Rheinische Post Viersen

Generation­enwechsel im Brüggener Rat

Bürgermeis­ter Frank Gellen (CDU) verabschie­dete jetzt 19 Mitglieder des aktuellen Gemeindera­ts in der Burggemein­dehalle. Es gab Blumen und einen Bildband als Geschenk, zudem Fingerfood und auch viel Gefühl.

- VON DANIELA BUSCHKAMP RP-FOTO: BUSCHKAMP

BRÜGGEN „Keine Angst, ich halte keine Haushaltsr­ede. Das habe ich oft genug.“So verabschie­dete sich Gottfried Optenplatz, SPD-Urgestein, von der politische­n Bühne. 36 Jahre war er Ratsherr, 30 Jahre Fraktionsc­hef, fünf Bürgermeis­ter hat er erlebt. Nun sei es genug, meinte der 70-Jährige, den Ratskolleg­en aller Fraktionen mit Beifall verabschie­deten. Den erhielt auch Rolf Gersemann, Fraktionsc­hef der vor 42 Jahren gegründete AWB. Wegen Mitglieder­mangels trat sie bei der Kommunalwa­hl nicht mehr an. Gersemann mahnte sichtlich gerührt, vom „Kirchturmd­enken Abschied zu nehmen und künftig für die gesamte Gemeinde zu handeln“.

Optenplatz und Gersemann waren zwei der 19 Männer und Frauen, die in der letzten Sitzung des alten Gemeindera­tes Abschied nahmen. Innerhalb der Brüggener Politik kommt dies einem Erdrutsch gleich: Mehr als die Hälfte der bisher 38 Ratsmitgli­eder werden mit ihrer politische­n Erfahrung im neuen Gemeindera­t fehlen. Es ist ein Wechsel der Generation­en.

Die Gründe für den Rückzug sind vielfältig. Im Fall von Daniel van den Broek (UBW) war es schlicht Pech. Zwar holte seine Partei auch für ihn unerwartet vier Direktmand­ate, doch dem 34- Jährigen fehlten dazu vier Stimmen. „Es war eine schöne Zeit im Rat“, meint er. Auch

UBW-Fraktionsc­hef Tim Gottwald (37) schaffte kein Direktmand­at und meint: „Meine Zeit im Rat war etwas kurz, ich hätte gern weitergema­cht.“Eine erneute Kandidatur schließt er nicht aus.

Das sehen ältere Ratsmitgli­eder wie Dieter Lankes (69), der auch bei den Heimatfreu­nden Born aktiv ist, Willi Michels, der auch 20 Jahre für die CDU im Kreistag war, oder Bäckermeis­ter Erich Lehnen ganz anders: „Ich habe mir direkt gesagt: ,Mit 65 Jahren ist Schluss“, meint Lehnen. Daran wolle er sich auch halten. Was er als einen Erfolg für sich verbucht: den Bau der Burggemein­dehalle. Das sieht Kurt van de Flierdt (CDU) ähnlich: „Damit haben wir etwas geschafft, worum uns heute viele Kommunen beneiden“, sagt der 72-Jährige. Überhaupt sei für Bracht viel erreicht worden. „Jetzt sollen mal Jüngere ran“, meint auch Manfred Klingen (UBW ), der sich besonders für die Partnersch­aft zwischen Brüggen und Beesel eingesetzt hat. Dies will der 63-Jährige weiterhin im deutsch-niederländ­ischen Verein Grenzenlos tun.

Helmut Stoffers hätte sich dagegen durchaus vorstellen können, erneut für die FDP im Rat zu sitzen. Einer seiner schönsten Momente: die Hochzeit mit seiner Frau Anni aus Beesel, an der vier Bürgermeis­ter beteiligt waren. Gern sei er auch einer der stellvertr­etenden Bürgermeis­ter gewesen: „Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Und auch Schwarzwäl­der Kirschtort­e oder Butterkuch­en, die ich manches Mal probieren durfte, waren nicht zu verachten“, sagt der 69-Jährige lachend.

Die Aufgabe als Vize-Bürgermeis­terin werden auch Claudia Wolters und Anni Terporten (bis 2014) vermissen. Während die Jüngere sich mehr ihrem Beruf und ihrer Familie widmen möchte, zieht die ältere Ratsfrau (73) sich bewusst zurück. Einig sind sich beide, dass „die Arbeit im Rat sehr interessan­t“war. Diese Einschätzu­ng können Bettina Brosterhus (49), Mirja Hastenrath-Gerull (42) und Marita Offermanns (64) nur unterstrei­chen. Doch die drei Frauen wollen ihre Zeit künftig anders nutzen, denn so Brosterhus: „Die Ratsarbeit macht man nicht so nebenbei.“Als positiv hat Norbert Blüter den Umgang im Rat empfunden, auch über die Parteigren­zen hinweg.

Bürgermeis­ter Frank Gellen wünschte allen zum Abschied „Glück, Gesundheit und Gottes Segen“. Die übliche Zeit der Ratssitzun­g könnten sie künftig bei Wein oder Bier genießen.

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Die letzte Rede von Rolf Gersemann in der Burggemein­dehalle: Er nimmt Abschied aus der Politik, seiner AWB fehlen die Mitglieder. Deswegen konnte sie nicht mehr bei der Kommunalwa­hl antreten.

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