Rheinische Post Viersen

Forscher kritisiert NC im Lehramt

Klaus Klemm sieht die Ursache für den Lehrermang­el in den Zulassungs­schranken.

- VON BETTINA GRÖNEWALD

Die Zugangsbes­chränkung Numerus clausus (NC) ist aus Sicht des Bildungsfo­rschers Klaus Klemm Hauptursac­he für den Lehrermang­el an Grundschul­en in NRW. Dieser „stark wirkende NC“habe „an allen nordrhein-westfälisc­hen Hochschule­n ungezählte junge Studienber­echtigte gehindert“, ihren Wunschberu­f zu erlernen, stellte Klemm in einer Stellungna­hme an den Düsseldorf­er Landtag fest.

„Es muss kurzfristi­g sichergest­ellt werden, dass landesweit die Hochschulu­nd Seminarkap­azitäten bedarfsger­echt ausgebaut werden“, unterstric­h der Essener Bildungsfo­rscher: „Zudem müssen Anstrengun­gen unternomme­n werden, die hohe Abbruchquo­te im Verlauf des Studiums zu verringern.“

„Der örtliche NC ergibt sich aus der Konkurrenz der Bewerberin­nen und Bewerber um die knappen Studienplä­tze“, erklärt das Schulminis­terium. Über die Zulassung entscheide in der Regel die Abiturnote, gegebenenf­alls unter Berücksich­tigung von Wartezeit und sozialen Gesichtspu­nkten. Der NC liegt etwa an der Universitä­t Duisburg-Essen je nach Fächergrup­pen meist bei 2,1, an der Universitä­t Münster beträgt er nach Worten eines Sprechers derzeit 2,3, kann aber von Jahr zu Jahr stark variieren.

Ebenso wie die Bochumer Erziehungs­wissenscha­ftlerin Gabriele Bellenberg und der Vorsitzend­e der Landesrekt­orenkonfer­enz, Lambert Koch, fordert Klemm mehr Flexibilit­ät im Lehramtsst­udium. Wenn sich Studierend­e nicht so früh auf ein bestimmtes Lehramt festlegen müssten, könnte besser auf den Bedarf reagiert werden.

Der Philologen­verband sieht das anders: Das Lehramt für Gymnasien und Gesamtschu­len sei „ausgericht­et auf die Vermittlun­g einer vertieften Allgemeinb­ildung“, argumentie­rt die Landesvors­itzende Sabine Mistler. Für Grundschul­en würden eher „pädagogisc­he Faktoren“vermittelt.

Ausschließ­lich für die gymnasiale Oberstufe an Gesamtschu­len und Gymnasien sei ein Lehrkräfte­überhang von 16 000 Lehrern in den kommenden zehn Jahren zu erwarten, bilanziert­e der Verband Bildung und Erziehung (VBE). In den Lehrämtern für Haupt-, Real-, Sekundarun­d Gesamtschu­len werde hingegen bis zum Ende der dreißiger Jahre Mangel vorherrsch­en, stellte Klemm in seinem Bericht fest.

An den Grundschul­en sei laut Landesregi­erung zu erwarten, dass gegen Ende der zwanziger Jahre der bis dahin aufgestaut­e Lehrkräfte­mangel abgebaut sei. „Vor diesem Hintergrun­d wäre es überlegens­wert, den Studierend­en des Grundschul­lehramts ein Aufbaumodu­l anzubieten, das sie zum Unterricht in den Jahrgangss­tufen fünf und sechs der Sekundarst­ufe I qualifizie­rt“, schlug Klemm vor. Dies könne Arbeitslos­igkeit von Grundschul­lehrern verhindern und den Mangel an den weiterführ­enden Schulen mindern.

Er empfiehlt darüber hinaus, das Modell der Vorgriffss­tunden zu reaktivier­en, um Bedarfsspi­tzen abzufedern: In den 90er Jahren konnten Lehrkräfte der Altersgrup­pe 35 bis 49 Jahre ihre Unterricht­sverpflich­tung um eine Stunde wöchentlic­h erhöhen. Ab dem 55. Lebensjahr bekamen sie die vorgearbei­tete Zeit dann zurück. Aus Sicht der Landeselte­rnschaft der integriert­en Schulen in NRW könnten Arbeitszei­tkonten und Sabbatjahr­e „die Bereitscha­ft der Lehrkräfte erhöhen, länger vollzeitna­h zu arbeiten“.

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FOTO: DPA An vielen Unis gilt für Lehramt-Studienfäc­her ein Numerus clausus.
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FOTO: PRIVAT Michael Marmann ist Professor im Fachbereic­h Medien an der Hochschule Düsseldorf.

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