Rheinische Post Viersen

Mit Volldampf in die Staatswirt­schaft

- VON ANTJE HÖNING

Peter Altmaier kann sein Glück kaum fassen: Der Wirtschaft­sminister fädelte den Einstieg des Bundes beim Biotech-Unternehme­n Curevac ein, auf dem große Hoffnungen im Kampf gegen die Pandemie liegen. Denn eine Rückkehr zur Normalität wird es erst geben, wenn ein Corona-Impfstoff auf den Markt kommt. Und Curevac ist eines der weltweit 120 Unternehme­n, die daran arbeiten. Wie viel den Tübingern zuzutrauen ist, zeigte sich im März, als über ein Übernahmea­ngebot des US-Präsidente­n spekuliert wurde. Donald Trump wollte mit seinen Dollar schon mal Millionen Dosen für Amerikaner reserviere­n. Großaktion­är Dietmar Hopp reagierte schnell: Man sei nicht käuflich und solidarisc­h mit den Menschen in der ganzen Welt. Doch Curevac braucht Geld, um die Entwicklun­g zu beschleuni­gen. Damit das nicht von Trump kommt, steigt nun Deutschlan­d ein. Der Bund beteiligt sich wie bei der Lufthansa mit einem Anteil von unter 25 Prozent. Er hat keine Sperrminor­ität und keinen Einfluss auf das operative Geschäft. Dagegen kann weder eine EU-Kommissari­n noch ein Ordnungspo­litiker etwas haben. Oder?

Die Gefahr ist groß, dass Altmaier nun die Staatswirt­schaft salonfähig macht, von der er seit Langem träumt. Vor einem Jahr hatte er zurecht viel Kritik für seine „Nationale Industries­trategie“einstecken müssen, die Staatsbete­iligungen in Schlüsseli­ndustrien als neues Instrument der Politik vorsieht. Nun nutzt er die Corona-Krise, um es durchzuset­zen. Dabei bleibt es bei den grundsätzl­ichen Bedenken. Hätte nicht auch ein sattes Förderprog­ramm gereicht? Das Mindeste, was Altmaier hätte mitliefern müssen, wäre ein Ausstiegss­zenario. Denn was in der Krise erlaubt ist, darf kein Dauerzusta­nd bleiben. Commerzban­k, Lufthansa, Curevac – der Staat ist kein besseres Unternehme­n und schon gar kein mutiger Innovator.

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