Das ist keine Satire
Im Bayerischen Rundfunk (BR) tritt ein Kabarettist in Uniform mit schwarz gemaltem Gesicht auf und – Achtung, Witz! – isst schwarze Weißwurst mit buntem Senf. Es ist ein verschrobener Sketch, in dem der Kleinkünstler Helmut Schleich mit bayerischem Akzent Englisch spricht und einen zynischen Diktator mimt, der zugleich der Sohn von Franz Josef Strauß sein soll – eine Kunstfigur, die er schon länger spielt.
Man könnte das also als verunglückte Satire abhaken, weil nicht klar wird, was dieser Gag eigentlich sagen will: Strauß hatte das autoritäre Machtverständnis eines afrikanischen Despoten? Oder doch eher, dass die neue Sensibilität in Sachen Herkunft und Vielfalt Quatsch mit Senf sei? Der BR will die Szene jedenfalls nur als Strauß-Parodie gelten lassen und hat die Sendung mit Hinweis auf die Kunstfreiheit in seiner Mediathek belassen. Aller Kritik zum Trotz. Doch bei diesem Fall geht es natürlich nicht in erster Linie um die Frage, ob das gute oder schlechte Satire ist, sondern darum, welche Rolle Rassismus dabei spielt.
Blackfacing steht in der Tradition rassistischer Varietéauftritte aus dem 19. Jahrhundert, bei denen weiße Darsteller sich nicht nur das Gesicht schwarz einfärbten, sondern auch wie Diener in der Kolonialzeit weiße Handschuhe trugen, ihre Lippen schwulstig überzeichneten und den dummen Sklaven spielten. Zur Gaudi des weißen Publikums. Das war herablassendes, primitives Vergnügen und kolonialherrschaftliche Geste zugleich. Kein harmloses Verkleiden, kein naiver Schminkspaß, sondern Lustigmachen auf Kosten unterdrückter, misshandelter Menschen. Wer sich heute öffentlich das Gesicht schwarz anschmiert, muss das wissen, denn es schwingt bei Blackfacing-Auftritten mit.
Es wäre also angemessen, wenn der BR einsehen würde, dass es in diesem Fall nicht um die Freiheit der Kunst geht. Was auch immer der Kabarettist kritisieren wollte, er darf es selbstverständlich äußern. Doch die Form ist verunglückt. Und sein Sender hat mit dem Recht auf künstlerische Freiheit auch die Verantwortung, verunglückte Versuche aus dem Netz zu nehmen. Das hat nichts mit Zensur zu tun, sondern mit Respekt.
Eine andere Frage ist, ob sich aus all den empörten Debatten über Rassismus und Herkunft der vergangenen Zeit nicht längst ein Klima entwickelt hat, in dem Gefühle wichtiger werden als Argumente. Weil die einen keine Lust und auch keine Kraft mehr haben, ihre Verwundbarkeit immer und immer wieder deutlich zu machen. Und andere fürchten, aus nichtigem Anlass als Rassisten diffamiert zu werden. Denn es gibt ja auch Fälle, in denen auf den ersten Blick harmloses Vergnügen unter Rassismusverdacht gerät.
Dann kann es etwa geschehen, dass eine Mutter für den Kindergeburtstag ihrer Tochter Kirschblütenzweige auf den Tischen verteilt, das Besteck durch Stäbchen ersetzt, die Kinder sich in Kimonos hüllen und sich entsprechend schminken. Und kaum hat die Mutter die Bilder gepostet, wird sie im Netz des „Yellowfacings“bezichtigt, also der stereotypen Aneignung asiatischer Kultur, und dafür niedergemacht. Während zugleich Menschen mit japanischen Wurzeln befremdet von der Reaktion im Netz posten, sie freuten sich über die Wertschätzung ihrer Kultur und hätten kein Problem mit Mottopartys.
Von diesem Fall aus den USA berichtet die französische Publizistin Caroline Fourest in ihrem Buch „Generation beleidigt“. Darin beschreibt sie die Mechanismen,
„Die Kehrseite der Medaille ist die Inflation absurder Kampagnen“Caroline Fourest Publizistin