Online-Gedenken zum 9. November
Eine Ausstellung beschäftigt sich ab Montag mit der jüdischen Geschichte.
SOLINGEN Welch schöpferische Kraft Menschen gerade in dunkelsten Zeiten entfalten können, beweist das Zentrum für Verfolgte Künste in Solingen tagtäglich seinen Besuchern. Denn die ausgestellten Werke erzählen eine Geschichte der Unterdrückung: Sie entstanden im Verborgenen, während Maler, Dichter und Bildhauer um ihr Leben fürchteten, wurden als „entartete Kunst“aus Galerien entfernt und drohten vollends in Vergessenheit zu geraten. Aber Kunst findet letztlich doch meist ihren Weg hinaus in die Welt.
Das gilt – wenn auch unter völlig anderen Umständen – ebenso für die Ausstellung „Sieben Orte in Deutschland“. Die bringen das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen und das „Department of Global Communication“der Vereinten Nationen (Uno) an diesem Montag zum Gedenken an die Reichspogromnacht an den Start – nicht in einer offenen Kunsthalle, nicht an einem repräsentativen Ort, und doch in einem für Menschen rund um den Globus erreichbaren Raum. „Eine virtuelle Ausstellung mit internationalen Partnern zu eröffnen, die Gedenken möglich macht, ist ein eindrucksvolles Zeichen für die Innovationsfähigkeit unserer Museen“, lobt Sylvia Löhrmann, Generalsekretärin des am Projekt beteiligten Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.
Und genau diese lange Geschichte nimmt in der Online-Ausstellung ein Zeitstrahl in den Blick. Ausgangspunkt ist das Jahr 321, in dem der römische Kaiser Konstantin Juden den Zugang zum Rat der Stadt Köln ermöglichte. Zeiten der Blüte und der Ausgrenzung bis hin zur Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten, aber auch das jüdische Leben in der Gegenwart und die moderne Erinnerungskultur dokumentiert das Projekt – und zwar konkret anhand von sieben Orten jüdischen Lebens: Dazu zählt die Neue Synagoge Berlin ebenso wie der Platz der ehemaligen Solinger Synagoge, an dem Schüler alljährlich ihre Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht abhalten.
Historische Fotos, Kunstwerke und andere Zeugnisse sollen die Geschichte lebendig und greifbar machen. Bundesaußenminister Heiko
Maas und Melissa Fleming, Leiterin der Hauptabteilung für Globale Kommunikation der Uno, eröffnen die Ausstellung am Montag. Die soll sich für mehr als einen Besuch anbieten: „Sie wird sich entwickeln und eine eigene Dynamik bekommen“, bekräftigt Jürgen Kaumkötter, Direktor des Zentrums für verfolgte Künste.
Den Kontakt zu den Vereinten Nationen hatte sein Haus bereits über ein anderes Projekt hergestellt: 2018 liefen Ausschnitte der Künstlerbiografie „Kichka. Life is a Cartoon“, eine Gemeinschaftsproduktion des Solinger Museums mit dem Museum für Gegenwartskunst in Krakau, auch in New York. In diesem Jahr, in dem sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Gründung der Uno zum 75. Mal jährten, wollten das Zentrum und seine Partnereinrichtungen ihre Erinnerungsarbeit gebündelt vorstellen. Tracey Petersen vom „Holocaust and the United Nations Outreach Programme“regte angesichts der Corona-Pandemie schließlich die Online-Ausstellung an. „Wir sind eine globale Familie und alle Teil der Geschichte“, betont sie.