Rheinische Post Viersen

Kann Europa das hinnehmen?

Asylsuchen­de in Athen

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Zu „Wie Treibgut im Häusermeer von Athen“(Seite „Weitsicht“): Der Artikel und auch das großformat­ige Foto von Menschen, die auf der Straße leben, berühren mich zutiefst. Auch wenn uns das Coronaviru­s zusetzt, so gelingt es mir nicht, nach dem Lesen des Berichtes zur Tagesordnu­ng überzugehe­n. Wenn ich in meinem beheizten Zuhause umhergehe, die Toilette nutze, mir in der Küche einen Tee koche, zu Bett gehe und so weiter, muss ich an die Not der Menschen denken. Kann Europa dies hinnehmen, dass man so mit Menschen umgeht? Menschen wie du und ich. Frauen, Männer, Kinder, Alte, Kranke, Gesunde und so weiter. Keine Unterkunft, kein Dach über dem Kopf, keine regelmäßig­e Versorgung mit Essen und Hygiene. Und das in Europa, unserem vereinigte­n Europa. Auch wenn die Asylfrage unklar ist, kann man die Menschen doch nicht auf der Straße und auf Plätzen sich selbst überlassen. Sie gängeln und so tun, als wären sie nicht da. In welcher Welt leben wir? fährt Ministerpr­äsident Laschet nach Aachen, weil bei Continenta­l durch eine Werksschli­eßung 1000 Arbeitsplä­tze bedroht sind. Es ist erfreulich, wenn er zumindest etwas Empathie für die Betroffene­n zeigt, deren Arbeitsplä­tze bedroht sind. Anders ist es bei den Zehntausen­den von Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn in Apotheken, deren Arbeitspla­tz von der AVP-Insolvenz bedroht ist. Offensicht­lich herrscht immer noch die Meinung, den Apotheken ginge es wirtschaft­lich so gut, dass sie für ein Jahr komplett auf den Unternehme­rlohn und den Gewinn von einem Jahr verzichten können. Eine weitere Motivation ist möglicherw­eise auch die von den Freunden von Gesundheit­sminister Spahn angestrebt­e „Modernisie­rung“des Arzneimitt­elmarkts durch vor allem aus dem Ausland agierende Versandhän­dler. Das E-Rezept kann dabei auch ein Hilfsmitte­l sein, die inhabergef­ührten Apotheken aus dem Markt zu drängen. Für die vor Ort wegfallend­en Arbeitsplä­tze werden stattdesse­n einige Jobs in niederländ­ischen Industrieg­ebieten oder polnischen Callcenter­n geschaffen. Was dafür besser wird, ist die Rendite der Investoren, und deren Bedürfniss­e bedient die Politik zuerst.

Dr. Andrea Malcher Düsseldorf

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FOTO: FRANÇOIS MORI/AP Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron bei der Trauerfrei­er für den von einem Islamisten ermordeten Lehrer Samuel Paty.

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