Diese drei wollen Präses werden
Die Evangelische Kirche im Rheinland wählt heute eine oder einen neuen Präses. Alle drei Kandidaten haben bereits ihre Pläne für ihre mögliche Amtszeit und die Kirchenarbeit öffentlich gemacht – klare Favoriten gibt es jedoch nicht.
DÜSSELDORF Die Evangelische Kirche im Rheinland sorgt für einen kirchenhistorischen Moment. Wenn an diesem Donnerstag die Mitglieder der heute beginnenden Landessynode vor ihren Computerbildschirmen sitzen und eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Präses Manfred Rekowski wählen, wird zum ersten Mal überhaupt der leitende Geistliche einer deutschen Landeskirche ausschließlich digital, im Internet, gewählt. Doch schon das ganze Wahlverfahren verlief ungewöhnlich: So schaltete die Landeskirche für die Suche eines Nachfolgers eine Stellenanzeige in der Wochenzeitung „Die Zeit“– und zwei der drei in die finale Runde gelangten Theologen haben sich auch tatsächlich davon angesprochen gefühlt, und eine Bewerbung eingesandt. Das ist bemerkenswert, denn die Rheinische Synode hatte bisher die Tradition, nur heimische Theologen zum Präses zu wählen.
Doch in der bevorstehenden Präseswahl ist die Superintendentin des Kirchenkreises „An Sieg und Rhein“, Almut van Niekerk, die einzige Kandidatin, die derzeit in der Rheinischen Kirche angestellt ist. Die mit einem Südafrikaner verheiratete Theologin kennt die praktische Arbeit der Kirche in der Region, engagiert sich aber auch für die weltweiten Beziehungen der Rheinischen Kirche – etwa die Partnerschaft mit der einst von rheinischen Missionaren gegründeten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia (ELCRN). „Mir sind solche Partnerschaften wichtig, um voneinander zu lernen“, sagt van Niekerk, die im Falle ihrer Wahl auch die erste Frau im Rheinischen Präsesamt wäre.
Zum Glauben gekommen ist sie in einer Gemeinde, in der die Jugendarbeit „höchste Priorität“hatte – für dieses Engagement der Kirche will sie sich als Präses ebenso einsetzen wie für eine gemeindenahe Diakonie: „Diakonie und Kirche gehören für mich unauflöslich zusammen.“Wichtig in der Kirche ist ihr aber auch die Effizienz: Durch sorgfältigere Vorbereitung könnten etwa Sitzungen verkürzt werden, und auch die in der Corona-Krise neu gewonnene digitale Kompetenz der Kirche will die Präseskandidatin in den nächsten Jahren nutzen.
16 Jahre im Rheinland gelebt und gearbeitet hat auch Reiner Knieling. Eigentlich ist er bayerischer Pfarrer, doch von 1995 bis 2011 war er Dozent an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal. Und bis heute ist der Leiter des Gemeindekollegs der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Neudietendorf bei Erfurt und Experte für Kirchenentwicklung außerplanmäßiger Professor an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel. Für ihn ist die Kirche ein „Kraftort“, gerade auch in der Corona-Pandemie. Würde er Präses, wolle er sich innerhalb der Kirche dafür einsetzen, „dass wir eine gute Balance zwischen der Arbeitsmenge und der zur Verfügung stehenden Kraft haben“, sagt Knieling. Nach außen ist ihm eine größere Erkennbarkeit, „ein profilierteres Erscheinungsbild der Kirche“wichtig. Die Kirche solle der Gesellschaft zeigen, „welche Kraftquellen sie zu bieten hat“.
Was Knieling aus dem Corona-Jahr mitnimmt? „Zunächst einmal ist es wichtig zu sehen, dass wir alle gelernt haben, wie abhängig und verletzlich wir sind“, sagt Knieling. „Unser Fokus als Kirche muss sein: Wir kümmern uns um Menschen und darum, was auch ihren Seelen gut tut.“
Der dritte Bewerber schließlich stammt aus Wittgenstein in Südwestfalen: Thorsten Latzel, Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main. Lange schon beschäftigt er sich mit der Frage nach der Zukunft der evangelischen Kirche: So war er von 2007 bis 2013 im Kirchenamt der EKD in Hannover für kirchliche Reformprozesse zuständig. Wichtig ist ihm, dass die Kirche stärker auf die Gruppe der 20- bis 40-jährigen Menschen zugeht. „Diese Menschen haben eine Schlüsselrolle“, sagt Latzel. „In dieser Altersgruppe gibt es die meisten Austritte – und gleichzeitig sind es diejenigen, die demnächst ihre Kinder taufen lassen.“
Dazu wünscht sich der Theologe, der in zwei kurhessischen Gemeinden bei Hanau tätig war, dass sich die Kirche für eine offene und menschenfreundliche Gesellschaft einsetzt, und etwa in der Flüchtlingspolitik klar an der Seite derer steht, die für andere eintreten. „Ich will eine partizipationsoffene Kirche, in der Laien gestärkt werden, vom eigenen Glauben zu sprechen.“Und Latzel will die Zusammenarbeit stärken, auf allen kirchlichen Ebenen: „Wir brauchen eine stärkere Mitgliederorientierung, eine Ermöglichungskultur und mehr Vernetzung zwischen Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirchen.“
Wer am Ende von den dreien das Rennen macht? Einen klaren Favoriten oder eine klare Favoritin gibt es derzeit noch nicht. Viel wird wohl auch von den Vorstellungsreden vor der Synode abhängen: Denn bedingt durch die Coronavirus-Pandemie hatten bislang die wenigsten Kirchenparlamentarier eine Chance, die Bewerber persönlich kennenzulernen oder zu befragen. Klar ist deswegen nur, dass die Rheinische Kirche am heutigen Donnerstag gegen 15 Uhr eine oder einen neuen Präses haben dürfte.