„Nur Fenster zu öffnen, reicht nicht“
Der SPD-Fraktionschef lädt mit den Grünen nächste Woche zum Schulgipfel.
Herr Kutschaty, Sie haben Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ein Ultimatum bis Mittwoch gestellt, dass er alle Akteure zu einem Schulgipfel zusammenholen soll. Haben Sie schon eine Antwort? KUTSCHATY Nein, keinerlei Rückmeldung. Der Ministerpräsident weigert sich, unseren Rat anzunehmen, obwohl in den Schulen deutlich mehr passieren muss. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, selbst für nächsten Dienstag zu einem Schulgipfel einzuladen und mit allen Beteiligten konstruktive und innovative Lösungen zu finden. Nur die Fenster zu öffnen, reicht einfach nicht. Das zeigen die steigenden Infektionszahlen. Aber Laschet lässt die Schulen im Regen stehen. Die Verkleinerung der Klassen wie in Solingen wäre ein richtiger Weg.
Ist es aus sozialdemokratischer Sicht wirklich zu begrüßen, dass ein Teil der Schüler sich erneut im Homeschooling wiederfindet? KUTSCHATY Das will ja auch keiner, und schon gar nicht die SPD. Das Solinger Schulkonzept sieht das auch nicht vor. Im Gegenteil: Es geht doch gerade darum, den Präsenzunterricht zu sichern. Durch wechselnde Präsenzschichten und digitalen Unterricht sollen die Lerngruppen verkleinert werden. Solingen hat dafür extra 3500 Endgeräte für bedürftige Kinder angeschafft. Das ist vorbildlich und vorausschauend – im Gegensatz zur Landesregierung. Von der Regierung Laschet gibt es bis heute keinen Plan B, wie der Schulbetrieb bei steigenden Infektionszahlen aufrecht erhalten werden soll. Wir hätten auch längst Lüftungsgeräte haben können und digitale Geräte für jedes Kind, das zu Hause keines hat.
Was schlagen Sie also vor? KUTSCHATY Geld vom Bund weiterzureichen ist noch keine Digitalisierung. So lädt man die Verantwortung bei den Schulen und Trägern vor Ort ab. Wir brauchen im Land dringend eine zentrale und koordinierende Servicestruktur für den digitalen Support an unseren Schulen. Dazu müssen auch langfristige Finanzierungsfragen endlich geklärt werden. Es geht aber auch noch um etwas anderes: Es muss viel mehr getestet werden. Die Test-Strategie ist der Schlüssel, um aus dieser Situation herauszukommen. Priorität müssen Menschen haben, die sich berufsbedingt leicht anstecken können oder Risikogruppen sind – je mehr, desto besser. Stattdessen wird an Schulen und Kitas in NRW die Zahl der kostenlosen Testungen bis zu den Weihnachtsferien zurückgefahren. Da ist der Ministerpräsident als Geisterfahrer unterwegs.
Wie soll es nach November weitergehen?
KUTSCHATY Wir müssen aus dieser Stopp-and-Go-Politik der Landesregierung herauskommen: Lockern, Lockdown, lockern – so kann es nicht weiter gehen. Auch dabei kann eine vernünftige Teststrategie helfen. Vor allem aber müssen wir uns die Akzeptanz der Bevölkerung erhalten. Zu Beginn der Pandemie war das Bundesinfektionsschutzgesetz ein probates Mittel, um schnell per Erlass reagieren zu können. Jetzt brauchen wir eine gesetzliche Grundlage wie das Saarland oder Bremen. Jede Verordnung der Landesregierung darf künftig nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen. Ich habe alle Fraktionen eingeladen, um einen solchen Parlamentsvorbehalt durchzusetzen.