Drei U23-Rückkehrer werden direkt gebraucht
Famana Quizera, Florian Mayer und Jordi Bongard haben Leidenszeiten hinter sich. Nun sind die Hoffnungsträger in der Krise.
Wie knapp es aktuell mit dem Personal bei Borussias U23 in der Regionalliga ist, ließ sich am Samstag beim 0:1 gegen den SC Wiedenbrück an mehreren Faktoren festmachen. Florian Mayer absolvierte nach seinem zweiten Kreuzbandriss sein erstes Saisonspiel gleich in der Startelf, als linker Verteidiger. Zudem kam in Famana Quizera nach dreimonatiger Verletzungspause ein Spieler in die Partie, der erst zwei Wochen wieder voll im Training ist. Und auch Jordi Bongard, der in dieser Spielzeit noch gar nicht zum Einsatz kam, wurde erstmals aufs Feld geschickt.
Ein Risiko ging Trainer Heiko Vogel damit im klassischen Sinne freilich nicht ein, aber eventuell wären die ersten Einsätze doch anders dosiert worden, könnte der Coach aus dem Vollen schöpfen. „Bei Flo Mayer freut mich ungemein, was der Junge gleich für eine Leistung abgerufen hat“, erklärte Vogel, der den Verteidiger als „Top-Typen“und sehr angenehmen Spieler beschreibt. „Und der Umstand, wie und dass er sich überhaupt wieder zurück gekämpft hat, sagt über seinen Charakter ja auch schon viel aus.“In der Tat gehörte Mayer zu den positiven Erscheinungen in einer Mannschaft, die sich aktuell schwer tut, einfach wieder einmal ein Erfolgserlebnis benötigt.
Ein Spieler, der dazu fraglos seinen Beitrag leisten könnte, ist Quizera. Das portugiesische Talent hat in der Öffentlichkeit bereits eine gewisse Erwartungshaltung geweckt, die er noch nicht immer bedient hat. An guten Tagen kann er jedoch Spiele fast im Alleingang entscheiden. „Man darf bei ihm nie sein Alter vergessen“, betont Vogel in Bezug auf den 1,72 Meter großen Rechtsfuß, der erst im April 19 Jahre alt wird, also noch immer A-Jugend-Spieler ist.
„Seine Waffen sind klar die Technik und die Explosivität, und dabei läuft er auch viel. Er war auf einem guten Weg, die Verletzung kam absolut zum falschen Zeitpunkt, wenn es für so etwas überhaupt einen richtigen Zeitpunkt gibt“, sagte der Coach. Im Zusammenhang mit der Konstanz verwendet Vogel auch das Wort „Nestwärme“als Kriterium für das Abrufen starker Leistungen. Behutsam sei Quizera nun wieder aufzubauen.
Das gilt auch für Jordi Bongard. Der ehemalige U19-Kapitän der Borussen verletzte sich in der Saisonvorbereitung und kam am Samstag erstmals zum Einsatz. Allerdings wurde der Innenverteidiger aufgrund seiner 196 Zentimeter Körpergröße für die Schlussminuten in den Sturm beordert. „Ich lerne Jordi eigentlich jetzt erst so richtig kennen. Er ist für uns nicht nur aufgrund seiner Fähigkeiten, sondern auch durch seine Persönlichkeit ein wichtiger Spieler. Den hörst du auf dem Platz, und er ist auch extrem ehrgeizig“, erklärte Vogel.
Inwieweit dieses Trio auch am Donnerstag ab 17 Uhr im Gastspiel beim Bonner SC mitwirken kann, wird sich zeigen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass ihre Mitwirkung aufgrund zahlreicher zurückkehrender Spieler notwendig sein wird. Denn kurzfristig dürfte sich an Vogels Personallage nicht viel verändern. Nach sieben Spielen ohne Sieg wird das Team alles geben, um die Serie beim Tabellen-Schlusslicht zu beenden.
Dass eine 28-Punkte-Hinrunde knapp unter dem Schnitt liegen würde, hätte bei Borussia vor zehn Jahren wohl niemand für möglich gehalten. Da waren lange 42 Punkte in der gesamten Saison Bestwert. Doch seit der Relegationsrettung 2011 haben sich die Maßstäbe verschoben. 28,8 Zähler gab es seitdem durchschnittlich pro Hinrunde. Die beste erste Saisonhälfte gab es 2019 unter Trainer Marco Rose. Allerdings bestätigte Gladbach schon da ein typisches Muster, wenn auch auf höchstem Niveau: Borussia spielte eine schwächere Rückrunde. Zum achten Mal in zehn Jahren dürfte sie jetzt schlechter ausfallen als die Hinrunde.
Auf 35 Punkte folgten in Roses -Debüt-Saison 30 in der Rückrunde. In der Gesamtabrechnung ließ sich das aufgrund von Platz vier und der Qualifikation für die Champions League verschmerzen. In der zweiten Rose-Saison droht ein gravierender Absturz: Neun Rückrundenspiele brachten nur acht Punkte. Die schwächste Rückrunde seit 2011 gab es 2018 unter Dieter Hecking. Auf der Jagd nach einem versöhnlichen Ende der gemeinsamen Zeit müssen Rose und die Mannschaft in den übrigen acht Partien erst mal die 19 Zähler von damals schaffen.
Um etwas mehr als elf Prozent sinkt Gladbachs Punkteschnitt seit 2011 in der Rückrunde. Lediglich unter Lucien Favre 2015 und unter Hecking 2017 wurde die Ausbeute in der zweiten Saisonhälfte gegenüber der ersten übertroffen. Roses Team müsste schon sieben der verbleibenden acht Spiele, beginnend am Samstag gegen den SC Freiburg (20.30 Uhr/Dazn), gewinnen, um sich dort einzureihen.
Borussia ist ein Herbstteam: Mit 1,85 und 1,84 Punkten im Schnitt liegen der Oktober und der November auf Platz zwei und drei des Monats-Rankings, überraschend nur übertroffen vom Januar (1,87). Denn während die Gladbacher im August meist schwach aus den Startlöchern kommen (1,36), geht das neue Jahr häufig gut los. So war es auch diesmal, der Absturz folgte im Februar (1,28) und im März (1,35), den insgesamt schwächsten Monaten der vergangenen zehn Jahre. Von August bis Januar holte Gladbach seit 2011 durchschnittlich 1,74 Punkte pro Spiel, danach nur noch 1,43.
Erklärungen fallen schwer. Mal häuften sich in der zweiten Saisonhälfte Verletzungen (2018), mal stellten sich die Gegner besser ein (2012), mal ging nach der Mehrfachbelastung die Puste aus (2017). In der aktuellen Saison ist vor allem der starke Januar in einer ansonsten wahrlich dunklen Jahreszeit ein Rätsel. Schließlich waren die Gegner zum Teil nicht ohne und die Winterpause kaum existent. Noch hat Borussia die Chance, die Saison mit einer überdurchschnittlichen Performance im April und Mai zu einem guten Ende zu bringen.