Laschet verteidigt Länder-Linie gegen Merkel
Die Bundeskanzlerin hatte einzelne Länder, darunter auch NRW, zu schärferen Maßnahmen aufgefordert. Ärzte fordern ein Ende des Disputs.
BERLIN (hom/jd/jw) Einen Tag nach dem denkwürdigen Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der ARD-Sendung „Anne Will“nimmt die Debatte zwischen Bund und Ländern um den richtigen Kurs in der Corona-Bekämpfung weiter an Fahrt auf. „Jeder will, dass die Infektionszahlen runtergehen, und jeder hat für sein Land entsprechende Maßnahmen gemacht“, sagte Laschet am Montag in Berlin nach einer Sitzung des CDU-Präsidiums. Er räumte ein, dass diese Maßnahmen „sehr unterschiedlich“seien. Ausdrücklich verteidigte der CDU-Chef auch das unter anderem in Berlin geplante Konzept, Einkaufsmöglichkeiten mit Terminvergabe und Vorlage eines negativen Corona-Tests zu schaffen. Das sei eine Möglichkeit unter vielen, mehr infizierte Menschen zu entdecken und Infektionsketten zu durchbrechen.
Dagegen hatte Merkel in der ARD-Sendung gesagt: „Ich weiß jetzt wirklich nicht, ob Testen und Bummeln,
wie es jetzt in Berlin heißt, die richtige Antwort auf das ist, was sich zurzeit abspielt.“Merkel kritisierte in dem Interview, dass manche Länder die vereinbarte Notbremse bei Sieben-Tage-Inzidenzen über 100 nicht umsetzen. Auch Laschet tue das nicht, er sei aber nicht der Einzige, so Merkel. Sie deutete in der ARD an, dass der Bund über das Infektionsschutzgesetz national einheitliche Regelungen schaffen könnte. Laschet wies die Kritik für sein Land zurück: „Nordrhein-Westfalen hat die Notbremse flächendeckend verpflichtend für alle Landkreise per Verordnung umgesetzt.“
Immer klarer zeichnet sich nun ab, dass es eine Vertrauenskrise der Regierungschefs in den Ländern untereinander und im Verhältnis zum Bund gibt. Laschet forderte am Montag, dass die für den 12. April geplante Ministerpräsidentenkonferenz in Präsenz stattfinden müsse, nicht wie bislang als Videoschalte. Während die meisten Länder bei ihrer Linie bleiben wollen, zeigten sich erste Ministerpräsidenten offen für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes und mehr Kompetenzen des Bundes. So sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in den ARD-„Tagesthemen“, er könne sich mehr Kompetenzen in Bundeshand vorstellen, die die Länder zu klaren Regeln zwängen.
Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, kritisierte, dass die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu wenig ausgewertet würden, wodurch sich keine klaren Perspektiven nach vorne zeichnen ließen. „Eine Prognose darüber abzugeben, welche Maßnahmen zielführend sind, halte ich aktuell für schwierig. Das liegt auch daran, dass die Instrumentarien, die immer wieder herangezogen werden, nicht ausreichend evaluiert wurden“, sagte Weigeldt. „Stattdessen hangelt man sich von Maßnahme zu Maßnahme, wobei weder ein klarer Plan noch eine verlässliche Perspektive zu erkennen sind.“