Trügerische Weihnachtsferien
Der Gedanke scheint clever – vorgezogene Weihnachtsferien für Kinder, damit sie fünf Tage in häuslicher Quarantäne verbleiben und an Heiligabend, dem sechsten Tag, krisensicher zu Opa und Oma fahren können? Und ja, eine solche „Vorquarantäne“hat Vorteile. Aber wie vieles in diesen Tagen birgt sie auch versteckte Risiken, offenkundige Gefahren und logistische Probleme.
Die Idee, die den Quarantäne-Gedanken sozusagen flächen- und generationendeckend ausweitet, beruht auf der Annahme, dass die Schule und der Weg zu ihr potente Treiber des Infektionsgeschehens sind. Wenn sich ein Kind am letztmöglichen Tag, dem 18. Dezember, potenziell ansteckt, dann könnte man bis zum 24. Dezember sehen, ob es Symptome bekommt, und dann Weihnachten besser daheim bleiben. Diese Annahme beruht aber auf einem Trugschluss: Auch putzmuntere, symptomfreie Kinder können infektiös sein, das haben Studien bewiesen. Eine „Vorquarantäne“öffnet ein Dunkelfeld trügerischer Sicherheit.
Vorgezogene Ferien bereiten zudem Eltern, die noch bis kurz vor Weihnachten arbeiten müssen, Probleme mit der Betreuung. Oma und Opa kommen als Aufsichtspersonen nicht in Frage, das würde den Sinn der „Vorquarantäne“auf den Kopf stellen.
Man sieht: Wie vieles derzeit entpuppt sich eine gute Idee als zweischneidiges Schwert. Fünf Tage ohne Freunde und streng daheim: Ob das funktioniert? Wir sollten uns besser an den Gedanken gewöhnen, dass das Weihnachtsfest 2020 beim Kuschelfaktor temperierter als sonst ausfällt. Liebe funktioniert auch mit Abstand, mit Maske und mit dem Fenster im Rücken, das zum Lüften geöffnet wird. Klare Linie ist – auch für die Jüngsten – besser als ein Schlingerkurs bis kurz vor Heiligabend, bei dem die Frage im Raum hängt: Ist jemand ansteckend, ist jemand krank?
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