Schüler lernen mehr Selbstbewusstsein
Die Realschule Kaldenkirchen nimmt erstmals am bundesweiten Präventionsprogramm „Respekt Coaches“teil. Was das bringt.
KALDENKIRCHEN. Es sind oft ganz banale Dinge, die den Schulalltag erschweren. Seda Akkan und Simone Budeus, beide Lehrerinnen in Klasse 5, nennen spontan Beleidigungen, Wegnehmen von Sachen oder auch Schubsen. Generell habe sich die Lernatmosphäre an den Schulen verändert. Die Lautstärke habe zugenommen, manchmal müsse man alles zwei bis dreimal sagen, bis es bei den Schülern ankomme.
In den fünften Klassen der weiterführenden Schulen kommen neue Schüler aus verschiedenen Schulen zusammen. Die Klasse muss sich erst zusammenfinden. Je mehr Kinder aus unterschiedlichen Grundschulen stammen, desto fremder sind sich die neuen Klassen.
An dieser Stelle setzt das Projekt „Wir werden eine Klasse“an, an dem die Realschule Kaldenkirchen zum ersten Mal teilgenommen hat. Es gehört in das bundesweite Präventionsprogramm „Respekt Coaches“. Dazu haben Schulleiter Joachim Sczyrba und Schulsozialarbeiter André Moors eine Kooperationsvereinbarung mit dem Jugendmigrationsdienst Viersen der Internationaler Bund - IB West GmbH geschlossen. Finanziert wird das Projekt mit Mitteln des Bundesfamilienministeriums. Die einzelnen Bausteine des Programm setzt das Team von XPAD Erlebnispädagogik aus Viersen um.
Zu Beginn des Schuljahres haben alle drei neuen 5er-Klassen der Realschule eine Kennenlernwoche durchlaufen. Die insgesamt
rund 75 Schüler lernen Klassenregeln, Partner- und Gruppenarbeit, Streitschlichten, Umgang mit Mobbing und Ausgrenzen. Es geht auch um Schülerrechte und -pflichten sowie um die erste Klassensprecherwahl. Respekt- Coach Sven Musolf und XPAD-Mitarbeiter kamen in die Klasse, um Kooperation und Kompromissbereitschaft zu trainieren. Die Schüler sollen sich bei Mitmach-Aktivitäten selbst und untereinander kennen lernen, Vertrauen entwickeln und eigene Bedürfnisse artikulieren.
Die Lehrerinnen berichten, wie beeindruckend etwa die Antworten nach den Lieblingsmenschen waren. Vom eigenen Kumpel bis zum Opa wurde vieles genannt. Nach der Ich-Ebene ging es im zweiten Schritt um das Wir. Zusammen mit den Erlebnispädagogen von XPAD wurde in den Klassen gemeinsam eine Murmelbahn gebaut. Ziel war es, die Fähigkeit zur Kommunikation und
Interaktion zu stärken und zu verfestigen, aber auch Geduld, Ausdauer und Zielstrebigkeit zu fördern.
Höhepunkt des Projektes waren aber die Ausflüge der 5er-Klassen ins Walderlebniszentrum auf den Süchtelner Höhen. Das ganztägige Teamklettern für die Klasse Ende Oktober hat erkennbar das eigene Selbstbewusstsein und das solidarische Miteinander gefördert. Für Lehrerin Simone Budeus war es spannend mitzuerleben, wie sich die Schüler beim Teamklettern oft von einer anderen Seite gezeigt hätten. Der coole Tonangeber müsse nicht unbedingt der mutigste sein, und der eher Stille kann beim Klettern und Sicher völlig aus sich herausgehen. „Man lernt die Kinder anders kennen“, sagt auch Seda Akkan.
Ende November folgt der Baustein „Bauprojekt und Kooperation“, mit dem zu einem noch entwickelnden Identitäts- und Gemeinschaftsverständnis im Sinne einer Demokratieförderung beigetragen werden Und kurz vor den Weihnachtsferien soll in Reflektionsgesprächen das Gelernte vertieft werden, um es ins zweite Halbjahr zu transferieren.
Respekt-Coach Sven Musolf hatte 20.000 Euro bewilligt bekommen, die Summe musste er auf drei Schulen verteilen. Mit im Boot sind auch die Städtische Gemeinschaftshauptschule Viersen-Süchteln und das Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium in Viersen. Realschulleiter Joachim Sczyrba möchte das Projekt im nächsten Schuljahr wiederholen. Doch der Bundestag hat noch keine neuen Gelder freigegeben.