Mord in der Stadt der Engel
Die neue Sky-Serie „Penny Dreadful: City of Angels“führt ins Los Angeles der 30er Jahre.
Vor sechs Jahren tobte Eva Green in der Serie „Penny Dreadful“durch das viktorianische England und machte über drei Staffeln hinweg Jagd auf Vampire, Monster und prominente Figuren der britischen Schauerliteratur. Serienschöpfer John Logan, der schon die Drehbücher zu Ridley Scotts „Gladiator“, Martin Scorceses „The Aviator“und den letzten beiden Bond-Filmen „Skyfall“und „Spectre“geschrieben hat, benutzt die eingeführte Marke nun für eine Spin-Off-Serie, die mit dem Original kaum noch etwas zu tun hat.
Statt im finsteren England des 19. Jahrhunderts ist die Geschichte von „Penny Dreadful: City of Angels“nun im sonnendurchfluteten Los Angeles der späten 1930er Jahre angesiedelt. Ein bizarrer Mord, bei dem vier Leichen mit geschminkten Gesichtern und herausgerissenen Herzen am betonierten Ufer des Flusses gefunden werden, wird hier zum Ausgangspunkt der Ermittlungen für den erfahrenen Kriminalisten Lewis Michener (immer wieder toll: Nathan Lane) und seinen neuen Kollegen Tiago Vega (Daniel Zovatto). „Nehmt ihr unser Herz, nehmen wir euer Herz“steht in spanischer
Sprache auf der Mauer unweit des Tatorts.
Das könnte auf einen Mord aus der mexikanischen Community hindeuten, deren Viertel nach den Plänen des ehrgeizigen Verkehrsstadtrats Townsend (Michael Gladis) für den Bau einer neuen Autobahn plattgemacht werden soll. Tiago ist der erste mexikanische Detective im LAPD und in der Gegend aufgewachsen. Als die Polizei eine
Demonstration der Anwohner mit Waffengewalt räumen will, gerät er zwischen die Fronten.
In einem weiteren Handlungsstrang wirft der herannahende Zweite Weltkrieg seine Schatten auch auf die sonnige Küste von Los Angeles, wo der deutsche Geheimdienstler Goss (Thomas Kretschmann) mit allen Mitteln an der Infiltrierung des potenziellen Kriegsgegners arbeitet und Townsend als Strohmann für die eigenen Interessen aufbaut. Die Mordermittlungen führen weiterhin in eine Gemeinde bekehrungswütiger Evangelikaner, die mit der bildschönen Predigerin Molly (Kerry Bishé) auf Seelenfang gehen.
Die Femme Fatale im Engelskostüm bleibt nicht der einzige Verweis auf den Film Noir und das Kino der späten dreißiger Jahre, an dem sich die stilvolle Bildsprache und dramatische Erzählung der Serie bedient. Der verfremdete und mit kraftvollen Farben übermalte historische Hintergrund dockt aber auch immer wieder deutlich an Gegenwartsthemen an: aufkeimende Rassenunruhen, die gewaltsame Verteidigung der „white supremacy“, ein populistischer Stadtrat mit Allmachtsfantasien, dessen Pressezitate auch ohne Twitter stark an Donald Trump erinnern.
Bei soviel Stoff wirken die hineingestreuten Fantasy-Elemente und blutigen Gewalteruptionen fast schon als Störfaktoren, auch wenn Natalie Dormer („Game of Thrones“) als wandlungsfähige Göttin des Bösen gleich in vier Rollen überzeugen kann.
Info Die erste Staffel mit zehn Folgen ist ab sofort bei Sky zu sehen.