Rheinische Post Viersen

Planinsolv­enz soll den 1. FC Kaiserslau­tern retten

Was sich nach dem Ende des Traditions­vereins anhört, ist in der Corona-Krise zur Chance für den Drittligis­ten geworden.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R

DÜSSELDORF Viermal Deutscher Meister, zweimal DFB-Pokalsiege­r, Gründungsm­itglied der Bundesliga – der 1. FC Kaiserslau­tern ist ein Traditions­verein. Für besonderes Aufsehen sorgten die Roten Teufel mit ihrem Durchmarsc­h als Aufsteiger zum Deutschen Meister 1998. Doch das ist lange her. Zuletzt machte Lautern mit dem sportliche­n Abstieg in die 3. Liga und seiner finanziell­en Misere Schlagzeil­en. Letztere ist so gravierend, dass seit Monaten das Damoklessc­hwert Insolvenz über dem Verein schwebt. Schon für die laufende Saison brauchte die 1. FC Kaiserslau­tern GmbH & Co. KGaA, in der die Profiabtei­lung organisier­t ist, eine Finanzspri­tze von 2,6 Millionen Euro, um die nötigen Mittel für die Drittliga-Lizenz stellen zu können. Der luxemburgi­sche Immobilien­investor Flavio Becca sprang im Mai 2019 mit einem Darlehen ein. Doch die wirtschaft­liche Lage des Vereins hat sich in der Saison 2019/20 verschärft – auch durch die Corona-Krise. Nach Berichten des „Kicker“und des „SWR“sollen die Pfälzer mittlerwei­le mehr als 20 Millionen Euro Schulden haben. Für die Saison 2020/21 sollen 15 Millionen Euro fehlen. Neue Investoren seien demnach erst nach einem Schuldensc­hnitt bereit, in den Verein zu investiere­n. Den konnten die Geschäftsf­ührer des FCK bisher eigenständ­ig mit den drei Hauptgläub­igern aber nicht erzielen.

Deswegen wird das Szenario „Insolvenz in Eigenveran­twortung“nun konkret. Am Montag hat der Verein beim Amtsgerich­t Insolvenz angemeldet. Was sich zunächst nach dem Ende des Traditions­vereins anhört, ist aktuell bei Weitem kein Horrorszen­ario mehr für den Drittligis­ten. Sportlich hat die sogenannte Planinsolv­enz für den Verein keine Folgen. Der Deutsche Fußballbun­d (DFB) hat wegen der Corona-Krise den im Fall einer Insolvenz fälligen Neun-Punkte-Abzug ausgesetzt. Dem Zwölften der 3. Liga droht also kein Abstieg durch Punktabzug. Gleichzeit­ig könnte sich der Verein in Eigenregie und ohne größere Eingriffe in seine Struktur binnen weniger Monate sanieren und dadurch für neue Investoren wieder interessan­t werden.

„Niemandem von uns ist diese Entscheidu­ng leichtgefa­llen.

Mit dieser Option auf eine mittelund langfristi­ge wirtschaft­liche Sanierung können wir jedoch unsere Handlungss­pielräume spürbar erweitern und dem Spielbetri­eb den Rücken freihalten“, sagte FCK-Geschäftsf­ührer Soeren Oliver Voigt. Das liegt an der besonderen Form des Insolvenzv­erfahrens in Eigenverwa­ltung: „Sie hat aus Sicht des Unternehme­ns den Vorteil, dass kein externer Insolvenzv­erwalter die Führung der Geschäfte übernimmt und die Dinge daher ohne grundlegen­de Zäsur fortlaufen können“, sagt Professor Christoph Thole, Direktor des Instituts für Verfahrens­recht und Insolvenzr­echt an der Universitä­t Köln. Voigt kann also im Amt bleiben, die Verträge der Spieler laufen weiter, allen Mitarbeite­rn steht für drei Monate ein Insolvenzg­ehalt zu, das das Arbeitsamt bis zu einer Grenze von 6900 Euro im Monat pro Arbeitnehm­er übernimmt.

Das oberste Ziel des Verfahrens sei es aber, die Gläubiger zu befriedige­n. Dazu werde bei diesem Verfahren ein unabhängig­er Sachwalter vom Gericht bestellt, erklärt Thole. Das biete für die Gläubiger den Vorzug, dass – anders als bei einer Einigung außerhalb eines Insolvenzv­erfahrens – eine geordnete und gerichtlic­h überwachte Abwicklung des Verfahrens erfolge. Es wird ein Insolvenzp­lan erarbeitet, der Lösungen für die unterschie­dlichen Gläubiger vorsieht. „Im Fall des 1. FCK wird es jetzt vermutlich darum gehen, einen solchen Plan zu erarbeiten, der dann auch die notwendige­n Mehrheiten der Gläubiger erreicht“, sagt Thole. Nur wenn die Mehrheit der Gläubiger zustimmt, kann das Verfahren abgeschlos­sen werden. Das sei dann wahrschein­lich, wenn die Gläubiger ohne den Plan wirtschaft­lich noch schlechter dastünden, sagt der Insolvenzr­echtsexper­te. Gelingt das beim FCK, könnte der Pfälzer Traditions­verein schon in vier bis zwölf Monaten schuldenfr­ei sein.

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FOTO: DPA Ein Fußball mit dem Vereinslog­o auf dem Rasen des Betzenberg­s.

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