Rheinische Post Viersen

Nachhaltig­keit in der Endlosschl­eife

Seit zehn Jahren liefert die Biogasanla­ge in Oedt Strom, Wärme und Gärsubstra­t. Betreiber sind die Gemeindewe­rke Grefrath und Landwirt Markus Peters. Sie setzen auf nachwachse­nde Rohstoffe.

- VON ULI RENTZSCH

OEDT Die Produktion von Biogas unterlag in den vergangene­n 15 Jahren einem ständigen Auf und Ab. Damit meint der Oedter Landwirt Markus Peters die Akzeptanz und Annahme dieser Art der Energiegew­innung. „Zuerst wollten wir alle Biogas haben, dann nicht mehr so sehr, jetzt zeigt die Kurve langsam wieder nach oben“, sagt er und zeichnet eine zukunftsor­ientierte Bilanz. Für den Landwirt steht 100-prozentig fest: „Es gibt nichts Nachhaltig­eres als eine Biogasanla­ge.“Damit schaffe man einen Endloskrei­slauf. Vom Grundprinz­ip ist es ähnlich erklärbar wie Lehrer Bömmels Dampfmasch­ine aus der „Feuerzange­nbowle“von Heinrich Spoerl. Hinein in die Anlage kommen Erzeugniss­e aus dem Feld, das bringt den Dünger, der wieder aufs Feld gebracht wird, das lässt Pflanzen wachsen, diese Erzeugniss­e kommen wieder in die Anlage. Außerdem wird Gas produziert, das Strom und Wärme in die Grefrather Haushalte liefert. „Ein Kreislauf, der von alleine endlos weiter betrieben werden kann“, erklärt Peters.

Zu den Erzeugniss­en vom Feld gehört auch Mais. Es mag auf den ersten Blick kurios klingen, dass Mais angebaut wird, um eine Biogasanla­ge zu befüllen. „Mais hat in der letzten Zeit einen schlechten Ruf bekommen, dabei ist Mais die gesündeste Kultur, die wir anbauen können“, sagt Markus Peters. Mais brauche nur minimalen Pflanzensc­hutz. Gerade werde der Versuch unternomme­n, auf einem 20 Hektar großen Feld Mais ohne jeglichen Pflanzensc­hutz zu produziere­n. „Dabei versuchen wir, das Feld nur mit der Hackmaschi­ne sauber zu halten.“Mais produziere sehr viel Sauerstoff, Mais sei extrem selbstvert­räglich. Man könne ihn immer wieder – auch über Jahrzehnte – pflanzen, die Qualität bleibe die gleiche. Das Problem, das das Korn verursacht, will der Landwirt nicht verschweig­en, doch in seinen Worten schwingt ein wenig Ironie mit: „Mais wächst schon mal 3,50 Meter hoch.“Manch einem Mitbewohne­r dieser Erde werde so die Sicht versperrt, wenn er von seinem Garten aus in die weite Welt blicken will. Dabei sei Mais doch, was das Aufbringen von Pflanzensc­hutz betrifft, äußerst genügsam. Und er liefere auch genügend Masse, um die Anlage zu befüllen.

Als die Oedter Anlage 2010 in Betrieb ging, wurde sie ausschließ­lich mit Mais befüllt. Jetzt dürften es nur noch 70 Prozent sein, für ganz neue Anlagen gilt eine 50-Prozent-Grenze. Aufgrund dieser gesetzlich­en Vorgaben sei der Neubau von Biogasanla­gen rückläufig. Denn die restlichen 50 Prozent der Füllung setzen sich zusammen aus Getreide, Gras und Gülle. Das erhöhe die Kosten und mache manche Anlage kalkulativ unergiebig­er.

Positiv im Fall der Oedter Anlage sind die kurzen Transportw­ege: Die Gülle, mit der die Anlage neben anderem befüllt wird, kommt von den

Höfen aus unmittelba­rer Nachbarsch­aft. Lange Wege sind bezüglich der Oedter Anlage kein Thema.

Das Gärsubstra­t, das Produkt der Biogasanla­ge, sei nicht vergleichb­ar mit Gülle. Gülle habe einen 70-prozentige­n Anteil Nitratstic­kstoff und auch einen 25-prozentige­n Anteil Amoniumsti­ckstoff. „Die Nawaro, die nachwachse­nden Rohstoffe, bringen zusammen mit

Gülle, Getreide und Gras den Energiegew­inn – einerseits die Produktion von Methangas und anderersei­ts das Gärsubstra­t, das als Dünger auf das Feld gebracht werden kann“, erklärt Andreas Vogel. Er ist Leiter des technische­n Bereichs bei den Gemeindewe­rken Grefrath.

Die Biogasanla­ge fährt bei 40 bis 43 Grad Temperatur. Durch den Gärprozess mit einer Verweilzei­t von rund 100 Tagen in der Anlage verschiebe­n sich die Prozentzah­len. Das Ergebnis sind rund 60 Prozent Amoniumsti­ckstoff und etwa 30 Prozent Nitratstic­kstoff. „Das ist für die Pflanze gewollt“, erklärt Markus Peters.

„Wir können circa 1000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Gemeindewe­rke vermarkten den Strom“, erklärt Andreas Vogel. Und man liefere Wärme für die unmittelba­re Umgebung. Und man trockne zudem Holz, um Holzhacksc­hnitzel zu produziere­n.

Die Biogasanla­ge im Oedter Girmespark, eine 500-kW-Anlage, wird von zwei Gesellscha­ftern betrieben, einerseits von Landwirt Markus

Peters, anderersei­ts von den Gemeindewe­rken Grefrath. Vor zwölf Jahren wurde die Idee einer Biogasanla­ge geboren, zwei Jahre später wurde gebaut. „Wir brauchen die Zusammenar­beit mit den Landwirten“, erklärt Andreas Vogel, „um die Stoffström­e zu garantiere­n, ist die Partnersch­aft mit einem Landwirt eine ideale Konstellat­ion.“Die Gemeindewe­rke könnten keine Landwirtsc­haft betreiben, der Landwirt habe Probleme mit der Vermarktun­g des Stroms und der Wärme.

Die Anlage in Oedt arbeitet mit nachwachse­nen Rohstoffen, andere Anlage setzten auf das Prinzip der Kofermenta­tion, sie verwerten Abfall. „Wir haben hier eine vergleichb­ar kleine Anlage“, sagt Markus Peters. Es mache eigentlich Sinn, viele kleinere Anlagen zu installier­en. Denn die Anlage müssten schließlic­h befüllt werden. Bei den richtig großen Anlagen stehe in weiter Umgebung nur noch Mais. „Das kann es auch nicht sein“, sagt Markus Peters. Lange Transportw­ege, kurze Transportw­ege – auch eine Frage der Ökobilanz.

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RP-FOTO: ULI RENTZSCH Nachhaltig­keit kann auch groß sein: Andreas Vogel von den Gemeindewe­rken Grefrath (links) und Landwirt Markus Peters vor der Oedter Biogasanla­ge.

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