Nach der Corona-Infektion zurück im Alltag
Im April hätte Covid-19 Torsten Schürmann fast auf die Intensivstation gebracht. Auch heute ist er manchmal noch etwas kurzatmig.
MÖNCHENGLADBACH, Kräftig, lebhaft, ohne Atempausen kommen die Worte durchs Telefon. Torsten Schürmann klingt wieder völlig normal. Hin und wieder spürt der 50-Jährige aber noch, was hinter ihm liegt. „Die Luft bleibt gelegentlich ein bisschen weg bei Spaziergängen oder wenn ich einen längeren Vortrag halte“, sagt Schürmann, „hundertprozentig ist die Lunge noch nicht wiederhergestellt. Das sei ein Geduldsspiel, sagen die Ärzte.“Der Hardter kann aber schon wieder Tennis spielen. Auf Anraten der Ärzte zwar nur „mit angezogener Handbremse“. Doch das ist schon sehr viel mehr als möglich war, nachdem er Anfang April aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Zehn Tage hatte er im Bethesda gelegen. Die Diagnose: Covid-19.
An der Intensivstation ist er Ende März nur knapp vorbeigekommen. Infiziert hatte er sich bei einem kurzen Skiurlaub in Österreich. Den hatte er vorzeitig abgebrochen, als er Fieber bekam, und es hieß, die Nachbartäler würden der Pandemie wegen womöglich abgeriegelt. Daheim in Hardt angekommen, ging es ihm immer schlechter. Obwohl er fiebersenkende Medikamente nahm, kehrten die hohen Temperaturen immer wieder zurück, bis nahe an 40 Grad. Als sich beim Husten blutiger Auswurf zeigte, verschrieb der Hausarzt ein Antibiotikum. Schließlich machte sich Schürmann aus eigenem Antrieb auf den Weg zur
Notfallpraxis am Bethesda-Krankenhaus. Dass es wohl eine Corona-Infektion sein würde, war dem Hardter inzwischen klar. Zwei Männer
aus der Ski-Gruppe, mit der er in Österreich gewesen war, hatten diese Diagnose schon bekommen. Schürmann wurde in einem Raum isoliert, Ärzte und Schwestern betraten sein Zimmer in Schutzkleidung. Ein Schlauch unter der Nase versorgte ihn mit zusätzlichem Sauerstoff,
die Augen schmerzten, das Fieber sorgte für schlimme Träume. Zeitweilig sah es sogar so aus, als müsse Schürmann auf die Intensivstation verlegt werden. Doch dann besserten sich seine Sauerstoffwerte. Und nach einigen Tagen sogar so weit, dass er entlassen werden konnte.
Etwa ein halbes Jahr ist das jetzt her. Ein halbes Jahr, in dem Schürmann die vier Kilo Körpergewicht, die er während der Krankheit verloren hatte, wieder zugelegt hat. Ein halbes Jahr, in dem er die ersten sechs Wochen krankgeschrieben war, doch dann wieder angefangen hat zu arbeiten. Als Vertriebsleiter eines Unternehmens der Softwarebranche hatte er schon immer viel daheim gearbeitet. Jetzt erledigt er so ziemlich alles im Homeoffice. „Die Kollegen haben anfangs sehr intensiv gefragt, wie es mir gehe und wie es gewesen sei“, erzählt Schürmann, „alle haben damals gesagt: ‚Du bist der einzige Corona-Fall, den ich kenne.’ Das war so ein ‚Hallo-wach’ für sie, dass Corona existiert und es schlimm werden kann.“Schon lange hat die Arbeit Schürmann wieder wie gewohnt in Beschlag genommen. „Viel Stress im Moment“, sagt er. Aber es klingt nicht so, als wolle er jammern. Es hört sich eher an, als sei er zufrieden, dass er wieder mitmischen kann.
Beim Arzt sei er seit seiner Entlassung
aus dem Krankenhaus nur einmal gewesen, berichtet Schürmann. Dieser habe sich entschuldigt, dass er die Erkrankung damals unterschätzt und keinen Corona-Test gemacht habe. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hat er seitdem wie jeder andere in Deutschland mitbekommen. „Ich denke, sie waren angemessen“, sagt er. Und fügt hinzu: „Die Lockerungen aber auch.“Dass die Infektionszahlen jetzt wieder steigen, führt er auch darauf zurück, dass etliche Menschen des Themas und der Krise überdrüssig sind: „In allen Nachrichten ist von Corona die Rede. Irgendwann kann man es nicht mehr hören.“Daran habe aber auch die Informationspolitik einen Anteil. „Die Informationen, die die Menschen bekommen, sind nicht ausreichend und oft widersprüchlich“, sagt Schürmann, „viele fühlen sich daher auf die Schippe genommen.“
Gleichwohl, sagt Schürmann: „Die Menschen sollten Corona definitiv ernst nehmen. Ich befolge die Regeln, trage Maske, um mich, aber auch andere zu schützen. Das sollte man schon machen.“Aber dass er heute über die Maßen vorsichtig sei, will Schürmann nicht von sich sagen. „Ich war nie ein ängstlicher Mensch und habe schon immer positiv gedacht. Ich gehe einfach davon aus, dass es mir nicht nochmal passiert.“
„Ich gehe einfach davon aus, dass es mir nicht nochmal passiert“Torsten Schürmann Genesener Covid-19-Patient