Adi Hütter, der optimale Borussia-Trainer
Frankfurts Trainer Adi Hütter soll neuer Gladbach-Coach werden. Es würde extrem gut passen. Er kann Erfolgsteams bauen, Mannschaften Struktur geben und Spieler entwickeln. Und er lässt einen aggressiv-attraktiven Fußball spielen. Torwart-Trainer Steffen K
Adi Hütters erstes Erlebnis im Borussia-Park war nicht schön. 1:6 verlor er 2016 mit den Young Boys aus Bern im zweiten Play-off zur Champions League gegen an dem Tag groß aufspielende Gladbacher. Künftig wird es dem Vernehmen nach Hütter sein, der die Gegner im Gladbacher Stadion das Fürchten lehren will. Denn der 51 Jahre alte Österreicher soll die Nachfolge von Marco Rose als Trainer der Borussen antreten. Offiziell ist das indes noch nicht.
Borussias Manager Max Eberl und Vize Rainer Bonhof hatten zuletzt angemerkt, dass der Klub in der Trainerfindung auf der Zielgerade sei. Es gab unter anderem Gespräche mit Xabi Alonso (zum Kennenlernen) und auch mit Amsterdams Erik ten Hag. Der hätte mit der Ajax-Philosophie, mit dem fröhlichen Offensivfußball, ebenfalls gut gepasst zu Borussia. Doch Hütter, das darf man sagen, wäre die optimale Lösung für Gladbach.
Dieser Meinung war unsere Redaktion schon Anfang 2018. Da wurde intern eine Liste der angenommenen besten Trainer für Gladbach erstellt und, glauben Sie es oder nicht, Hütter war der erste Name im Ranking. Dass Hütter auch auf Eberls Liste schon lange recht weit vorn steht, ist anzunehmen, der Manager arbeitet gern mit Wiedervorlage. Nun kommt also wohl zusammen, was zusammen passt. Eberl hat gesagt, er habe lange einen Kandidaten im Kopf, Hütter hat dem Gerücht zuletzt nicht mehr widersprochen. Als er sagte „Ich bleibe“, war die Wechselabsicht von Fredi Bobic noch nicht offiziell bekannt, damit hat sich für Hütter das Thema wohl grundlegend geändert. So ging für Gladbach die Tür doch noch auf.
Was Hütter vor allem ist: ein Struktur-Trainer. Seine Teams sind gut organisiert, zugleich aber haben Individualisten ihre Freiheiten, siehe Amin Younes. Hütter ist wie Marco
Rose ein Kind der RB-Schule. Er war in Salzburg sogar einer von Roses Lehrmeistern, Borussias Noch-Trainer berichtete jüngst von einer Hospitation bei Hütter. Von daher hat Hütter den RB-Spirit, der mit dem „Mia san Mia“des FC Bayern vergleichbar ist.
Doch er kann auch Underdogs aufpäppeln. Bern 2018 zum Meister zu machen gegen den großen FC Basel war bemerkenswert, ebenso bemerkenswert ist, dass sein Nachfolger in Wankdorf, Gerardo Seoane, auch mit den von Hütter aufgebauten Strukturen Bern zum Serien-Champion weiterentwickelt hat. Hütter arbeitet also nachhaltig.
Er ist ein Erfolgstrainer: Double-Sieger in Österreich, Schweizer Meister, die Eintracht führte er ins Halbfinale der Europa League und jetzt vermutlich in die Champions League. Die Debatten um seinen möglichen Abgang scheinen dem Team nicht zuzusetzen, im Gegenteil: Sie scheinen ein Ansporn zu sein. 2021 ist Frankfurt das beste Bundesligateam. Und macht Spaß. Hütters Leitprinzip ist die Offensive.
Seinen diesbezüglichen Ansatz beschreibt das Analyse-Portal „Create Football“als „hoch intensiv, hoch effektiv“. Die Basis ist ein ausgeprägtes Gegenpressing: Kein Team in der Liga hat mehr Tacklings und Balleroberungen, auf die ein schnelles Umschaltspiel folgt, kein Bundesligateam kontert mehr. Zugleich gibt es Phasen der Ballzirkulation und immer wieder Spielzüge von André Silva, Filip Kostic und Co. zum Zungeschnalzen, nicht nur jetzt im Topspiel gegen Wolfsburg (4:3), das von Hütters Kumpel Oliver Glasner zu einem Topteam entwickelt wurde.
