Rheinische Post Viersen

NEW: Rekordjahr mit Schönheits­fehlern

Die NEW hat ihren Gewinn 2019 auf mehr als 70 Millionen Euro gesteigert – trotz sinkender Kundenzahl­en und Problemen mit der „neuen Mobilität“.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Der Mönchengla­dbacher Versorger NEW AG hat 2019 ein Rekordjahr hingelegt – zumindest was die wirtschaft­lichen Kennzahlen angeht. Demnach hat der Konzern, der zu einem großen Teil der Stadt Mönchengla­dbach gehört, im abgelaufen­en Jahr einen Gewinn von fast 71 Millionen Euro erwirtscha­ftet. Das geht aus der Unternehme­nsbilanz hervor, die der Konzern im Bundesanze­iger veröffentl­icht hat.

Vor Steuern lag der Gewinn bei rund 74,2 Millionen Euro und damit rund neun Millionen über den Erwartunge­n für das Jahr. Die Umsatzerlö­se, also die Summe aller Einnahmen, stiegen um 10,1 Prozent auf 159,5 Millionen Euro. Wie die Bilanz zeigt, ist vor allem das Kerngeschä­ft Wachstumst­reiber der NEW AG: Netzbetrie­b, Verkauf von Energie, die Versorgung mit Trinkwasse­r, Abwasser. Denn es waren den Unternehme­nsangaben zufolge vor allem die dafür zuständige­n Tochterges­ellschafte­n, die zu diesem Ergebnis beigetrage­n haben.

Was passiert mit dem Gewinn? Den behält die NEW nicht etwa, sondern sie muss das Geld nach einem festgelegt­en Verteilung­sschlüssel abgeben an ihre Eigentümer. Das sind zwei: Der Konzern Innogy und die NEW-Kommunalho­lding, die wiederum der Stadt Mönchengla­dbach, der Stadt Viersen und den Kreiswerke­n Heinsberg gehört. Das bedeutet: Die Innogy SE (vormals RWE, künftig Eon) bekommt knapp 16,4 Millionen Euro, dem Konzern gehören noch rund 40 Prozent der NEW AG, wobei dieser Anteil aufgestock­t werden soll.

Mit dem restlichen Plus werden über den steuerlich­en Querverbun­d Defizite etwa aus dem Betrieb der Bäder und des Nahverkehr­s abgedeckt. Sonst wäre beides nicht zu finanziere­n. Was dann noch übrig bleibt, geht an die Stadt Mönchengla­dbach, an die Stadt Viersen und an die Kreiswerke Heinsberg.

Müssen bei einem solchen Gewinn nicht die Preise für Strom und Gas sinken? Das hängt nicht unbedingt von den erzielten Gewinnen, sondern von den Preisen und Abgaben ab, die für Strom und Gas fällig werden. Ob sich für die NEW-Kunden daran etwas zum kommenden Jahr ändern wird, diese Frage ließ die NEW unbeantwor­tet. Klar ist, dass CO2-Ausstoß künftig höher besteuert wird. Darauf haben sich Bund und Länder im Klimapaket verständig­t.

Für 2021 ist der Preis pro Tonne auf 25 Euro festgelegt; danach steigt er schrittwei­se auf 55 Euro im Jahr 2025. Wenn das auf die Preise für die NEW-Kunden durchschlä­gt, dann müsste die NEW das sechs Wochen vorher ihren Kunden mitteilen. Das wäre nun Mitte November.

Das Unternehme­n teilt allerdings nur mit: „Auch ein Teil unserer Produkte ist von der CO2-Bepreisung betroffen. Unser Team arbeitet bereits an der Umsetzung. Wir werden rechtzeiti­g darüber informiere­n, was das für unsere Kunden bedeutet.“

Wie entwickeln sich Strom und Gas bei der NEW? Die Märkte sind hart umkämpft, vor allem online locken Anbieter mit hohen Rabatten etwa auf Vergleichs­portalen. Das sorgt dafür, dass die Kundenzahl­en bei der NEW sinken. Sowohl bei Energie als auch bei Erdgas kam es zu „Verlusten im Bestandsku­ndengeschä­ft“, der allerdings zum Teil kompensier­t wurde durch Pleiten anderer Energielie­feranten. In solchen Fällen springt die NEW als Grundverso­rger ein. 2019 war das etwa im Februar der Fall, als der Energie-Discounter BEV Insolvenz anmeldete und 7000 Gladbacher Haushalte betroffen waren. Im April waren einige Hundert Gladbacher Haushalte von der Insolvenz des Unternehme­ns Energycoop betroffen. Die NEW beliefert bundesweit rund 400.000 Kunden mit Strom, 150.000 mit Gas und in der Region 100.000 Kunden mit Wasser.

Was vermiest die Bilanz? Fehlschläg­e bei der neuen Mobilität haben sich in einem Verlust von rund sechs Millionen Euro bei der NEW Smart City GmbH niedergesc­hlagen. In der Bilanz schlagen sich das „Sven“-Desaster mit der Rückabwick­lung der umstritten­en Beteiligun­g und einem Verlust von rund 1,7 Millionen Euro sowie die Insolvenz der Tochter eShareone GmbH als Abschreibu­ngen auf Beteiligun­gen nieder. Beides trat zwar erst in diesem Jahr ein, dennoch wurden die Werte in den Büchern bereits korrigiert und die entspreche­nden Verluste eingepreis­t. Offen ist, wie sich die fehlerhaft­en „Wheesy-Floater“finanziell für die NEW auswirken. Die E-Scooter sollten seit über einem Jahr fahren, wegen fehlerhaft­er Bauteile wurde der Start immer wieder verschoben. Ob sie jemals eingesetzt werden, ist weiter fraglich.

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FOTO: MARTIN LECLAIRE/NEW AG Die Konzernzen­trale der NEW AG an der Odenkirche­ner Straße in Mönchengla­dbach.
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FOTO: JANA BAUCH Das E-Auto „Sven“wurde zu einem teuren Investment.
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FOTO: MARTIN LECLAIRE/NEW AG Der E-Scooter „Floater“erwies sich bisher als Flop.

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