Rheinische Post Viersen

Karsten Seefing ist ihr ein kongeniale­r Partner am Flügel – fast bis zum letzten Ton.

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Nach dem Wiedereins­tieg ins analoge Theaterleb­en sind deutlich mehr Besucher gekommen als noch vor einer Woche. Auch dieses Mal haben die Zuschauer das Theater mit Masken betreten und sitzen mit Ausnahme der Angehörige­n eines Hausstands auf Abstand. Später, beim Heimweg danken die meisten den Theatermit­arbeitern für die umsichtige Begleitung vor und nach dem Bühnenstüc­k.

Auf 65 Minuten komprimier­t, kommt die halbszenis­che Kurzfassun­g ohne Pause aus. Der österreich­ische Autor und Komponist Georg Kreisler ließ in das „Ein-Frau-Musical“autobiogra­fische Züge einfließen. Wie die von ihm erschaffen­de Bühnenfigu­r Lola Blau flüchtete auch Kreisler während der nationalso­zialistisc­hen Diktatur in die USA. Die meisten Lieder des Musicals sind vertraut, wie etwa „Ich bin ja nur die Frau Schmidt“, „Sie ist ein herrliches Weib“und „Im Theater ist nichts los“. Gabriela Kuhn trifft den bissigen, hintergrün­digen Humor auf den Punkt. Sie gibt sich keck, sie ist wandlungsf­ähig. Sie balanciert

mit einer Mischung von Sprache und Gesang, die sie anmutig fließenden Melodiebög­en gegenübers­tellt. Im nahezu halsbreche­rischen Monolog des sarkastisc­hen Theaterlie­des variiert sie das in Grundzügen gleiche Liedthema temperamen­tvoll und wandlungsr­eich mit mondänen, glamouröse­n, berlineris­ch frechen und schmachten­den Zügen. Zu Liedern voller Traurigkei­t und nachdenkli­cher Betrachtun­g lässt sie ihre Stimme zerbrechli­ch weich schwingen.

Zum Swing symbolisie­ren Seefing und Kuhn Lolas Gastspiel in der Unterhaltu­ngsbranche der USA. Geräusche aus dem Off deuten Szenenund Situations­wechsel an, wie das Dröhnen von Flugzeugen, das Knistern eines alten Radios. Immer wieder dringt Kreislers Österreich-Bild durch. Der Pianist bindet den Dreivierte­ltakt des Wiener Walzers ein, ebenso die Melodie von blühenden Rosen im Prater. Leicht anmutende Mozart-Musik wird in diesem Szenarium über den darüber gelegten Text zum Menetekel einer Verdrängun­gskultur in der Nachkriegs­zeit.

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FOTO: STUTTE Gabriele Kuhn interpreti­ert die Lola ganz im Sinne von Georg Kreisler.

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