In Frankfurt hat Hütter auch bewiesen, dass er mit Problemsituationen umgehen kann. Er musste den Abgang des gesamten „Büffel“-Sturms kompensieren und hat das hingekriegt, auch, weil er seine Systemidee angepasst hat. Er hat so
Borussia muss sich für die nächste Saison einen neuen Torwarttrainer suchen. Steffen Krebs wechselt zum VfB Stuttgart. Informationen unserer Redaktion bestätigen, was der „Kicker“als erstes berichtete.
Niko Kovacs Pokalsieger-Version der Eintracht noch mal entscheidend weiterentwickelt. Frankfurt ist ein aggressiv-spielerisches Team, das ist die aktuellste Fassung des Pressing-Fußballs, die neben der Eintracht nur RB Leipzig in der Bundesliga besser hingekriegt hat. Die Eintracht ist nicht mehr nur unangenehm, weil sie weh tun kann, sondern weil sie richtig guten Fußball spielt.
Hütter, der Entwickler: Er kann Erfolgsteams bauen, auch, weil er ein Spieler-Bessermacher ist und gern mit jungen Kerlen arbeitet. Denis Zakaria hat er bereit gemacht für die Bundesliga, dann hat er den Ex-Borussen Djibril Sow in Bern reingeworfen und in Frankfurt zum Schweizer Nationalspieler gemacht. Dass Hütter auch schwierigere Typen parat machen kann, belegt das Beispiel Martin Hinteregger.
Das Gesamtpaket Hütter ist sozusagen eine Zusammenfassung all der Skills, die Borussias Fußball seit Lucien Favre angesammelt hat. Dass der von Eberl angesagte „Mehrwert“, diese Skills immer noch mal nach vorn zu denken, hinzukommt, rundet die Personalie ab.
Lars Stindl stellte sich der Sache. Er schnappte sich den Ball, legte ihn auf dem Elfmeterpunkt zurecht und schoss das Spielgerät dann in die von ihm aus linke Torseite, während Alexander Schwolow, der Torwart von Hertha BSC Berlin, in die andere Ecke sprang. Stindl traf in dem Moment zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung der Borussen. Dass er antrat bei dem Elfmeter, den Marcus Thuram herausgeholt hatte wie vor zwei Wochen in Augsburg, spricht für Stindls Nervenkostüm. Denn in Augsburg schoss er ebenfalls nach links, jedoch so weit, dass der Ball am Tor vorbei ging.
In Augsburg war Stindls Fehlschuss ein Baustein der 1:3-Niederlage und ein Beleg für die Schlampigkeit der Borussen vor dem Tor. In Berlin belegte sein Treffer beim 2:2 Effektivität und Moral der Gladbacher, die in Unterzahl in dem Moment das Spiel gedreht hatten. Was Stindl angeht, nahm er in Kauf, sich selbst ein Trauma zu verschaffen. Zwei vergebene Elfmeter in Serie, die machen sicherlich was mit einem Spieler, der bis dahin ein sicherer Schütze war.
Das war Stindl unter anderem im Hinspiel bei Eintracht Frankfurt, die am Samstag (15.30 Uhr/ Sky) in den Borussia-Park kommt. 3:3 endete das wilde Treiben damals und Stindl war das Gesicht dazu: Erst schoss er einen Freistoß direkt ins Tor zum 1:0 (!), dann verwandelte er den Elfmeter in der Nachspielzeit zum 2:3 und erzwang schließlich mit seinem Kopfballtor noch den Ausgleich.
Dieser Stindl ist es, den Borussia jetzt braucht. Die Art und Weise, wie er die anderen in Frankfurt mitriss war beeindruckend, so macht das ein Kapitän. Schon in der Schlussphase der vergangenen Saison war der 32-Jährige ein wichtiger Vorarbeiter.
Mit seinem Elfmeter in Berlin, der sechste Treffer vom Punkt in dieser Bundesliga-Saison, hat er zugleich seinen persönlichen Rekord aufgestellt. Zwölf Tore in einer Saison schaffte er noch nie. Nun bleibt zu hoffen, dass die muskulären Probleme, wegen derer Stindl in Berlin vorzeitig raus musste, kein größeres Problem darstellen. Dann wird Stindl weiter Verantwortung übernehmen.