Chromwerte gestiegen, aber Lösung braucht noch Jahre
Im Grundwasserbrunnen eines Odenkircheners hat sich die Belastung mit Chrom VI mehr als verdoppelt. Die Stadt hält Maßnahmen erst für sinnvoll, wenn sie ein genaueres Schadensbild hat.
MÖNCHENGLADBACH 710 Mikrogramm Chrom VI pro Liter Grundwasser – das ergab eine Probe, die im November 2019 auf dem Grundstück von Thomas Tellmann an der Korneliusstraße gezogen worden ist. Eine Konzentration der als giftig und krebserregend eingestuften Chromverbindung, die schon damals viel zu hoch war und die Untere Bodenschutzbehörde der Stadt beschäftigte. Ende Mai hat Tellmann auf eigene Faust noch einmal eine Probe aus seinem Grundwasserbrunnen analysieren lassen. Ergebnis: Der Wert war inzwischen auf 1840 Mikrogramm pro Liter gestiegen. Außer die Situation zu beobachten und Proben zu nehmen, unternehme die Stadt nichts konkret gegen die Chrombelastung, kritisiert Tellmann. Eine Einschätzung, die in der Stadtverwaltung nicht geteilt wird. Unter anderem hat sie nach eigenen Angaben gegen den mutmaßlichen Verursacher der Belastung ein Ordnungsverfahren eingeleitet und für weitere Untersuchungen Zuschüsse vom Land angefordert.
Weitere Untersuchungen werden auch noch längere Zeit nötig sein, sagt die Stadt voraus. „Der Untergrund in dem Gebiet ist mal mehr mal weniger durchlässig. Grundwasser bewegt sich hindurch, steigt und fällt auch mal. Das ist ein dynamischer Prozess, den wir eine Zeit lang beobachten müssen“, sagt Barbara Weinthal, Leiterin des städtischen Fachbereichs Umwelt. „Wir brauchen ein möglichst klares Bild von dem Geschehen, um optimal, verantwortungsvoll und effektiv das Problem in den Griff zu bekommen.“Und das auch mit Blick auf die Kosten.
Zu dieser Dynamik gehört laut Stadt, dass Messwerte wie geschehen an einigen Stellen steigen, aber womöglich auch wieder sinken können, wenn sich die Belastung im Boden bewegt hat. Im Januar hatte die
Stadt das Umfeld der Straßenzüge Korneliusstraße, Kohrbleiche, Duvenstraße und Blankertzstraße als betroffenes oder möglicherweise betroffenes Gebiet benannt. Bislang haben die Messungen der Stadt nach deren Angaben keine Hinweise darauf ergeben, dass sich der Bereich ausgedehnt hat. Auch in die unweit vorbeifließende Niers sei bislang kein Chrom gelangt, sagt Weinthal. Darauf habe die Stadt ebenfalls ein Augenmerk.
An den bereits im Januar ausgesprochenen Empfehlungen an die Anwohner ändert die Stadt auch angesichts höherer Messwerte nichts.
Da Chrom VI durch Verschlucken, Hautkontakt und Einatmen vom Menschen aufgenommen werden kann, sollen die Anwohner auf den Verzehr von mit Grundwasser bewässerten Nutzpflanzen verzichten und jeglichen Kontakt mit Grundwasser vermeiden. Will heißen: So lange man das Grundwasser meidet, besteht nach Ansicht der Stadt keine Gefahr für Menschen. Was allerdings für Thomas Tellmanns Grundwasserbrunnen bedeutet, dass er noch länger ungenutzt bleiben sollte. Ihr Trinkwasser könnten die Anwohner allerdings bedenkenlos nutzen, da es unbelastet sei, betont die Stadt weiterhin.
Ruckartig ändern wird sich diese Lage wohl nicht. Die weiteren Untersuchungen und danach zu ergreifenden Maßnahmen können laut Stadt noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Einfach einen Bagger kommen lassen und mit Erdaushub beginnen – so einfach gehe das nicht, sagt Weinthal. Zum einen, weil in dem Gebiet Häuser und Straßen liegen, die man nicht kurzerhand wegbaggern kann. Zum anderen, weil es nicht helfe loszulegen, ohne Entwicklung und Dynamik des Schadens genauer zu kennen und ein Konzept für passende Gegenmaßnahmen zu haben. „Sonst sanieren wir womöglich an einer Stelle, aber an anderer Stelle geht uns der Schaden unbemerkt durch die Lappen. Wir müssen schauen, dass wir das wirklich optimal aus dem Boden bekommen“, sagt Weinthal.
Den mutmaßlichen Verursacher der Belastung will die Stadtverwaltung mit Hinweis auf laufendes Verfahren und Datenschutz nicht nennen. Die Kosten für die weiteren Untersuchungen will sie erst einmal mit Landesmitteln und einem eigenen Anteil finanzieren, sich aber beim Verursacher zurückholen.