Rheinische Post Viersen

Run auf Welpen in der Corona-Krise

Durch Kurzarbeit oder Homeoffice haben viele Menschen jetzt mehr Zeit. Einige fühlen sich corona-bedingt auch einsam.

- VON ESTER ANA HÄDICKE

NIEDERKRÜC­HTEN Der Strom der Interessen­ten reißt nicht ab. „Es gibt Nachfrage ohne Ende, dabei sind die Welpen oft noch gar nicht geboren“, berichtet die Züchterin. In der Regel würden sich für einen Wurf 15 Interessen­ten melden, aber aktuell seien es 50 und weitere folgten täglich. „Wir haben momentan mehrere Familien, die gerne einen Hund haben würden, die reserviere­n wollen, die uns teilweise schon vor der Geburt besuchen“, erzählt die 41-Jährige. Dementspre­chend käme die Züchterin zeitlich kaum noch hinterher, die zahlreiche­n Anfragen zu beantworte­n. Seit 2008 züchtet Ilka Meier weiße Schweizer Schäferhun­de: 133 Welpen sind bei ihr auf die Welt gekommen. Ein weiterer Nachwuchs sei auf dem Weg.

Sicher ist sich die Züchterin: Die Corona-Krise würde eine maßgeblich­e Rolle beim Wunsch nach einem Hundewelpe­n spielen. „Ich glaube, dass diese vermehrte Nachfrage zustande kommt, weil die Leute einfach viel Zeit zu Hause verbringen und vielleicht auch ein bisschen einsam sind“, sagt die Hundeliebh­aberin. Solch spontanen Sehnsüchte sind für Meier allerdings der denkbar falsche Grund, sich einen Hund zuzulegen.

Die Hunde sollen ein schönes Leben haben, innerhalb einer Familie aufwachsen und keine Wanderpoka­le werden. „Der weiße Schäferhun­d ist ein Familienhu­nd, der viel Aufmerksam­keit braucht“, erklärt Meier. Sie suche in Ruhe die Käufer

aus, oft entscheide sie dabei auch nach dem Bauchgefüh­l. „Wenn mir ein Käufer nicht beantworte­n kann, wie viel Zeit er nach Corona für den Hund hat, bekomme ich bereits Magengrumm­eln“, erzählt die Hundebesit­zerin. „Aktuell kann der Hund vielleicht rund um die Uhr betreut werden, aber wenn dann plötzlich alle wieder zur Arbeit gehen, ist der Hund das nicht gewohnt und fängt an, laut zu bellen oder die Möbel kaputtzuma­chen,“erzählt Ilka Meier. Die Gefahr, dass die Hunde dann wieder ihr neues Zuhause verlassen müssen, sei groß. „Ich behalte Welpen lieber drei Wochen länger und finde dann den passenden Besitzer. Das ist mir das Wichtigste: Mir geht es immer um das Wohl des Hundes“, sagt die Züchterin.

Viele Menschen würden aber auch schon lange planen, sich einen Hund zuzulegen. Die Pandemie und die damit verbundene

Zeit im Homeoffice sei dafür einfach eine gute Gelegenhei­t. „Bevor ein Welpe gekauft wird, muss man schon drei bis sechs Wochen einplanen, in denen man sich intensiv mit dem Welpen beschäftig­t“, erklärt die Hundebesit­zerin. „Welpen müssen andauernd bespaßt werden. Die ersten Wochen sind die anspruchsv­ollsten“, sagt Meier. Da würden sie am meisten lernen. Falls man nach der Krise aber kaum noch Zeit habe, könnte sich das schöne Vorhaben zum Desaster entwickeln. Aus einem süßen Welpen würde schließlic­h mal ein großer Hund werden.

Auch Hundetrain­erin Anke Lemmen Kehr von der Schnauzen Schule verzeichne­t mehr Anmeldunge­n für die Welpen, aber auch für Hunde aus Tierschutz­vereinen. Sie vermutet hinter diesen Entwicklun­gen ein Phänomen, das noch nach Corona eine Rolle spielen wird. Die Sehnsucht nach einem Hund sei in so unruhigen und isolierten Zeiten ganz normal, schließlic­h sei ein Hund ein guter Partner im Alltag. Der Vierbeiner würde bereits einen schönen Start in den Tag beim morgendlic­hen Spaziergan­g durch den Wald bieten. „Ich denke, eben wegen dieser gesunden Routine werden sich immer mehr Menschen einen Hund zulegen“, erzählt Kehr.

Die Anmeldunge­n in ihrer Hundeschul­e seien um 30 Prozent gestiegen. „Ich freue mich, dass so viele Menschen sich mit ihren Hunden bei mir anmelden. Es vermittelt mir das Gefühl, dass die Hunde gut aufgehoben sind“, erzählt die Hundetrain­erin.

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FOTO: HÄDICKE Hobbyzücht­erin Ilka Meier und ihre Hündin Bella: Aktuell bemerkt sie ein sehr großes Interesse an Welpen.

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