Corona-Schnelltests sind Mangelware
Die Seniorenheime sollen seit Montag Schnelltests durchführen, doch die sind derzeit schwer auf dem Markt zu bekommen. Die Heimleiter klagen nicht nur über diesen Engpass, auch Personal ist knapp.
VIERSEN Es ist ein begehrtes Gut, das Gisela Claßen da am Montagmittag in einem Karton herum trägt: Die stellvertretende Leiterin des Seniorenheims Haus Maria Hilf der St.-Augustinus-Gruppe in Viersen hat tatsächlich schon eine Packung Corona-Schnelltests geliefert bekommen. Es ist zwar nur eine Teillieferung, aber immerhin etwas.
Viele andere Seniorenheime in der Stadt warten noch auf ihre Pakete oder konnten erst gar keine Schnelltests mehr bestellen. „Der Markt ist leergekauft“, sagt Jörg Mathew, Geschäftsführer des Haus Bodelschwingh in Viersen-Dülken. Er wollte 3000 Tests bestellen – jetzt kann er wohl auf eine Lieferung in etwa zwei Wochen hoffen. Wie er versucht auch Martin Stoof, Leiter des Seniorenheims Haus Greefsgarten in Viersen und Geschäftsführer der „Seniorenzentrum der Evangelischen Kirchengemeinde Viersen gGmbH“, irgendwo zugelassene Tests zu bekommen. Und Stoof sagt am Montag etwas, das viele seiner Kollegen ähnlich sehen: Dass Seniorenheime nun Corona-Schnelltests durchführen sollen, sei prinzipiell ein guter Gedanke – „allerdings fehlt uns die Vorlaufzeit, die Organisation und auch eine klare Strukturierung der Vorgaben.“
Laut Allgemeinverfügung des Landes sind Pflegeeinrichtungen seit Montag verpflichtet, PoC-Antigen-Tests, sogenannte Schnelltests, anzuwenden. Getestet werden sollen regelmäßig Mitarbeiter, Bewohner und Besucher. Mit der Maßnahme sollten die besonders sensiblen Risikogruppen älterer und vorerkrankter Menschen geschützt werden. Etwa eineinhalb Wochen hatten die Träger und Heimleitungen Zeit, sich vorzubereiten, Konzepte anzufertigen, die von Gesundheitsämtern abgesegnet werden müssen – und eben Schnelltests zu besorgen. Pro Heimbewohner sollen den Häusern jeweils bis zu 20 Tests monatlich erstattet werden, von diesem Bestand müssen aber auch Personal und Besucher getestet werden. In der Regel führt das Pflegepersonal die Tests durch, es muss aber vorher von einem Arzt geschult werden.
In den Häusern der St.-Augustinus-Gruppe werden examinierte Mitarbeitende in einem eigens dafür eingerichteten Raum die Tests durchführen. „Das ist für uns mit sehr viel Aufwand verbunden“, sagt Gisela Claßen. „Wir planen Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeitende, Besucher, aber auch Gäste wie Friseure oder Handwerker zu testen.“
Auch andere Einrichtungen in Viersen haben ihre Konzepte fertig. Der Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen habe für jedes seiner drei Häuser – zwei in Viersen, eins in Schwalmtal – eine eigene individuelle Teststrategie, berichten die beiden Vorstände Peter Babinetz und Christian Schrödter. „Allerdings stellt uns die Umsetzung angesichts der angespannten personellen Situation in den stationären Einrichtungen vor enorme Herausforderungen“,
machen auch sie deutlich. In den drei Einrichtungen müssten insgesamt rund 850 Antigen-Schnelltests pro Monat durchgeführt werden. „Wir haben daraufhin 1500 Schnelltests bestellt“, die seien aber noch nicht geliefert. „Pro Antigen-Schnelltest muss ein Zeitaufwand von rund 20 Minuten veranschlagt werden. Das bedeutet bei 850 Tests einen monatlichen Aufwand von mehr als 280 Arbeitsstunden.“Woher solle das notwendige zusätzliche Personal, das die
Tests durchführt, kommen?, fragen sie. „Derzeit suchen wir Menschen mit grundlegenden medizinischen oder pflegerischen Kenntnissen, die wir auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung anstellen wollen.“
Auch Stoof denkt darüber nach, zusätzliches Personal von außerhalb zu rekrutieren. Es gebe aber auch noch „Fragezeichen im Rahmen der Refinanzierung“, sagt er. So sei etwa noch nicht geklärt, ob vom Land dann Personalkosten übernommen würden.
Ralf Kraemer, Leiter des evangelischen Altenzentrums „Haus im Johannistal“in Viersen-Süchteln, hat qualifizierte Fachkräfte aus dem Haus als Tester vorgesehen. Das bedeute natürlich auch zusätzlichen organisatorischen Aufwand, weil zum Beispiel Dienstpläne geändert werden müssten, erklärt er. 1600 Schnelltest für einen Monat hatte er vor zwei Wochen bestellt, am Montag sollten sie geliefert werden – wurden sie aber nicht. Selbst, wenn sie jetzt zeitnah ankommen, könne man nicht sofort testen: Dann müsse ja erst noch das Personal geschult werden.
Im Notburgahaus in Viersen ist Leiter Andreas Pleißner da schon ein paar Schritte weiter. „Wir haben ein Konzept und wir haben geschultes Pflegepersonal“, sagt er. Und: „Es wurden Tests geliefert.“Allerdings nicht die insgesamt benötigten 1440 Stück pro Monat. „Ich habe ausreichend Tests, sodass ich mindestens zwei Wochen weit komme“, sagt Pleißner. Auch er betont den zusätzlichen Aufwand, den die Testungen bedeuten: „Das ist eben nicht nur Mund auf, Stäbchen rein und Feierabend.“