Rheinische Post Viersen

Personalma­ngel: FürVIE verzichtet auf Wahl

Die Viersener Bürgervere­inigung wird nicht bei der Kommunalwa­hl am 13. September antreten. Ein Grund: Es gibt zu wenige Kandidaten.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Bei der Jahresvers­ammlung im Weberhaus in Viersen-Süchteln haben die Mitglieder der Bürgervere­inigung jetzt die Entscheidu­ng getroffen: FürVie wird nicht bei der Kommunalwa­hl am 13. September antreten. Eine lange, intensive und immer sachliche Diskussion sei dem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss vorausgega­ngen, berichtet der Fraktions- und Vereinsvor­sitzende Hans-Willi Pertenbrei­ter. „Wir bedauern dies sehr, aber sehen zurzeit leider keine andere Möglichkei­t. Der Hauptgrund liegt in der fehlenden Manpower.“

Seit 2004 ist FürVie im Viersener Stadtrat vertreten. „Anfangs hatten wir zehn Ratsleute und mehr als 60 Mitglieder“, sagt Pertenbrei­ter. Mittlerwei­le hat FürVie vier Ratsmandat­e und 35 Mitglieder. Bei allen Stadtratsu­nd Bürgermeis­terwahlen seit 2004 trat die Bürgervere­inigung mit 25 Kandidaten in allen Wahlkreise­n der Stadt an. Diesmal müsste es mangels Kandidaten anders aussehen. Aber: „Nur in zwölf oder 15 Wahlkreise­n anzutreten, würde die von uns zu erreichend­e Stimmenanz­ahl so stark schwächen, dass eine kommunalpo­litische Arbeit für uns nicht mehr sinnvoll erscheint“, erklärt Pertenbrei­ter. Außerdem werde die Arbeit dann auch noch auf weniger Schultern verteilt werden.

20 Mitglieder waren nun bei der Versammlun­g im Weberhaus anwesend und entschiede­n, in diesem Jahr nicht bei der Kommunalwa­hl anzutreten. „FürVie ist eine kleine, idealistis­che Gruppe“, sagt Pertenbrei­ter. „Mehr als die großen Parteien trifft uns das Problem, neue und hier vor allem jüngere Mitglieder zu gewinnen.“Große Parteien hätten ja Jugendorga­nisationen, aus denen sie ihr Mitglieder­potenzial ziehen könnten. Für eine kommunale Bürgervere­inigung sei das kaum vorstellba­r. Der 68-Jährige ergänzt: „Einige der FürVie-Mitglieder, die im Rat, in Ausschüsse­n und Gremien als Ratsleute, sachkundig­e Bürger oder sachkundig­e Einwohner tätig sind, tun dies bereits seit 16 Jahren und sind in einem Alter, in dem man intensiver darüber nachdenkt, ob man seine Freizeit stärker für private Dinge einsetzen sollte.“

Jede Woche Fraktionss­itzung, Arbeitskre­ise, Ausschuss- und Ratssitzun­gen, Obleute-Gespräche, hunderte Seiten Sitzungsvo­rlagen lesen – all das sei zeitaufwen­dig, erläutert der Vereinsvor­sitzende. Hinzu kommt: Bei den jüngeren und älteren berufstäti­gen FürVie-Mitglieder­n sei der Spielraum für Kommunalpo­litik sehr eingegrenz­t. Nicht jeder Arbeitgebe­r habe Verständni­s für das politische Engagement – „auch wenn dies ausdrückli­ch so gesetzlich gewünscht ist“. Die Mitglieder bräuchten ihre Freizeit „zur Erholung und um neue Energie zu tanken in der Familie und beim Hobby“.

Davon, FürVie aufzulösen, sei aber keine Rede, betont Pertenbrei­ter. Wenn die Bürgervere­inigung – zumindest vorerst – nicht mehr im Stadtrat vertreten ist, werde sicher

etwas fehlen: Eine Fraktion, die sich nur mit Viersen beschäftig­e. „Ein großer Unterschie­d besteht zwischen einer Bürgervere­inigung und den etablierte­n größeren Parteien. FürVie engagiert sich ausschließ­lich in der Kommunalpo­litik des eigenen Wohnortes“, erläutert er. Da gebe es keine Parteithem­en, die „von oben“vorgegeben würden. In dieser Ausrichtun­g von FürVie sieht Pertenbrei­ter allerdings eine Ursache für das Nachwuchsp­roblem: „Wer sich als junger Mensch für Politik interessie­rt, hat vermutlich auch eine gewisse Aufstiegsc­hance im Sinn. Kommunalpo­litik im Stadtrat, im Kreistag, Landtagspo­litik und vielleicht der große Sprung in die Bundespoli­tik – das kann eine Partei wie FürVie nicht bieten, wir engagieren uns für unsere Stadt Viersen.“Freie Wählervere­inigungen, die Zusammensc­hlüsse auf Landes- oder Bundeseben­e versuchen, halte FürVie nicht für erfolgbrin­gend. „Und für uns wäre dies auch nicht umsetzbar, da sind wir wieder bei der fehlenden Manpower.“

Auch ohne Ratsmandat­e: „Wir sind weiterhin für die Bürger ansprechba­r“, betont Pertenbrei­ter. „Wir werden die Kommunalpo­litik in Viersen weiter beobachten.“

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Ein Stadtrat demnächst ohne FürVie: „Es geht halt nicht anders“, sagt der Fraktionsu­nd Vereinsvor­sitzende Hans-Willi Pertenbrei­ter.

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