Die Luft für Borussia wird dünn
Mönchengladbach droht nach dem 1:2 in München die Königsklasse zu verpassen. Dann wäre die Saison unter dem Strich enttäuschend.
MÜNCHEN Es ist nur eine halbe Saison her, da gewann Borussia Mönchengladbach gegen den FC Bayern München aufgrund eines Elfmetertors von Ramy Bensebaini in der Nachspielzeit mit 2:1. Danach war Gladbach zum achten Mal in Folge Tabellenführer in der Bundesliga, hatte sieben Punkte Vorsprung auf den Rekordmeister.
17 Spieltage später trafen sich die beiden Klubs wieder. Diesmal gewannen die Bayern dank des Tores von Leon Goretzka kurz vor Schluss mit 2:1 und können im nächsten Spiel gegen Bremen ihren achten Meistertitel in Serie perfekt machen. Ihr Vorsprung auf die Borussen beträgt jetzt 17 Punkte. In 17 Spielen hat München also 24 Punkte auf Gladbach gut gemacht – und das ist der Grund dafür, dass die Bewertung des Ergebnisses dieser Saison deutlich anders ausfallen könnte als die des Verlaufs.
Denn es ist egal, auf welchem Platz die Gladbacher am Ende stehen werden, sie werden eine der positiven Überraschungen der Spielzeit sein. Unter Marco Rose, der im vergangenen Sommer das Traineramt von Dieter Hecking übernommen hat, entwickelte sich ein oft begeisternder Fußball-Stil, der lange Zeit auch sehr erfolgreich war. Das Borussia-Projekt wurde auch in anderen Ländern bewundert. Wenn der aktuelle Trend anhält, ist das große Problem aber das, was am Ende unter dem Strich stehen wird.
Denn sollten Roses Gladbacher nun noch die Champions League aus der Hand geben, wäre die Saison schon eher ernüchternd. Borussia scheiterte in der zweiten Runde des DFB-Pokals, in der Europa League war schon nach der Gruppenphase Schluss gegen die Gegner AS Rom, Basaksehir FK und Wolfsberger AC. Die Bundesliga war die einzige Möglichkeit, um das wett zu machen. Doch nun droht Gladbach die nächste Enttäuschung.
Im Grundsatz ist der fünfte Platz, der den Borussen schon sicher ist, ein Erfolg für den Klub. Entsprechend
verteidigen sich die Verantwortlichen auch gegen Kritiker, die davon sprechen, dass die Europa League zu wenig sei für die Gladbacher. „Bei mir persönlich würde sich die Enttäuschung sehr in Grenzen halten“, sagte Präsidiumsmitglied Hans Meyer am Sonntagmorgen im Sport1-Doppelpass. Doch in den vergangenen acht Monaten bis zum Bayern-Spiel verbrachten die Borussen nur ein Wochenende (nach dem 1:3 gegen Bayer Leverkusen am 27. Spieltag) außerhalb der Champions-League-Ränge. Ähnlich lief es in der vergangenen Saison für die Gladbacher, die sich am Ende mit der Europa League begnügen mussten.
„Man kann davon ausgehen, dass wir jetzt noch eine Menge Punkte brauchen, im Optimalfall neun.
Die Luft wird dünner für unser großes Ziel. Wir müssen punkten“, sagte Rose. „Jetzt haben wir noch drei Spiele, in denen wir uns wieder belohnen müssen. Wir fahren jetzt nach Hause, lecken unsere Wunden und werden dann weiter Gas geben.“
Doch es sind schon viele Wunden, die die Borussen lecken müssen. In München spielten sie stark, aber verloren am Ende doch noch. Zuvor bei der 0:1-Niederlage beim SC Freiburg gab das Team nach einer starken ersten Halbzeit das Spiel aus der Hand und verlor nach einem schlecht verteidigten Standard. Zwischenzeitlich gab es ein 4:1 gegen Union Berlin, zuvor aber eine schwache Darbietung beim 0:0 in Bremen und eine verdiente 1:3-Pleite gegen den direkten Königsklassen-Konkurrenten
Leverkusen.
Aber auch die personelle Situation bereitet den Borussen aktuell Sorgen. Denis Zakaria wird nach seiner Knie-Operation nicht mehr eingreifen können, Tobias Strobl wohl auch nicht, Marcus Thuram hat sich in München verletzt, Breel Embolo kam gerade zurück aus einer Verletzung. Nico Elvedi musste bei den Bayern ebenfalls ausgewechselt werden.
Es gibt nicht mehr so viele Dinge, die für Borussia sprechen im Kampf um die Champions League. Ihr letzter Ausweg sind drei Siege in den Partien gegen den VfL Wolfsburg, beim SC Paderborn und gegen Hertha BSC. Ansonsten wird Roses erste Borussia-Saison trotz allen Lobes unter dem Strich eher eine Enttäuschung sein.