herren von Brempt in Erbpacht. Bis 1950 war die Mühle in Betrieb.

Der Wanderweg führt rechts am Gebäude vorbei und dann gleich links. Noch ist der Weg asphaltier­t,

doch gleich geht es wieder in den Wald, und ab hier dürfte der Spaziergän­ger froh sein, lange Hosen und feste Schuhe angezogen zu haben. Der schmale Pfad schlängelt sich an einem Abhang entlang, die Bäume, die von dort unten heraufwach­sen, sind enorm, und tief unten glitzert das Wasser. Kurz darauf gabelt sich der Weg, unsere Route führt links ab ein Stückweit den Abhang hinunter. Man muss langsam und vorsichtig gehen, um nicht auszurutsc­hen.

Unten angekommen geht es weiter geradeaus. Schmal ist der Weg hier, auch ziemlich matschig. Rechterhan­d steht das Wasser unbewegt. Mücken surren darüber, auch Libellen sind zu sehen. Plötzlich öffnet sich der Wald, dann kommt eine Straße, ein Parkplatz, der Blick auf einen Campingpla­tz, eine kleine Brücke. Da ist Brempt, der Niederkrüc­htener Ortsteil, der am Hariksee liegt und deshalb von Einheimisc­hen wie Touristen so gern besucht wird. Direkt an der Brücke liegt das Café Kännchen, das Ute von Kannen führt (www.kaennchena­nderschwal­m.de).

Gegenüber ist die Brempter Mühle zu sehen. Es lohnt sich, an der Brücke links einzubiege­n, um einen Blick auf das rauschende Wasser und das Mühlrad zu erhaschen. Einst gab es in Brempt eine Burg. Diese Burg steht nicht mehr, aber die Mühle, die zur Burg gehörte, ist noch da. 1895 wurde die Mühle stillgeleg­t. Danach wurde sie über Jahrzehnte als Gaststätte genutzt, heute dient sie, wie Pannenmühl­e und Radermühle auch, Wohnzwecke­n. Zur Burg gehörte einst auch die Kapelle St. Georg. Wer nach Brempt kommt, muss einen Abstecher zur Kapelle machen. Sie wurde vermutlich um 1500 von den Herren von Brempt erbaut. Besonders markant ist der Stufengieb­el. Ein Fördervere­in engagiert sich für den Erhalt der Kapelle. Mitglieder machen es auch möglich, dass die Kapelle von Mai bis September sonntags von 14 bis 16 Uhr geöffnet werden kann.

Von der Kapelle geht es zurück zur Brempter Mühle. Über die Kapellenst­raße geht es zunächst noch an ein paar Häusern vorbei, dann durch die Felder. Weiter geht es über den Brempter Weg, der nach Niederkrüc­hten hineinführ­t, und geradeaus auf die Straße Am Kamp. Dort begann die Tour. Wer jetzt ein Hüngerchen verspürt, kann über die Markt- zur Mittelstra­ße gehen: Bis Ende August gibt es dort am „Lütterbeac­h“dienstags bis sonntags ein gastronomi­sches Angebot und Urlaubsfee­ling mit ganz viel Sand.

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RP-FOTO: BIRO Die Schwalm rauscht kraftvoll an der Brempter Mühle vorbei. Die Mühle gehörte einst zu einer Burg, die es heute aber nicht mehr gibt.
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RP-FOTO: JON Die Kapelle St. Georg in Brempt wurde um 1500 gebaut. Sie gehörte einst zur Burg.
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RP-FOTO: JON Hinter der Radermühle im Wald tut sich links der Abgrund auf. Unten glitzert das Wasser.
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RP-FOTO: JON Zwischen Pannenmühl­e und Radermühle führt der Weg durch den Wald. So breit wie hier ist der Pfad nicht überall. Gegen Brennessel­n helfen nur lange Hosen.
 ?? RP-FOTO: BIRO ?? Der restaurier­te Fachwerkfl­ügel der Pannenmühl­e beherbergt­e einst eine Zollstatio­n. Im Volksmund heißt das Gebäude deshalb noch „et spanisch Hüske“.
RP-FOTO: BIRO Der restaurier­te Fachwerkfl­ügel der Pannenmühl­e beherbergt­e einst eine Zollstatio­n. Im Volksmund heißt das Gebäude deshalb noch „et spanisch Hüske“.
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RP-FOTO: JON Zwischen Radermühle und Brempter Mühle wird der Pfad matschig. Rechts steht das Wasser.
 ?? RP-FOTO: BIRO ?? Das heutige Gebäude der Radermühle stammt aus dem 18. Jahrhunder­t.
RP-FOTO: BIRO Das heutige Gebäude der Radermühle stammt aus dem 18. Jahrhunder­t.
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RP-FOTO: JON Irgendwann lichtet sich der Wald: Da liegt die Radermühle.

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